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Zitronenmelisse ist ein altes Heilkraut. Foto: Anke Puschmann, Heilpflanzengarten Celle
11.08.2014
Haus & Garten

Zitronenmelisse – ein Klassiker unter den Heilkräutern

Entspannung mit Zitronenduft

Sie riecht nach Zitrone, verleiht Desserts Pfiff, gibt einen wohlschmeckenden Tee, findet sich in Arzneimitteln wieder und eignet sich auch fürs Entspannungsbad: die Zitronenmelisse.

Im Mittelalter schrieb eine Verordnung den Anbau der Zitronenmelisse in allen europäischen Klostergärten vor. Vielfältige Heilwirkungen werden ihr zugeschrieben: Melissezubereitungen und -bäder wirken beruhigend, entspannend und krampflösend. Schlafstörungen, Unruhe, Reizbarkeit bis hin zu nervösen Herzbeschwerden sind Anwendungsbereiche. Die Gerbstoffe der Melisse haben eine anerkannte Wirkung gegen Viren. Sie beschleunigen das Abheilen der Herpesbläschen und beugen neuen Infektionen vor. Die vielseitige Melisse kommt in Pharmaindustrie, Kosmetik und in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie zum Einsatz.

Angenehmer Geruch und wertvolle Inhaltsstoffe

Ursprünglich kommt die Zitronenmelisse aus Südeuropa. Sie wird heute aber auch in Mitteleuropa kultiviert. Als Wildpflanze kommt sie allerdings bei uns nicht vor. Sie ist eine ausdauernde, bis zu 80 Zentimeter hohe Staude. Ihr wissenschaftlicher Name ist Melissa officinalis, umgangssprachlich wird sie auch Bienenfang, Englische Brennnessel, Zitronenkraut (nicht zu verwechseln mit der Zitronenverbene) oder Citronella genannt. Sie gehört zu den Lippenblütlern. Verwendet werden je nach Anwendungsbereich die ei- bis herzförmigen grobgesägten Blätter oder das ganze Kraut. Wirksame Inhaltsstoffe der Zitronenmelisse sind ätherische Öle wie Citral, Citronellal, Citronellol, Linalool und Geraniol sowie Bitter-, Schleim- und Gerbstoffe und Saponine.

Anbau in Deutschland

Als Arznei- und Heilpflanze wird die Zitronenmelisse auch in Deutschland angebaut, vor allem in Thüringen, Franken sowie Ober- und Niederbayern. Der gewerbliche Arzneipflanzenanbau konzentriert sich auf zwei Typen: ein niederliegender, frostharter, kleinblättriger Typ, der aus der Gruppensorte Quedlinburger Niederliegende entstanden ist und ein aufrechter, wuchsfreudiger, aber frostempfindlicher Typ, der aus der Gruppensorte Erfurter Aufrechte entstanden ist.

Melisse wächst sehr gut auf frischen, nährstoff- und wasserreichen Böden mit einer guten Erwärmung. Sie fühlt sich auf lehmigen Sand- und sandigen Lehmböden mit hohem Humusgehalt wohl. Trockene Standorte mag die Melisse weniger, Staunässe verträgt sie allerdings auch nicht. Ab Mai pflanzen die Anbauer vorgezogene Jungpflanzen oder Stecklinge mit Wurzeln. Eine Herbstpflanzung ist bis Mitte September möglich. Der Reihenabstand beträgt 50 bis 60 Zentimeter. Melisse stellt hohe Nährstoffanforderungen und braucht viel Stickstoff. Bei einem Hektarertrag von 50 Dezitonnen Trockenmasse entzieht das Kraut dem Boden 150 bis 200 Kilogramm Stickstoff pro Hektar.

Auch bei Schädlingen beliebt

Melisse schließt als Kulturpflanze zwar relativ schnell die Bestände, trotzdem müssen die Landwirte mehrere Male im Jahr mit der Maschine oder von Hand hacken. Melisse steht für ein bis drei Jahre auf demselben Feld, danach ist eine mindestens vierjährige Anbaupause für alle Lippenblütler wie Salbei, Thymian oder Pfefferminze zu empfehlen, um Krankheitserregern und Schädlingen die Nahrungsgrundlage zu entziehen. Der mehrjährige Anbau verhindert Bodenabtragungen durch Erosion und Nährstoffauswaschungen. Melissenerzeuger achten bei der Fruchtfolgeplanung auf geeignete Vorfrüchte wie Leguminosen, Kartoffeln oder Getreide. Getreide eignet sich auch gut als Nachfrucht, weil dort Melisse-Durchwuchspflanzen mit Herbiziden bekämpft werden können.

Bedeutende wirtschaftliche Schäden verursachen Pilzkrankheiten wie die Blattfleckenkrankheit (Septoria melissae), der Echte Mehltau (Erysiphe galeopsidis) und der Rost (Puccinia menthae). Wenn es außerdem zu Mischinfektionen mit verschiedenen Viruserkrankungen kommt, entwickeln die Pflanzen Nekrosen und sterben ab. Oft sind große Flächen betroffen. Einige Schädlinge mögen die Melisse sehr: Zikaden und Wanzen saugen die Blätter an und rufen das Krankheitsbild der Weißfleckigkeit mit hellen Punkten und Vergilbungen hervor. Auch vielen Larven munden die Melissenblätter. Etwa denen, von Kleinschmetterlingen wie des Braunen Bären und der Ampfereule, aber auch der Larve des Grünen Schildkäfers. Um starken Befall zu vermeiden, hilft oft nur der vorzeitige Schnitt. Das bedeutet Ertrags- und Einkommenseinbußen. Vorbeugen kann eine aufgelockerte Fruchtfolge. Auch sollten junge und ältere Melissenbestände nicht nebeneinander stehen. Dank der Fortschritte in der Sortenzucht gibt es seit einigen Jahren auch einige krankheitstolerante Herkünfte.

Aufwändige Ernte und Verarbeitung

Melisse muss trocken geerntet und schonend verarbeitet werden, damit die wertvollen Inhaltsstoffe  erhalten bleiben. Auch heute noch kommen hier Sense oder Balkenmäher zum Einsatz. Auch umgebaute Mähdrescher eignen sich: Die Drescheinrichtung wird entfernt. Eigens eingebaute Bänder transportieren das empfindliche Kraut schonend ab. Vom Anbau bis zur Verarbeitung der Zitronenmelisse fällt bis heute viel Handarbeit an, bis die Melisse schließlich als Küchenkraut, Heiltee oder Entspannungsbad im Haushalt landet.

Weitere Informationen zum Melissenanbau