 
  Grüne Gentechnik V – Chancen für nachwachsende „Rohstoffe nach Maß“
Nachwachsende Rohstoffe werden in der deutschen Chemischen Industrie schon sehr lange eingesetzt: Jährlich rd. 2 Millionen Tonnen - rund 10 Prozent ihrer gesamten Rohstoffbasis
Pflanzen, die auf unseren Äckern wachsen, gewinnen als Energiequelle und Rohstoff für die Chemische Industrie zunehmend an Bedeutung. Aus Zucker, Stärke, Zellulose und Ölen werden Brennstoffe, Kunststoffe, Farben und Lacke, Dämmstoffe, Schmiermittel und vieles mehr hergestellt. Damit die Verarbeitung nachwachsender Rohstoffe kostengünstig und umweltverträglich erfolgen kann, müssen die Ausgangsstoffe so genau wie möglich den industriellen Anforderungen entsprechen. Dazu gehört auch eine homogene Qualität. Die Stoffe sollten in der Pflanze schon so heranreifen, dass die Industrie sie nicht noch mit größerem Aufwand verändern muss.Nachwachsende Rohstoffe auf dem Vormarsch
Auf mehr als 1,4 Millionen Hektar, also auf 12 Prozent der Ackerfläche, werden in Deutschland derzeit nachwachsende Rohstoffe angebaut (2000: 750 000 ha). Nicht nur die Anbauflächen nehmen Jahr für Jahr zu, sondern auch die Einsatzmöglichkeiten dieser Rohstoffe werden immer vielfältiger. Für die Herstellung der notwendigen Qualitäten müssen die Anbaumethoden perfekt sein. Und Pflanzen, die sonst nur für die Herstellung von Nahrungsmitteln dienen, müssen für andere Verwendungen züchterisch veredelt werden. Gefragt sind also „Rohstoffe nach Maß“. Die Grüne Gentechnik hilft dabei.
Plastik vom Acker
Sie sehen aus wie Kunststoff, sie lassen sich auch so gebrauchen und fühlen sich so an: Teller, Becher, Bestecke, Tüten oder Blumentöpfe aus biologisch abbaubaren Werkstoffen. In manchen Bereichen ist es von Bedeutung, dass die Produkte nach einer vorher bestimmten Zeit zerfallen. Rohstoffe für solche Werkstoffe sind vor allem Zucker, Stärke und Pflanzenöle. Auf Mais, Weizen und Kartoffeln greift die Industrie dabei ebenso zurück wie auf Zellulose oder Raps.
Maßgeschneidertes Pflanzenöl
In den USA züchtete man eine Sojabohnensorte, deren Ölsäure-Anteil von 23 auf 86 Prozent erhöht wurde. Dadurch ist das Öl zum einen nicht nur hitzebeständiger als herkömmliche Produkte und besser zum Frittieren geeignet, sondern die Ölsäure kann zum anderen auch für die industrielle Herstellung von Grundstoffen für Farben und Lacke, Weichmacher und Schmierstoffe genutzt werden.
Auch die Ölsäure der Sonnenblume eignet sich für diese technischen Zwecke. Deshalb hat man in den so genannten High-Oleic-Sonnenblumen den Anteil der Ölsäure am gesamten Ölgehalt der Kerne durch Züchtung erhöht, und zwar von 50 auf bis zu 90 Prozent. In herkömmlichen Sonnenblumensorten macht dagegen der hohe Anteil an essenzieller Linolsäure (70-80 Prozent) das Öl so wertvoll für die menschliche Ernährung. Ebenfalls gelang die Züchtung einer Mini-Ölpalme, deren Ölertrag deutlich höher als bei großen Palmen ist. So können weitere Ölpflanzen, deren industrielle Nutzung sich heute noch nicht lohnt, künftig zu wertvollen Rohstoffquellen werden.
Raps mit hohem Laurinsäure-Gehalt
Biodiesel aus Raps ist heute allseits bekannt. Rapsöl ist aber auch ein wertvolles Lebensmittel und darüber hinaus Rohstoff für die Industrie. Heute gibt es bereits eine transgene Rapssorte, deren Öl fast 40 Prozent Laurinsäure enthält. Aus dieser Ölkomponente werden Detergenzien für Haarwaschmittel hergestellt. Diese gentechnische Veränderung wurde übrigens mit einem Gen aus dem Lorbeerbaum erreicht. Der so genannte Laurat-Raps darf seit 1994 in den USA angebaut werden, im Jahr 2000 bereits auf 70 000 Hektar.
Stärke und Zucker – ein starkes Rohstoffduo
Aus Stärke und Zucker werden nicht nur Lebensmittel und Alkohol, sondern eine große Zahl industrieller Produkte wie zum Beispiel biologisch abbaubare Werkstoffe, Kosmetika und Seifen, Chemikalien, Insektizide, Kleber, Farben, Lösungsmittel und Lacke hergestellt. Die wichtigsten Stärkepflanzen in Deutschland sind Weizen, Kartoffeln, Mais und Erbsen. Unter dem Stichwort „Süße Saubermacher“ werden seit neuestem aus Zucker bestimmte Glykoside gewonnen, die ihre Wirkung ebenso in Waschmitteln wie in Kosmetika entfalten. Auch bei uns werden Kartoffelsorten, untersucht, deren Stärkebestandteile (Amylose und Amylopektin) je nach Verwendungszweck mit Hilfe der Gentechnik erhöht werden sollen. Amylosemoleküle eignen sich für die Herstellung von kompostierbaren abbaubaren Folien. Amylopektin dient wegen seiner Klebkraft als Grundlage für Stärkekleister z. B. für die Papierherstellung.
Kartoffeln mit Protein aus Blaualgen
In Deutschland wird zur Zeit an der Entwicklung einer transgenen Kartoffelsorte gearbeitet, die das Blaualgenprotein Cyanophycin enthält. Dieses Eiweiß dient als Ausgangsstoff für Polyaspartat, zu dessen vielfältigen Einsatzmöglichkeiten biologisch abbaubare Kunststoffe gehören. Mit Polyaspartat können Kunststoffe aus Acrylsäure ersetzt werden. Das Blaualgenprotein würde bei der Stärkegewinnung aus Kartoffeln anfallen und wäre damit sehr kostengünstig.
Fasern mit besonderen Eigenschaften
Insekten- und herbizidresistente Baumwollsorten werden mittlerweile in den USA und Asien großflächig angebaut. Zurzeit arbeiten Forscher an der Verbesserung der Baumwollfasern für die industrielle Verwertung. Die wichtigen Qualitätskriterien sind hierbei Faserlänge und –festigkeit. Mit Hilfe der Gentechnik wird auch versucht, Farbgene in das Baumwollerbgut einzuschleusen, so dass bereits farbige Baumwolle geerntet werden kann.
 
   
   
   
  