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Unbehandelte Stadtbäume (im Vordergurnd links) im Vergleich zu "geimpften" Bäumen (rechts daneben). Foto: Compo Expert
18.04.2013
Schule & Wissen

Impfung macht Stadtbäume stark

Nützliche Mikroorganismen verdrängen Schaderreger und fördern Wurzelwachstum

Stadtbäume haben mehr Stress als ihre Artgenossen im Wald. Ihre Lebensbedingungen  lassen sie anfälliger gegenüber Krankheiten, Nährstoffmangel oder Trockenheit werden. Mit einem „Impfcocktail“ aus nützlichen Bakterien und Pilzen macht Dr. Fritz Lord von der Firma Compo Expert, Neuanpflanzungen widerstandsfähiger. Hier erklärt er das Prinzip:

Dr. Lord, wieso haben die Städte so viel Kummer mit ihren Bäumen?

Die Stadtbäume haben oftmals alles andere als ideale Lebensbedingungen. Autoabgase, Staub, Streusalz, Trockenheit, das wärmere Stadtklima und die hohe Flächenversiegelung stören ihre Entwicklung und verursachen Stress. Hinzu kommt, dass das Falllaub im Herbst entfernt wird und der natürliche Nährstoffkreislauf damit unterbrochen ist.

Welche Folgen hat der Stress für die Bäume?

Diese sogenannten abiotischen Stressfaktoren können die Bäume langfristig schwächen und die Anfälligkeit gegenüber Schaderregern erhöhen. Dazu zählen unter anderem im Boden vorkommende Schadpilze wie Rhizoctonia, Fusarien oder Phytophthora. Das Wurzelnetz leidet unter dem Befall, entwickelt sich nur unvollständig und ist somit weniger leistungsfähig. Dadurch kann der Baum weniger Wasser und Nährstoffe erschließen. Gestresste Bäume sterben schneller.  

Wie kann das Problem gelöst werden?

Es gilt, die Wurzelentwicklung und Widerstandskraft der Bäume zu fördern. Dafür können gerade Jungbäume direkt bei der Pflanzung mit speziellen Mikroorganismen „geimpft“ und mit einem Langzeitdünger versorgt werden. Beide Komponenten werden in den Wurzelraum eingebracht. Der Impfcocktail enthält unter anderem konkurrenzstarke nützliche Mikroorganismen wie Bacillus subtilis, Mykorrhizapilze und Algenextrakte. 

Welchen Effekt hat diese „Impfung“?

Hier muss man verschiedene Wirkungen unterscheiden. Das Prinzip der Konkurrenz spielt eine wesentliche Rolle. Es ist wie im Spiel „Reise nach Jerusalem“: Die guten Mikroorganismen besiedeln die Wurzeloberfläche und lassen den Krankheitserregern keinen Platz übrig. Dadurch sind die Schaderreger auch von der Nährstoffzufuhr aus den Wurzelausscheidungen abgeschnitten. Zudem produzieren bestimmte Mikroorganismen Hormone für gutes Wurzelwachstum sowie gegen Schadpilze wirkende Substanzen und Enzyme. Die Mykorrhizapilze leben mit den Baumwurzeln in einer symbiotischen Beziehung, die beiden nützt. Sie vergrößern die aktive Wurzeloberfläche, liefern der Pflanze Nährsalze und Wasser und erhalten dafür von dem Baum Assimilate aus der Photosynthese. Einige Mikroorganismen wie Bacillus subtilis sind zudem in der Lage, die pflanzeneigenen Abwehrmechanismen der Bäume zu aktivieren und über diese sogenannte induzierte Resistenz die Anfälligkeit für Wurzelfäuleerreger zu verringern. 

Kann Ihre Anwendung Pflanzenschutzmittel und Dünger ersetzen?

Der Haupteffekt besteht ja darin, dass die Pflanze allgemein widerstandsfähiger wird. Das heißt aber nicht, dass wir auf Pflanzenschutzmittel und Dünger verzichten können. Die eingesetzten Mikroorganismen wirken nicht gegen alle Schaderreger und außerdem überwiegend vorbeugend und nur selten heilend. Auch brauchen sie gute Lebensbedingungen im Boden, um aktiv zu werden. Dünger können sie nicht ersetzen. Sie helfen jedoch, die Nährstoffreserven im Boden besser zu erschließen. 

Ähnliche Wirkungen sind auch für Kompost und andere organische Substanzen bekannt. Wo ist der Unterschied?

Die „Impfcocktails“ können auf den Einsatzzweck und die Pflanzenart zugeschnitten werden. Die Basis dafür ist die gezielte Kombination ausgewählter leistungsstarker Mikroorganismen. In organischen Substanzen mit unterschiedlicher Zusammensetzung und Herkunft wissen wir ohne aufwändige Analysen nie genau, welche Mikroorganismen in welchen Anteilen enthalten sind. Prinzipiell enthält frischer Kompost viel mikrobielles Leben, auch Antagonisten (Anmerkung der Redaktion: Gegenspieler). Es kann aber durchaus passieren, dass überhaupt keine Wirkung einsetzt. Unsere mikrobiellen Verfahren setzen wir auch auf Funktionsflächen wie Sportrasen und Golfplätzen ein. Hier würden wir mit Komposten schnell an die Grenzen stoßen, denn die behandelten Flächen würden aufweichen und wären nicht mehr so belastbar.  

Bietet Ihre Technik auch Hobbygärtnern einen Nutzen?

Die meisten Hobbygärten sind reichlich mit organischer Substanz und damit auch mit mikrobieller Aktivität versorgt. Eine „Impfung“ kann aber besonders bei Jungpflanzen auf einem ungünstigen Standort wie auf einem sandigen Boden zur Wurzelförderung und Stressvorbeugung sinnvoll sein.

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