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Pflanzen können lernen, mit Trockenheit und Hitze umzugehen. Foto: istock
03.09.2019
Forschung & Technik

Pflanzen lernen, mit Stress umzugehen

Über das Stressgedächtnis von Pflanzen

Dauerhitze, Dauerfrost, Überschwemmung, Dürre oder Schädlinge: Welche Mechanismen haben Pflanzen, mit Stress fertig zu werden? Monika Hilker und Thomas Schmülling vom Dahlem Centre of Plant Sciences an der Freien Universität Berlin forschen hierzu und haben jüngst in einem Fachmagazin interessante Ergebnisse veröffentlicht.

Pflanzen können lernen, mit Stress umzugehen und bilden eine Art Stress-Gedächtnis aus. So können sie auf Stressphasen schneller reagieren, wenn sie sie bereits zuvor schon einmal „erlebt“ haben. Mit jeder zusätzlichen Stresserfahrung erhöht sich die Effektivität und Effizienz der Stressreaktion. Die Stresserfahrungen werden dabei nicht an einem zentralen Ort gespeichert und verarbeitet, sondern an verschiedenen Orten und auf mehreren Ebenen. Das erkennen die Forscher, weil zum Beispiel bei hitzeerprobten Pflanzen nicht nur die Chromatinstruktur verändert ist, sondern auch die Transkription und Translation von Genen dynamischer ablaufen, die vor Schäden durch Hitze schützen.

Abtransport von Cadmium oder Schutz vor Austrocknen

Bei der beliebten Forschungspflanze Arabidopsis thaliana fanden Wissenschaftler heraus, dass das Protein WRKY13 die Cadmiumtoleranz von Pflanzen steigert. Es fördert durch die Aktivierung eines Transporter-Gens die Produktion von Proteinen, die das giftige Schwermetall abtransportieren. In einer anderen Studie zeigten Forscher, dass auch nachträgliche Protein-Modifikationen (Translation) ein Mittel zur Stressbewältigung sind. Leiden Apfelbäume aufgrund eines zu hohen Salzgehalts im Boden unter Salzstress, phosphoryliert ein Protein ein bereits vorhandenes Zucker-Transporterprotein. Dies fördert die Stabilität und Aktivität des Transporterproteins und führt dazu, dass die Zellen durch eine gezielte Erhöhung des Zuckergehalts vor dem Austrocknen geschützt werden. Auch Pflanzenhormone und flüchtige Pflanzenduftstoffe sind bei der Stressverarbeitung beteiligt. Letztere dienen dazu, Pflanzen in der Umgebung zu warnen, wenn unmittelbar Gefahr durch hungrige Schädlinge droht oder Insektenweibchen gerade auf der Suche nach Ablageplätzen für ihre Eier sind. Bereits betroffene Pflanzen alarmieren so ihre unversehrten Kollegen in der Umgebung, sodass diese sich auf die drohende Gefahr vorbereiten können.

Interessante Gedächtnisleistungen

Pflanzen können aber nicht nur Merkleistungen vollbringen, sondern auch vergessen, was sie nicht mehr brauchen: Bei Autophagie-Prozessen, eine Art zelluläres Recycling, werden laufend nicht mehr benötigte Zellbestandteile abgebaut. Seltsamerweise haben es die Phagosomen in diesem Fall ganz gezielt auf bestimmte Hitzeschockproteine abgesehen, während sie andere Zellbestandteile in Ruhe lassen. So gibt es noch viel zu entdecken und erforschen: In welchem Entwicklungsstadium lernen Pflanzen mit Stress umzugehen? Welchen Einfluss haben der Tag- und Nachtrhythmus oder die Jahreszeiten? Wie gelingt es Pflanzen, in Zeiten des Klimawandels mit häufigeren und extremeren Schwankungen umzugehen? Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat zu diesem Thema einen eigenen Sonderforschungsbereich gegründet, zu dem auch die beiden Wissenschaftler Hilker und Schmülling gehören. Dieser beschäftigt sich mit den Stressreaktionen von Pflanzen, Bakterien und Pilzen.

Quelle: pflanzenforschung.de

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