16.01.2007

Die „elektronische Gesundheitskarte“ für den „gläsernen“ Acker

Schlagkarteien bringen Übersicht und Transparenz zum Vorteil für Verbraucher, Umwelt und Landwirt

Technisch wäre er möglich, der gläserne Patient mit der elektronischen Karte, doch er ist umstritten. Der Landwirt findet seine „Gesundheitskarte für den Acker“ äußerst hilfreich. Totale Transparenz und optimale Übersicht über alle Maßnahmen, das macht die elektronische Schlagkartei möglich. Das vielseitige Arbeitsinstrument ermöglicht die lückenlose Dokumentation aller Arbeitsschritte im gesamten Produktionsprozess, den gezielten Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemittel und sogar die Berechnung der Wirtschaftlichkeit.

Gläserner Acker

Was im deutschen Gesundheitssystem seit Jahren diskutiert wird, ist in der Landwirtschaft längst Realität. Landwirte legen für ihre Weizen-, Mais- oder Gemüseäcker so genannte Schlagkarteien an. Mit deren Hilfe können sie alle Maßnahmen, Untersuchungen und Ergebnisse dokumentieren und auswerten. Die Landwirte haben keinerlei Angst vor dem „gläsernen Acker“. Schließlich können sie damit ihre fachlich einwandfreie Wirtschaftsweise gegenüber Handel, Verarbeitern und Verbrauchern darstellen und dem Gesetzgeber die seit Januar 2005 obligatorische lückenlose Dokumentation des Produktionsprozesses liefern. Auch die wichtige Frage „Was habe ich mit dem Anbau verdient?“, kann mit Hilfe der ermittelten Zahlen exakt beantwortet werden.

Dokumentationshilfe und Managementinstrument

Das Prinzip hinter der Schlagkartei ist vergleichbar mit dem der elektronischen Gesundheitskarte für Krankenversicherte. Der Landwirt („Arzt“) notiert darin alle Maßnahmen, die er auf jedem einzelnen Acker („Patient“) durchführt. Das reicht z.B. von der Bodenbearbeitung, über die Menge und genaue Verteilung der Dünger, Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nach vorheriger Kontrolle („Diagnose“ und „Therapie“) bis hin zu Ernteergebnissen. Kombiniert mit Nährstoffanalysen des Bodens oder Qualitätsanalysen der Ernteprodukte lassen sich aus den dokumentierten Daten eine Vielzahl von Erkenntnissen und Rückschlüssen ableiten. Alle Maßnahmen kommen auf den Prüfstand: So viel wie nötig, so wenig wie möglich – so lautet die Devise für den gezielten Betriebsmittelseinsatz. Die Schlagkartei ist also ein unverzichtbares Managementinstrument für clevere Landwirte. Im Laufe der Jahre entsteht so für jeden Acker ein regelrechter „Lebenslauf“. Wechselt der Bewirtschafter, ist er von Anfang an bestens informiert.

Vom Notizblock zur Hightech-Anwendung

Während sich die Landwirte bis vor 20 Jahren noch mit Notizblock, Stift und Taschenrechner begnügen mussten, können sie heute die ganze Palette der technischen Möglichkeiten nutzen. Im einfachsten Fall sind dies Datenblätter auf Excel- oder Access-Basis. Diese können bereits die wichtigsten Anforderungen abdecken. Damit kann unter anderem die Wirtschaftlichkeit für den Anbau der verschiedenen Kulturen berechnet werden. Aber auch Nährstoffbilanzen, wie sie im Rahmen der Düngeverordnung gefordert werden, sind häufig im Funktionsumfang einfacher Softwarelösungen enthalten. Die Bilanz zeigt dem Landwirt, ob seinen Flächen mehr Nährstoffe über Mineraldünger, Wirtschaftsdünger oder zum Beispiel über organische Stoffe und Leguminosen zugeführt wurden als über Ernteprodukte wieder "exportiert" wurden. Hohe Überschüsse, das heißt ungenutzte Nährstoffe können die Umwelt belasten und sind unwirtschaftlich.

High-End-Schlagkarteien bieten eine Vielzahl von zusätzlichen Extras. Sie können mit Modulen zur Lagerhaltung von Betriebsmitteln, zur Flächenverwaltung oder zur teilflächenspezifischen Bewirtschaftung vernetzt sein. Anwender können Arbeitsaufträge für Pflanzenschutzmaßnahmen bequem am PC vorbereiten und per Chipkarte auf den Bordcomputer der entsprechenden Maschine übertragen. Der Mitarbeiter muss nur noch den Schlag auswählen und losfahren. Bei der Ertragskartierung im Getreideanbau funktioniert der Datenfluss auch in umgekehrter Richtung. Dabei werden die Ernteergebnisse, die auf dem Mähdrescher mit GPS-Unterstützung (bekannt aus Navigationssystemen) ermittelt werden, in die Schlagkartei eingespeist. Der Landwirt bekommt dann eine Karte seines Ackers angezeigt, aus der hervorgeht, wo er wie viel geerntet hat.

Anwenderfreundlichkeit im Trend 

Grafische Darstellungen liegen überhaupt im Trend. Sie ermöglichen häufig einen besseren und schnelleren Überblick als ellenlange Tabellen. So zielen neue Entwicklungen auf eine Darstellung der auf dem Feld ermittelten Daten mit Google Earth ab. Der Landwirt braucht somit kein teures Kartenmaterial zu kaufen. Besonders interessant sind diese Varianten für Großbetriebe mit mehreren Mitarbeitern oder für Lohnunternehmer. Die Betriebsleiter können sich damit jederzeit einen persönlichen Eindruck vom Fortgang der Feldarbeiten verschaffen. Andere Innovationen zielen darauf ab, die Datenerfassung zu vereinfachen. So gibt es bereits mobile Erfassungsgeräte, die in die jeweiligen Maschinenhalterungen eingesteckt werden und alle Arbeitsschritte automatisch aufzeichnen. Wenn mit einem solchen System zusätzlich eigene Feldbeobachtungen in die Schlagkartei einfließen sollen, bieten sich besonders Palms oder Pocket-PCs an. Damit kann der Landwirt die tagsüber erfassten Daten abends auf Knopfdruck in seine PC-Schlagkartei einlesen.