Bedrohte Wälder: Nach dem Sturm kommt der Käfer
 
  Bedrohte Wälder: Nach dem Sturm kommt der Käfer
Windbruch und warmes Wetter bieten dem Borkenkäfer ideale Voraussetzungen.
Der Sturm „Kyrill“ hat dem Borkenkäfer im Sauerland ideale Bedingungen für eine Massenvermehrung bereitet. Auch in anderen Waldregionen ist der Schädling auf dem Vormarsch. Gezieltes Forstmanagement versucht, den Schaden zu begrenzen.“Wir werden Abermillionen von Käfern haben“ schätzt Mathias Niesar, Oberforstrat am Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen in Münster „Wenn der Sommer 2007 ähnlich heiß wird wie in den Jahren 2006 und 2003, müssen wir mit zigtausend Festmeter Käferholz rechnen“. Der Sturm, der vom 18. auf den 19. Januar in Deutschland wütete, warf Millionen gesunder Bäume um, besonders schwer war das südwestfälische Sauerland betroffen.
Ideal für Borkenkäfer
Die entwurzelten und abgeknickten Bäume bieten dem Borkenkäfer (Ips typographus) ideale Brutstätten. Die schädlichen Käfer verbringen praktisch ihren gesamten Lebenszyklus unter der Rinde von Bäumen verschiedener Arten und zerstören deren Saftstrom. Widerstandsfähige
	Bäume trotzen normalerweise den Käferattacken, weil die kleinen Insekten beim Anbohren der Rinde am austretenden Harz festkleben. Eines Massenbefalls können sich aber auch gesunde
	Bäume nicht erwehren.
Hitze hilft dem Käfer
Die Hitze des Sommers 2006 und der milde Winter haben dem Schädling geholfen und den Bäumen geschadet: Bei hohen Temperaturen können Borkenkäfer bis zu drei Generationen pro Jahr entwickeln. Im milden Winter fielen nur wenige Insekten dem Frost zum Opfer. Die Bäume litten indes insbesondere auf den sehr trockenen Standorten unter Hitze und Wassermangel. Die von den Orkanböen verursachten Schäden an den Feinwurzeln könnten die Wasserversorgung im kommenden Sommer zusätzlich erschweren.
Aufarbeitung nach Plan
Unter normalen Bedingungen werden zur Borkenkäferbekämpfung nur stehende Bäume mit Käferbefall gefällt und aus dem Wald entfernt. So wird das Ausfliegen der neuen Schädlingsgeneration verhindert. Nach Kyrill gilt es dagegen, die großen Mengen Sturmholz so schnell wie möglich aufzuarbeiten, um zu verhindern, dass sich der Käfer überhaupt einnistet. Für die Aufarbeitung empfiehlt Forstexperte Niesar:
Nadelholz vor Laubholz, weil der Borkenkäfer Nadelholz bevorzugt. Kleinflächen vor Großflächen, weil die neuen Käfergenerationen auf kleinen Wurfholzflächen schneller die umstehenden, gesunden Bäume befallen. Bruchholz vor Wurfholz, weil der Harzfluss im Bruchholz geringer ist und der Käfer deshalb besonders gut eindringen und sich vermehren kann. Südhänge vor Nordhängen und Tallagen vor Hochlagen, weil die Südhänge und Täler wärmer sind und damit die Vermehrung des Käfers begünstigen.
Maßnahmen im Wald
Ein Großteil der Windbruch-Stämme muss im Wald gelagert werden, weil die Abfuhr- und Verarbeitungskapazitäten des Holzes begrenzt sind. Eine Möglichkeit, die Stämme vor Borkenkäfern zu schützen, ist das Entrinden mit Spezialmaschinen. Auch eine Behandlung des Holzes mit Insektiziden beugt dem Befall vor. Damit die Behandlung wirkt, müssen die Bäume vollständig mit der Spritzmischung befeuchtet werden. Behandelt werden darf nur mit zugelassenen Mitteln und von sachkundigen Anwendern, das heißt von Personen mit einer abgeschlossenen Ausbildung in der Land- oder Forstwirtschaft oder Absolventen eines nach Landesrecht vorgeschriebenen Lehrgangs.
Fanghölzer und Käferfallen
Eine weitere Möglichkeit Borkenkäfer zu bekämpfen, sind Fanghölzer, die mit Insektiziden behandelt und mit Lockstoffen (Pheromonen) für die Käfer besonders attraktiv gemacht werden können. Auch reine Pheromon-Fallen wie die Theyson-Schlitzfalle kommen zum Einsatz, allerdings sind sie bei sehr großen Käferpopulationen nicht wirksam genug. Käferfallen sollten nur dann eingesetzt werden, wenn die Erfolgsaussichten den hohen Aufwand für die intensive und fachgerechte Wartung rechtfertigen.
Borkenkäferwarnung schon im letzten Herbst
Das Institut für Pflanzenschutz und Forst der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) hat bereits im vergangenen Herbst vor zunehmenden Borkenkäfer-Problemen gewarnt. Der sehr warme und trockene Sommer 2006 hat dazu geführt, dass sich der Schädling wieder stark vermehren konnte. Dabei hat er, was für eine Massenvermehrung typisch ist, auch gesunde Bäume befallen. Bundesweit gingen zum Jahresbeginn 25 bis 30 Millionen. Festmeter Sturmholz auf das Konto der Orkane „Per“ und „Kyrill“. Nordrhein-Westfalen ist mit zehn bis zwölf Millionen. Festmetern am stärksten betroffen, es folgen Bayern mit geschätzten vier Millionen. und Hessen mit drei bis vier Millionen Festmetern Sturmholz.
 
        
                 
   
   
  