20.02.2006

Grüne Gentechnik VIII – Mehr Sojabohnen für gesündere Lebensmittel

Die Sojabohne ist mit ihrem hohen Fett- und Eiweißgehalt der Grundstoff für zahlreiche Lebensmittel und als Futtermittel in der europäischen Landwirtschaft unentbehrlich.

Die EU führt jährlich etwa 40 Millionen Tonnen Sojabohnen ein, die Hälfte davon zu Sojaschrot gemahlen als eiweißreiches Futtermittel für Rinder, Schweine und Hühner. Zu den Züchtungszielen, die mit Hilfe der Gentechnik angestrebt werden, gehören u. a. die Anreicherung der Aminosäuren, um die Futtermittelqualität zu verbessern und den Anteil an einfach ungesättigter, gesundheitsfördernder Ölsäure zu erhöhen. Eine solche high oleic acid-Sojabohne wird in den USA seit mehreren Jahren angebaut. Die mit Abstand wichtigste Eigenschaft gentechnisch veränderter Sojabohnen ist bisher die Toleranz gegenüber Unkrautbekämpfungsmitteln, mit Vorteilen für die Umwelt. Insgesamt werden weltweit rund 225 Millionen Tonnen im Jahr produziert. 56 Prozent stammen von gentechnisch veränderten Pflanzen. 2005 wurden sie weltweit auf 54 Millionen Hektar angebaut (2004: 48 Mio ha).

Verwandtschaftliche Beziehungen zu unserer Buschbohne

Wie unsere Buschbohnen und Erbsen gehören die Sojabohnen zur Familie der Hülsenfrüchtler. In den Hülsen reifen 1 bis 6 olivgrüne, braune, schwarze, weißliche oder marmorierte Samen heran, entweder rund, nierenförmig oder flach. Sie enthalten ernährungsphysiologisch bedeutende Inhaltsstoffe, darunter 29 bis 50 Prozent Eiweiß, davon 39 Prozent in Form essenzieller Aminosäuren, die dem Hühnereiweiß am nächsten kommen. Auch die Zusammensetzung der 13 bis 25 Prozent an Fettsäuren , z. T. ungesättigt, ist für die menschliche Ernährung sehr günstig. Mit Hilfe von niederen Pilzen und Bakterien werden aus Sojaeiweiß durch Gärungsvorgänge verschiedene Arten von vegetabilisiertem Käse wie Miso oder Temphe hergestelllt. Ebenso Sojaquark (Tofu), Kaffeeweißer und auch Fleischersatzprodukte.

Mehr Ölsäure - weniger Cholesterin

Pflanzenöle mit hohen Anteilen an einfach ungesättigten Fettsäuren wie die Ölsäure sind gesünder als Pflanzenöle mit gesättigten Fettsäuren. Die Erhöhung des Ölsäure-Anteils in Sojabohnen ist daher ein wichtiges Ziel der Pflanzenzüchter.

Mit Hilfe der Gentechnik wurde die high oleic acid-Sojabohne gezüchtet. Bei ihr konnte der Anteil der wertvollen Ölsäure am Fettgehalt der Samen auf 83 Prozent erhöht werden. Beteiligt daran sind Enzyme, die durch die eingebaute Kopie eines Sojabohnen-Gens gesteuert werden. Die neue Sorte ist unbeschränkt in den USA, Kanada und Japan zugelassen, als Lebensmittel auch in Australien.

Mehr Eiweiß – weniger Allergene

Bei der Fütterung von Rindern, Schweinen und Geflügel müssen Eiweißkomponenten ergänzt werden, weil sich Pflanzeneiweiß in seiner Zusammensetzung von den tierischen Eiweißen unterscheidet. Mit Hilfe der Grünen Gentechnik kann erreicht werden, dass mehr essenzielle Aminosäuren in den Pflanzen gebildet und damit die Eiweißzusammensetzung verbessert wird. Zum Beispiel können bestimmte Gene von Bakterien in das Erbgut der Sojabohne eingebaut werden, die die natürliche Bildung der Aminosäuren Lysin, Methionin und Tryptophan fördern.

Bei der Züchtung allergenarmer Sojabohnen müssen die dafür verantwortlichen Gene ausgeschaltet werden. Noch konnte bei der Sojabohne auf diesem Gebiet kein Durchbruch erzielt werden, da eine Vielzahl von Genen an der Ausprägung des allergenen Potenzials beteiligt ist.

Herbizidtolerante Sojabohnen

Beim Anbau von Sojabohnen zählen Unkräuter zu den großen Problemen. Sie wachsen schneller als die Bohnenpflanzen, beschatten sie und entziehen dem Boden entsprechend viele Nährstoffe und Wasser. Damit man sie bei ihrem Auftreten bekämpfen kann, ohne den Sojapflanzen zu schaden, wurden Sorten gezüchtet, die gegenüber dem Herbizid-Wirkstoff Glyphosat tolerant sind. Dieser Wirkstoff hemmt ein bestimmtes, für den Stoffwechsel der meisten Pflanzen erforderliches Enzym. Es wird zur Herstellung bestimmter lebenswichtiger Aminosäuren benötigt. Verhindert Glyphosat ihre Bildung, stirbt die Pflanze nach 3 bis 7 Tagen ab. Damit dies nicht den Nutzpflanzen passiert, hat man ein Gen des Agrobacterium tumefaciens in ihre Erbsubstanz übertragen. Es sorgt für ein Enzym, das wie das pflanzeneigene wirkt, aber gegenüber Glyphosat unempfindlich ist.

Für die Landwirte bedeutet dies,

dass sie nicht mit mehreren Bekämpfungsmaßnahmen verschiedene Unkräuter bekämpfen müssen. Es können Pflanzenschutzmittel eingespart werden und die Spritzgeräte brauchen weniger oft auszufahren. Dadurch wird Arbeitszeit und Treibstoff gespart. Der Wirkstoff selbst ist biologisch abbaubar und für die Menschen nicht toxisch. Im Boden wird er schnell sorbiert und ist dadurch in der obersten Bodenschicht relativ immobil. Dort unterliegt Glyphosat mit einer Halbwertzeit von 8,5 Tagen dem Ab-, Ein- und Umbau und ist nach zwei Monaten nur noch in Spuren nachweisbar. Gründe, die dafür sprechen, mit toleranten Nutzpflanzen die Anwendung des Wirkstoffs zu ermöglichen. In Nord- und Südamerika werden herbizidtolerante Sojabohnensorten bereits seit Jahren z. T. in überwiegenden Anteilen angebaut.

Weitere Züchtungsziele

sind die Ertragssteigerung, Toleranz gegenüber Trockenheit oder Salz, die Resistenz gegenüber Schädlingen und Krankheiten sowie die Optimierung mit Blick auf die Nutzung als nachwachsender Rohstoff. Einen anderen Ansatz verfolgen japanische Forscher an der Universität in Kyoto: Mittels Gentechnik sollen Sojabohnen eine blutdrucksenkende Substanz bilden, die Bestandteil einer Eiweißkomponente des Eiklars ist. Diese Substanz, Ovokinin genannt, soll auch gegen Haarausfall wirken.