05.11.2009

Bei Blattlausalarm auch 2010 wieder Gersten-„Zwerge“?

Totalausfälle drohen, wenn Blattläuse im Herbst und Winter ungehindert Viren übertragen

Blattläuse sind im Herbst auf den Getreideäckern nicht gern gesehen, übertragen sie doch das Gelbverzwergungsvirus. Wenn dieses Virus einmal in die Pflanzen gelangt ist, kann es nicht mehr bekämpft werden. Vorbeugende Beizmittel sind zur Zeit nicht zugelassen.

Demnächst virusresistente Pflanzen?

Eine gute Nachricht für alle betroffenen Getreideanbauer kommt aus dem Julius Kühn-Institut (JKI). Züchtungsforscher aus dem mecklenburgischen Groß Lüsewitz haben in einer Gersten-Wildart die nötigen Resistenzgene gegen das Virus entdeckt. Durch SMART breeding ist es gelungen, diese Eigenschaft in eine Kulturgerste einzukreuzen. SMART steht für „Selection with Markers and Advanced Reproductive Technologies“*. Dabei wird zunächst analysiert, ob das Erbgut die gewünschten Eigenschaften aufweist. Erst dann werden die genau passenden Pflanzen-Partner miteinander gekreuzt. Die Genstücke der Wildart haben sich stabil in der Kulturgerste etabliert, so dass die Basis für die Züchtung resistenter Sorten gegeben ist.

Risikofaktor milde Witterung

Heute sieht es so aus: An milden Herbst- und Wintertagen stillen Blattläuse und Zikaden ihren Hunger am frisch aufgelaufenen Wintergetreide, am liebsten an Gerste. Die Insekten saugen an vielen Pflanzen. Die Wahrscheinlichkeit, dass auch solche darunter sind, die bereits mit dem Gelbmosaikvirus befallen sind, ist groß. Dann nimmt das Unheil seinen Lauf: Blattläuse und Zikaden werden zu Überträgern und infizieren viele bis dahin gesunde Pflanzen.

Die Folgen können drastisch sein. Erkrankte Gerstenpflanzen wechseln bereits im Winter ihre Farbe: Statt eines frischen Grüns dominiert ein schmutziges Gelb und statt später Stängel mit Ähren zu bilden, kümmern sie dahin – sie verzwergen. Bei Winterweizen wird das Ausmaß der Infektion oft erst im März oder April sichtbar. Die Blätter verfärben sich ebenfalls gelb, zum Teil auch orange bis tiefrot. In den Ähren sitzen meist nur wenige Körner. Zuletzt waren die Schäden im Jahr 2007 in Norddeutschland beträchtlich. Betroffene Landwirte berichteten über Ertragseinbußen von zehn bis fünfzig Prozent, in schweren Fällen gab es auch Totalverluste. Vorangegangen waren warme Herbst- und Wintermonate 2006. Der sich abzeichnende Klimawandel mit höheren Durchschnittstemperaturen wird die Landwirtschaft also vor neue Herausforderungen stellen. Der Schaderregerdruck, und dazu zählen auch Blattläuse oder Zikaden als Überträger von Verzwergungsvirosen, wird insgesamt größer und unberechenbarer werden.

Nur Vorbeugen hilft

Verzwergungsvirosen der Gerste und des Weizens können nicht direkt bekämpft oder geheilt werden. Will man die verhängnisvolle Infektion verhindern, gilt es vorzubeugen indem man vor allem die Virusüberträger im Herbst und Winter unschädlich macht. Das geht besonders elegant mit einer Saatgutbeize, die ein Insektizid enthält. Der Wirkstoff verteilt sich in der jungen Getreidepflanze. Sobald ein Insekt an ihr saugt, sind seine Stunden gezählt, und die gefürchteten Viren werden kaum noch weiterverbreitet. Der Schutz durch die Beize hält mehrere Wochen, etwa bis zum Sechsblattstadium des Getreides an. Solange das bewährte Beizmittel nicht wieder zugelassen wird, müssen die Landwirte nun versuchen, den Insektenzuflug abzupassen, um sie mit einem Insektizid, das großflächig mit der Pflanzenschutzspritze ausgebracht wird, zu bekämpfen. Nicht immer gelingt es, den besten Zeitpunkt zu treffen. Je nach Zuflugsintensität muss die Behandlung häufiger wiederholt werden, denn die dafür zugelassenen Pflanzenschutzmittel sind nur ein bis zwei Wochen wirksam.

Schon vor der Aussaat des Getreides sollten Landwirte die „grünen Brücken“ beseitigen. Hühnerhirse oder Ausfallgetreide, das aus beim Dreschen verlorenen Körnern heranwächst, dienen den Blattläusen als Zwischenwirte. Auch eine um ein oder zwei Wochen spätere Aussaat senkt das Befallsrisiko.