08.05.2006

Grüne Gentechnik IX – Erfahrungen mit farbenprächtigeren und länger haltbaren Blumen

Pflanzen mit intensiv gefärbten Blüten sind am unempfindlichsten gegenüber pilzlichen Erkrankungen – eine Möglichkeit, mit Farbgenen Resistenz zu erreichen?

Blumenzüchter bringen seit eh und je neue Sorten hervor, die zur Freude vieler Menschen immer farbenprächtiger blühen. Andere wichtige Züchtungsziele sind aber auch, weniger schnell welkende und krankheitsresistente Pflanzen. Die Gentechnik bietet dem Züchter neue Möglichkeiten, schneller und gezielter diese Ziele zu erreichen.

Die lachsrote Petunie als Vorreiter

1990 und 1991 fand am Max-Planck-Institut in Köln der erste und bislang einzige Freisetzungsversuch mit lachsroten Petunien statt. Dabei handelte es sich um eine weiße Petuniensorte, in deren Genom ein Mais-Gen eingeschleust worden war. Die normalen Blütenfarben der Petunien sind rot und blau. Sie beruhen auf den Farbstoffen Cyanidin und Delphinidin. Wenn Petunien weiß bleiben, liegt das daran, dass als Folge der Mutation eines Gens keine Farbpigmente gebildet werden. Es bleibt bei ihrer Vorstufe, dem Dihydrokaempferol. Das Mais-Gen, das in das Erbgut der weißen Petunie eingeschleust wurde, enthielt die Information für ein Enzym, das erforderlich ist, um die lachsrote Farbe Pelargonidin aus Dihydrokaempferol zu bilden. Mit klassischer Züchtungsarbeit wäre es nicht möglich gewesen, eine solche Farbe zu erreichen.

Umwelt beeinflusst Farben

Bei den Freisetzungsversuchen wurden auch Umwelteinflüsse auf die Farbgebung erkennbar. So zeigte sich, dass die Pflanzen mit dem neuen Farbgen nach intensiver Sonnenbestrahlung und hochsommerlichen Temperaturen wieder weiße, nur schwach gefärbte oder gemusterte Blüten entwickelten. Die Forscher stellten fest, dass sich bei Zellen mit weißer Färbung Methylgruppen an die aktiven Stellen des neuen Gens angelagert hatten und so das Enzym für die Farbgebung nicht mehr gebildet wurde. Interessanterweise waren Pflanzen, die aus Samen älterer Pflanzen gewonnen wurden, besonders stark vom „Abschalten“ ihres neuen Gens betroffen.

Für die Umwelt selbst stellte der Kölner Freisetzungsversuch kein Risiko dar. Samen und Keimlinge der aus Südamerika stammenden, wärmeliebenden Petunie sind frostempfindlich. Auch ein Auskreuzen innerhalb der Art und mit anderen Nachtschattengewächsen ist hier zu Lande unwahrscheinlich.

Farben und Krankheitsresistenz

Die Forscher beobachteten auch, dass die lachsfarbenen Petunien gegen verschiedene pilzliche Erkrankungen weniger anfällig waren als die weiß blühenden Mutanten. Am unempfindlichsten erwiesen sich allerdings die intensiv gefärbten Pflanzen. Dieses Ergebnis stützte frühere Beobachtungen, dass Farbstoffe (Anthocyane) bzw. deren Zwischenprodukte vor Krankheiten und Schädlingen schützen können. Möglicherweise eröffnet die Gentechnik mit der Übertragung von Farbgenen daher auch der Resistenzforschung neue Tore.

Der Resistenz auf der Spur

„Wenn man weiß, welche Gene die Widerstandskraft einer Pflanze ausmachen, kann man eine resistente Sorte sehr gezielt züchten“ erklärt Professor Thomas Debener vom Institut für Pflanzengenetik der Universität in Hannover die Vorteile der heutigen molekularen Diagnosemethoden. Auf der Suche nach diesen Genen untersuchte der Forscher Rosen aus ganz Europa auf ihre Anfälligkeit für den Sternrußtau, den echten und den falschen Mehltau. Seiner Ansicht nach eröffnet die Grüne Gentechnik hier die Möglichkeit, ganz gezielt Gene auf bestimmte Rosensorten zu übertragen, um sie gegen Krankheiten widerstandsfähiger zu machen. Rosenzüchter sollten dennoch nicht zu hohe Erwartungen in die Resistenzzüchtung setzen. Zum einen wären immer mehrere Gene an der Ausprägung von einem Merkmal wie der Krankheitsresistenz beteiligt. Eine hundertprozentige Resistenz wäre damit fast ausgeschlossen. Zum anderen entwickeln sich auch die Schaderreger weiter und passen sich den neuen Sorten an.

Erfolge bei Haltbarkeit

Bei der Haltbarkeit verschiedener Blumen wurden bereits im Labor erste Erfolge mit Hilfe der Gentechnik erzielt. Ein möglicher Ansatz ist es, das für die Bildung von Ethylen zuständige Gen zu blockieren, da diese Substanz das Verblühen auslöst. Dies gelang zum Beispiel bei Nelken, indem man ein Gen des Wildkrauts Ackerschmalwand Arabidopsis in das Nelkenerbgut einschleuste. Auf dem Markt befinden sich die Dauerblüher allerdings noch nicht.

Die blaue Rose – immer noch ein Traum

Die Blumenzüchtung mittels Gentechnik steckt auch bei der Entwicklung neuer Blütenfarben noch in den Kinderschuhen. In Deutschland ist z. Z. nur eine Nelkensorte auf dem Markt, die ihre blaue Farbe zwei Petuniengenen verdankt. Sie entstand bei Züchtungsversuchen, deren eigentliches Ziel eine blaue Rosensorte ist. Forscher der australischen Firma Florigene verfolgen noch immer diesen Traum. Ein kräftiger Blauton als Blütenfarbe, das so genannte Delphinidin, ist ihnen trotz aller Bemühungen noch nicht geglückt – lediglich ein verwaschenes, helles „bleu“.