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Welche Auswirkungen hat Bt-Mais auf Honigbienen? Foto: Stephan Härtel
13.09.2012
Forschung & Technik

Gentechnik: Lassen sich Risikobewertungen für Europa standardisieren?

Würzburger Wissenschaftler beschäftigen sich im Verbundprojekt AMIGA mit der Honigbiene

Dr. Stephan Härtel bleibt der Honigbiene treu. Seit der Diplomarbeit vor zwölf Jahren beschäftigt sich der Biologe von der Universität Würzburg mit den Insekten, und das wird auch noch ein paar Jahre so bleiben. Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Steffan-Dewenter und Dr. Härtel gehört zu einem Konsortium von Forschungseinrichtungen aus ganz Europa, die sich im Rahmen des Verbundprojektes AMIGA mit der Bewertung und Überwachung der Auswirkungen gentechnisch veränderter Pflanzen (gv-Pflanzen) auf Agro-Ökosysteme auseinandersetzen. Die Abkürzung AMIGA steht für Assessing and Monitoring the Impacts of Genetically Modified Plants in Agro-ecosystems. Im Vordergrund des Projekts, das bis 2015 läuft, steht die Frage, ob es angesichts der vielfältigen Agrarökosysteme möglich ist, Umweltrisikobewertungen für gv-Pflanzen europaweit zu standardisieren.

Die Würzburger Arbeitsgruppe beschäftigen sich bereits seit einigen Jahren mit den Auswirkungen von gentechnisch verändertem Mais (Bt-Mais) auf Honigbienen. Trotz vielfältiger Experimente ließen sich bislang keine Bt-spezifischen Besonderheiten nachweisen. Nun gehen die Wissenschaftler einen Schritt weiter. „Wir beschäftigen uns in verschiedenen Ansätzen mit multiplen Stressoren“, erklärt Härtel. So wollen sie beispielsweise untersuchen, wie die Bienen auf Bt-Proteine in Kombination mit Krankheiten und Pflanzenschutzmitteln reagieren. „Wir gehen das ganz neutral an. Vielleicht entstehen durch das Zusammenspiel mehrerer Stressoren doch Bt-Effekte auf Honigbienen, die bislang übersehen wurden“. 

Außerdem untersuchen die Wissenschaftler in einem weiteren Schwerpunkt, wie die Bienen mit einem Pollenmix verschiedener gv-Pflanzen klarkommen. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass Bt-Mais und gentechnisch veränderter Raps später einmal im Freiland nebeneinander stehen. In Indien werden beispielsweise schon mehrere gentechnisch veränderte Baumwollsorten nebeneinander angebaut“, berichtet Härtel. Obwohl Raps und Mais nicht zur gleichen Zeit blühen und die gleichzeitige Aufnahme von Raps- und Maispollen somit eher unwahrscheinlich erscheint, sei es durchaus denkbar, dass die Bienen unterschiedliche Pollen sammeln, da Maissorten unterschiedliche Bt-Proteine produzieren können, berichtet Härtel. 

Die Würzburger Wissenschaftler nutzen dazu die von ihnen entwickelte In-vitro-Larven-Zuchtmethode. Dabei werden frisch geschlüpfte Larven aus dem Bienenstock in einen Klimaschrank überführt und mit Pollen gefüttert. „Wir werden ihnen gleichzeitig verschiedene transgene Pollen geben und überprüfen, welche Auswirkungen das hat“, erläutert Härtel. Auf der Landschaftsebene wird außerdem detailliert das Sammelverhalten für Raps- und Maispollen untersucht. Die Forscher möchten die Sammeldistanzen und den Polleneintrag für Kulturen ermitteln, die von der Honigbiene intensiv als Nahrungsquelle genutzt werden.  

Die Untersuchungen finden im Labor und im Freiland in der Umgebung von Würzburg statt. Andere Arbeitsgruppen kümmern sich um ähnliche Fragestellungen und das Monitoring von Wildbienen in ausgewählten Regionen Süd- oder Nordeuropas. Im Konsortium der 22 Partner aus 15 EU-Ländern und Argentinien widmen sich die Experten auch Bodenorganismen und anderen Insekten. So analysiert die zweite deutsche Arbeitsgruppe um Professor Christoph Tebbe vom Johann-Heinrich von Thünen-Institut (vTI) in Braunschweig die Auswirkungen von gv-Pflanzen wie Mais oder Kartoffeln auf den Boden und die darin lebenden Mikroorganismen. 

Das Verbundvorhaben AMIGA ist in mehreren „Arbeitspaketen“ organisiert. Die Würzburger koordinieren die Arbeitsgruppen, die sich mit Bestäubern befassen. „In regelmäßigen Treffen tauschen wir uns mit unseren Kooperationspartner aus“, so Härtel.

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