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Die Kleine Kohlfliege auf dem Blatt einer Gemüsepflanze. Quelle: Bayer Cropscience
27.09.2006
Umwelt & Verbraucher

Eine Kohlfliege geht fremd

Experten sind überzeugt, dass die häufiger gewordenen warmen Sommer den Vormarsch der Kleinen Kohlfliege auch im Raps gefördert haben

Die Rapsflächen nehmen immer mehr zu. Das hat auch einen der Stubenfliegen ähnlichen Schädling auf den Plan gerufen: Die Kleine Kohlfliege. Eigentlich ein bedeutender Schädling im Kohlanbau, der dort ab April zur Rosskastanienblüte auftritt. Inzwischen hat er sich aber als neuer Schädling im Raps etabliert. Eine Kultur, die eng verwandt mit dem Kohl ist. Im Rahmen eines deutschlandweiten Projekts konnten in relativ kurzer Zeit Bekämpfungsmöglichkeiten erarbeitet werden. An dem von der UFOP* geförderten Projekt beteiligten sich 8 Pflanzenschutzdienste der Bundesländer und die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft. Bereits zur Aussaat 2005 stand für die Behandlung der Saat eine neue Beize auf der Grundlage der Wirkstoffe Clothianidin und Beta-Cyfluthrin zur Verfügung. Darüber berichtete Dr. E. Erichsen, Pflanzenschutzamt Mecklenburg-Vorpommern, auf dem 3. Symposium Öl- und Proteinpflanzen.

*Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen, die auch das Symposium unterstützte

Fliegen können mehrere Kilometer zurücklegen

Wärme und Feuchtigkeit sind ideale Voraussetzungen für die Entwicklung der Kleinen Kohlfliege Delia radicum. Experten sind überzeugt, dass sich der Schädling weiter ausbreiten wird. Waren früher nur die Kohlanbaugebiete betroffen, ist der Schädling heute auch in den typischen Rapsanbaugebieten auf dem Vormarsch. Dabei kommt ihm seine Mobilität zu Gute: Die Fliegen können bei der Suche nach geeigneten Wirtspflanzen problemlos mehrere Kilometer zurücklegen. Wie ein klein geratenes Exemplar der Stubenfliege wirkt die 6 mm lange Kleine Kohlfliege. Sie tritt in 2–3 Generationen im April Juli und September an verschiedenen Senföl und Senfölglukoside enthaltenen Kreuzblütlern auf. Die Tiere laufen zunächst auf den Blättern umher und wandern dann stängelabwärts bis auf den Boden. Dort legt ein Weibchen bis zu 100 Eier am Stängelgrund der Pflanzen ab, an verschiedenen Kohlarten, Radieschen ebenso wie am Raps. Die Überwinterung des Schädlings erfolgt als Puppe im Boden. Während sich die Fliegen nur von Nektar ernähren, fressen ihre 9 mm langen, gelblich-weißen Larven an und in den Wurzeln. Die so genannten Maden schlüpfen 4–8 Tage nach der Eiablage. Die Pflanzen welken, fallen um oder kümmern. Geht der größte Schaden im Raps von den Herbstmaden aus, sind Gemüsekulturen Jahr für Jahr 3 Fressattacken ausgesetzt.

Wie sich Gemüsebauern schützen

Im Gemüseanbau gilt der Kleinen Kohlfliege das ganze Jahr über besonderes Augenmerk, da alle drei Larvengenerationen großen Schaden anrichten können. Bei Wurzelgemüse haben sich zum Beispiel Insektizide in Granulatform bewährt, die in den Boden eingebracht werden. Sie bekämpfen bereits vorhandene Maden und verhindern Fraßstellen, die Radieschen und Rettich unverkäuflich machen. Für einige Kohlsorten (Kopfkohl, Radieschen) gibt es bereits Saatgutbeizen, die die Jungpflanzen schützen. Gegen die Fliegen sind auch Spritzbehandlungen mit Insektiziden wirksam. Oft werden mit einer Behandlung gleichzeitig andere Schadinsekten bekämpft, zum Beispiel Blattläuse. Auf kleinen Feldern ist das Abdecken mit Kulturschutznetzen eine geeignete Maßnahme.

Diese Netze haben so feine Maschen, dass die geschlüpften Fliegen darunter gefangen bleiben. Folglich können sie sich nicht für ihren Hochzeitsflug in die Lüfte erheben und es findet keine Eiablage statt.

Bei Raps hilft Saatgutbeizung

Winterraps, gesät vor dem 20. August, wird durch die 3. Larvengeneration, die noch im September schlüpft, bedroht. Ist der Raps dann gekeimt, kann der Wurzelfraß zu großem Schaden führen. Die kleinen Pflanzen können weniger Wasser und Nährstoffe aufnehmen und entwickeln sich langsamer. Außerdem sind die Fraßstellen Eintrittspforten für pilzliche Krankheitserreger. Versuche haben gezeigt, dass bei später Saat – nach dem 20. August – der Schaden geringer ausfällt. Andererseits birgt ein später Saattermin aber auch die Gefahr, dass sich die Pflanzen vor dem Winter nicht mehr ausreichend entwickeln können. Spritzmaßnahmen gegen die Fliegen haben sich beim Winterraps nicht bewährt. Offenbar ist es schwierig, den Flugtermin der Fliegen abzupassen, der bei der 3. Generation zeitversetzt und daher über einen längeren Zeitraum erfolgt.

Bewährt hat sich dagegen das Beizen der Samen vor der Aussaat. Die Keimlinge werden dadurch wochenlang vor Fraßfeinden geschützt. Die Praxis hat gezeigt, dass die Saatgutbehandlung auch vor dem Rapserdfloh Psylliodes chrysocephala, einem weiteren wichtigen Rapsschädling, schützt.