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Die Rübensamen fallen aus den orangefarbenen Kästen auf den Boden und werden mit Rollen angedrückt. Die kleinen sichtbaren Leitbleche streichen die Saat mit einer 2 - 3 cm dicken Bodenschicht zu. Quelle: Matthias Wiedenau.
02.06.2005
Schule & Wissen

Dem Zucker auf der Spur

8 Schulklassen haben die Zuckerrüben aus nächster Nähe als Sauerstoff- und Zuckerproduzenten kennen gelernt.

„Zucker kommt aus der Tüte“. Natürlich. Aber das ist ja nur die halbe Wahrheit. Davon konnten sich 150 Schüler aus der Umgebung von Magdeburg aus eigener Anschauung überzeugen. Im Rahmen des Projekts „Grünes Klassenzimmer“ haben sie einige Stationen auf dem Weg der Zuckerrübe von der Aussaat im März bis zur Ernte und Verarbeitung im Oktober direkt miterlebt. Dabei spielte auch der Pflanzenschutz eine Rolle. Initiiert vom Bauernverband Börde (Sachsen-Anhalt), haben die Agrargenossenschaft Großalsleben, der regionale Rübenbauernverband und die Nordzucker AG das Projekt in 2004 tatkräftig unterstützt. „Es gab für uns wohl keine bessere Gelegenheit, Theorie und Praxis miteinander in Verbindung zu bringen“, resümierte Lehrer Gunther Zahn. Er hatte mit dem Leistungskurs Biologie der 12. Jahrgangsstufe des Oscherslebener Gymnasiums an dem Projekt teilgenommen.

1 Kilogramm Zucker vom einem Quadratmeter Fläche

„Dass Zucker erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts in größerem Umfang aus Zuckerrüben gewonnen wird, war für viele Schüler überraschend. Kaum jemand hatte darauf getippt, dass vorher mit Honig und importiertem Rohrzucker gesüßt wurde“, so Dr. Ines Okunowski vom Bauernverband. Für sie ist Ackerbau angewandte Biologie: „Die Sonne bringt durch Photosynthese den Zucker in die Wurzel. In guten Jahren können es 18 Prozent des Frischgewichts der Rübe und mehr sein.“ Stehen sie zudem auf tiefgründigen und nährstoffreichen Böden mit guter Wasserversorgung, wächst pro Quadratmeter 1 kg Zucker heran. Wenn der Zucker gebildet wird, atmet die Pflanze gleichzeitig Sauerstoff aus. So waren die Schüler sehr erstaunt, dass eine ca. 12 x 12 m große Rübenfläche so viel Sauerstoff abgibt, wie eine Person pro Jahr benötigt.

Gesucht: Der schnellste Unkrauthacker

Die zweite Begegnung der Schüler mit den Zuckerrüben fand auf dem Wanzlebener Rübentag statt. Dort wurde der schnellste Unkrauthacker gesucht. Denn auf 120 000 ausgesäte Rübenpflanzen pro Hektar (= 10 000 m²) können immerhin ca. 1 000 000 Unkrautpflanzen kommen. Wenn sie nicht bekämpft werden, überwuchern sie die Zuckerrüben binnen kurzem. Die Schüler stoppten jeweils die benötigte Zeit und rechneten sie auf einen Hektar hoch. Bei einem Stundenlohn von 10 Euro und einem notwendigerweise dreimaligen Hacken lägen die Kosten dieser manuellen Unkrautbekämpfung bei ca. 7 000 Euro. Das kann sich aber kein Landwirt leisten, weil die Erlöse aus dem Rübenanbau deutlich niedriger liegen. Rentabel bleibt der Anbau nur, wenn Herbizide zur chemischen Bekämpfung eingesetzt werden. Sie verursachen Kosten von ca. 200 Euro/ Hektar.

Schaderreger unter dem Mikroskop

Anschließend konnten die Schüler ein Computerprogramm mit Informationen zu den vorkommenden Unkrautarten, dem Entwicklungsstand der Rüben und der Witterung füttern. Der Rechner erstellte daraufhin die Daten für die gezielte Anwendung des Herbizids zum richtigen Zeitpunkt. Es wird dann mit hochmodernen Pflanzenschutzspritzen grammgenau auf dem Acker ausgebracht. Die Schüler haben die Geräte mit großem Interesse begutachtet. Doch Pflanzenschutz in Zuckerrüben bedeutet nicht nur Unkrautkontrolle. Ebenso müssen die Blätter gesund erhalten werden. Treten Blattfleckenkrankheiten und Mehltau in größerem Umfang auf, werden sie gezielt mit Fungiziden bekämpft. Unter einem Mikroskop konnten sich die Schüler zudem einen gefürchteten tierischen Schaderreger der Zuckerrübe genauer anschauen: Die Rübennematode. Die kleinen Fadenwürmer sind zwar nur einen Millimeter lang, setzen den Zuckerrüben aber ganz schön zu. Sie befallen die Wurzeln und lassen die Pflanzen welken und kümmern.

Wirtschaftsfaktor Zuckerrübe

Zum Abschluss des Projekts stand ein Besuch in der Klein Wanzlebener Zuckerfabrik an. Hier sind 170 Mitarbeiter während der Rübenkampagne von Oktober bis Dezember damit beschäftigt, aus den Rüben das begehrte „weiße Gold“ zu gewinnen. Zunächst konnten die Schüler beobachten, wie die Rüben gereinigt und geschnitzelt werden. Aus den Schnitzeln wird dann in (Extraktions-) Türmen mit Wasser der Zucker aus den Schnitzeln gelöst. So entsteht der Rohsaft, der ca. 13 – 15 Prozent Zucker je Liter enthält. Der Saft wird gereinigt, zentrifugiert und verdampft, so dass nur die Zuckerkristalle übrig bleiben. Am Ende erhält man eine Zuckermenge, mit der man den Zuckerbedarf von 6 Millionen Menschen decken kann der 2003 bei 37 Kilogramm pro Kopf lag.