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Erst in der Abenddämmerung öffnen sich die Blüten der Nachtkerze und blühen dann eine Nacht lang. Foto: shutterstock
09.06.2020
Schule & Wissen

Gelb blüht die Nachtkerze im Dunkeln

Blütenmeer für nachtaktive Bestäuber

Heute schon Schinkenwurz gegessen? Das ist kein Verschreiber von Schinkenwurst, sondern unter diesem Namen oder als Schinkenkraut war früher die Wurzel der Nachtkerze bekannt und als Gemüse beliebt. Im Garten besticht die Pflanze mit intensivem Duft und dekorativen gelben Blüten. Diese sind von uns Menschen essbar, aber auch viele Bestäuber freuen sich über das Nachtmahl.

Die Gemeine oder Gewöhnliche Nachtkerze (Oenothera biennis) gehörte ursprünglich zu den Neophyten, also bei uns nicht einheimischen Pflanzen. Heute gilt sie als „eingebürgert“. Sie stammt aus Nordamerika, ist aber inzwischen auch in Europa sehr verbreitet. Der Volksmund sagt auch Abendblume, Nachtstern oder Rapontika oder Gelbe Rapunzel zu ihr. Die ersten beiden Namen deuten schon auf ihre Besonderheit hin: sie blüht nämlich nachts und bietet dabei vielen Nachtfaltern, Schwebfliegen und spät fliegenden Bienen Nahrung. Die Pflanze vermehrt sich geradezu massenhaft, fast schon wie ein Unkraut wächst sie in manchem Garten, auf Ödflächen, Schutthalden oder an Böschungen.

Biennis bedeutet zweijährig: Die gewöhnliche Nachtkerze durchläuft dabei zwei Stadien. Im ersten Jahr entsteht aus der dicken weißen Pfahlwurzel eine Blattrosette mit einer rübenförmigen Wurzel. Diese ist essbar. Im Herbst hat sie eine nennenswerte Größe erreicht, die es sich zu ernten lohnt. Im darauffolgenden Jahr verholzt die Wurzel, wenn sich oben am Spross die Blüten bilden – und vorbei ist es mit dem leckeren Wintergemüse. Doch dafür bietet die Nachtkerze jetzt anderen Lebewesen Nahrung: Im Sommer erscheinen dekorative gelbe, intensiv duftende Blüten in der Dämmerung. Quasi wie ein Wunder für eine Nacht öffnet sich die Blüte mit einem langen Griffel und sternförmigen Narben, um sich dann im Morgengrauen bei Sonnenuntergang wieder zu schließen.

Sie ernährt viele nachtaktive Insekten. Die Nachtkerzenblüten verblühen zwar recht schnell, doch es kommen immer wieder neue Blüten nach, sodass man lange Freude an ihnen hat. Diese sind ebenfalls essbar. Am Ende des zweiten Jahres, des Blühjahres, stirbt die Nachtkerze dann ab. Doch sie kommt wieder: Nachdem die Blüten verblüht sind, entwickeln sich unzählige kleine Schoten, die nach dem Aussamen wieder kleine Nachtkerzen hervorbringen. Aus deren Samen wird dann im kommerziellen Anbau das Nachtkerzenöl gewonnen.

Wertvolles Nachtkerzenöl

Nachtkerzenöl ist in der Naturheilkunde bekannt und wird auch in der Kosmetik verwendet. Es wird zum Beispiel aufgrund seines hohen Anteils der mehrfach ungesättigten Omega 6-Fettsäuren, Gamma-Linolensäure und Linolsäure bei Hautkrankheiten wie Neurodermitis oder Schuppenflechte eingesetzt. Diese beruhigen die gereizte, juckende und gerötete Haut. Weitere Anwendungsgebiete sind Wechseljahresbeschwerden und prämenstruelles Syndrom.

Salat, Gemüse und Suppe

So bekannt, wie das Öl der Nachtkerzen-Samen ist, so in Vergessenheit geraten ist dagegen die Verwendung der Wurzel als Salat oder Gemüse. So findet man beispielsweise auf der Webseite historisch-kochen.de viele Rezepte mit Nachtkerzenwurzeln vom Salat über die Suppe bis zum herzhaften angebratenen Gemüse. Die stärkehaltigen Nachtkerzenwurzeln sind sehr nahrhaft und wurden früher auch als Krankenkost verwendet. Sie werden wie Schwarzwurzeln zubereitet, nach dem Schälen folgt das Dünsten. Die Wurzeln verfärben sich beim Kochen übrigens von weiß auf zartrosa - eben genau wie der Schinken, der ihr den früheren Namen Schinkenwurz gab.

Nachtkerzenwurzeln enthalten sehr viel Vitamin C, sind also gerade in Wintertagen ein willkommener natürlicher Vitaminspender. Lecker ist beispielsweise ein Nachtkerzenwurzel-Salat, bei dem die bissfest gekochten Wurzeln in dünne Scheiben geschnitten und mit einer Salatsoße aus Apfelessig und Öl angerichtet werden. Alles verwendbar: Selbst die jungen Blätter können zu Blattsalaten verarbeitet werden oder dienen als Spinat-Ersatz als Gemüse. Die Blüten schmecken süßlich bis leicht scharf.

Ein anspruchsloser Gartengast

Auch wenn es heute nicht mehr viele Menschen gibt, die Nachkerzen im Garten als Gemüse kultivieren, so diente sie doch früher als Ergänzung zu Porree, Kohl und anderem Wintergemüse. Nachtkerzen im Garten sind anspruchslos, pflegeleicht und winterhart. Sie mögen einen tiefgründigen sandigen Boden, stellen aber sonst keine großen Ansprüche an die Nährstoff- oder Wasserversorgung.

Wenn man sie gezielt ausbringen möchte, dann empfiehlt sich die Aussaat von Mitte April bis Ende Mai. Die Samen sollten relativ flach liegen, etwa 1 bis 2 Zentimeter tief ist ideal. Der Abstand in der Reihe beträgt etwa 15 Zentimeter, der Abstand zwischen den Reihen 20 bis 25 Zentimeter. Man kann die Nachtkerzen auch vorziehen und erst im Juli umpflanzen. Das macht zwar mehr Arbeit, bringt aber kräftigere Wurzeln, wenn man beim Umpflanzen nur die Hauptwurzel stehen lässt.

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