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Resistenter Ackerfuchsschwanz wird zu einem immer größeren Problem im Getreideanbau. Foto: Bayer CropScience
07.02.2013
Umwelt & Verbraucher

Keine Gnade für den Ackerfuchsschwanz

Landwirt Momme Volquardsen beugt Resistenzen vor und wünscht sich neue Pflanzenschutzmittel

Der Ackerfuchsschwanz wird immer mehr zum Problem für den Winterweizen. Stellenweise tritt er so massiv auf, dass er den Anbau unserer wichtigsten Nahrungspflanze stark behindert und im Extremfall sogar unmöglich macht. In Deutschland sind besonders norddeutsche Betriebe auf Marschböden mit hohen Getreideanteilen in der Fruchtfolge betroffen. Landwirt Momme Volquardsen aus der Nähe von Husum (Schleswig-Holstein) kennt das Problem. Er bewirtschaftet dort einen Betrieb gemeinsam mit seinen Eltern. Wie er den Ackerfuchsschwanz langfristig im Griff behalten will, verrät er im Interview.

Herr Volquardsen, welche Rolle spielt der Ackerfuchsschwanz auf Ihren Betriebsflächen?

Stellenweise tritt er bereits sehr massiv auf, aber wir haben ihn noch im Griff. Das ist auch dringend erforderlich, denn in unserer Fruchtfolge ist viel Weizen und wir sind auf die Verkaufserlöse angewiesen. Einige Nachbarbetriebe sind stärker betroffen, sodass die Weizenerträge deutlich unter der Ackerfuchsschwanzkonkurrenz leiden. Von Landwirten aus der Cuxhavener Region habe ich erfahren, dass sie auf Flächen mit extremem Besatz bereits den Weizenanbau aufgeben mussten. 

Wie ist es dazu gekommen?

Der Ackerfuchsschwanz bildet immer wieder resistente Formen, bei denen Pflanzenschutzmittel kaum noch oder gar nicht mehr wirken. Das Gras kann sich dann fast ungestört entwickeln und vermehren. Auf unserem Betrieb stehen uns für die Bekämpfung im Herbst noch einige wenige wirksame Mittel zur Verfügung. Im Frühjahr konzentriert sich aber alles auf einen Wirkstoff. Das ist nicht gut. Wenn die Pflanzen gegenüber diesem Wirkstoff unempfindlich werden, stehen wir mit leeren Händen da. Denn neue Wirkstoffe sind nach Aussagen der Pflanzenschutzindustrie vorerst nicht zu erwarten. 

Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die verbliebenen Mittel zu „erhalten“? 

Zwei vorbeugende Maßnahmen sind aus meiner Sicht entscheidend. Erstens pflügen wir vor der Weizenaussaat, auch wenn die pfluglose Bodenbearbeitung vielfach als besonders umweltschonend propagiert wird. Der Ackerfuchsschwanzsamen wird vergraben und kann nicht keimen. Wenn er ein Jahr später wieder hochgepflügt wird, ist seine Keimfähigkeit bereits deutlich abgesunken. Zweitens säen wir den Winterweizen nicht mehr Anfang, sondern ab Mitte September. Dann bleibt dem Fuchsschwanz nicht mehr so viel Entwicklungszeit vor dem Winter, und er bleibt klein. So ist er leichter zu bekämpfen. Allerdings stoßen wir auch hier an Grenzen. Im Herbst 2012 hat es ab Ende September viel geregnet. Wir konnten einen Teil der Felder nicht mehr vor dem Winter bestellen und müssen im kommenden Frühjahr den ertragsschwächeren Sommerweizen einsäen. Diese vorbeugenden Maßnahmen kosten uns unter Umständen viele tausend Euro, aber langfristig haben wir keine andere Wahl.  

Bietet die Fruchtfolge auch Möglichkeiten, Resistenzen vorzubeugen?

Ja. Optimal wäre eine möglichst vielseitige Fruchtfolge. Neben Weizen und Gerste sollten auch Raps und – wo es der Standort zulässt – beispielsweise Mais, Zuckerrüben oder Kartoffeln angebaut werden. Eine vielgestaltige Fruchtfolge ist in mehrfacher Hinsicht vorteilhaft: Sie lässt den Ungrasbesatz sinken, und sie bremst die Resistenzbildung, denn der Landwirt setzt in den verschiedenen Kulturen unterschiedliche Pflanzenschutzmittel ein. Die Anwendung verschiedener Wirkstoffgruppen wirkt der Resistenzbildung von Ungräsern entgegen. Voraussetzung ist allerdings, dass in diesen Kulturen auch sehr konsequent behandelt wird. 

Was verstehen Sie unter einer konsequenten Behandlung?

Wenn wir Pflanzenschutzmittel einsetzen, dürfen wir keine Fehler machen. Der 100-prozentige Bekämpfungserfolg ist das Ziel. Je weniger Ackerfuchsschwanzpflanzen überleben, desto geringer ist die Gefahr, dass sich Resistenzen ausbreiten. Die Mittel werden bei uns so eingesetzt, dass sie optimal wirken. Beim ersten Bekämpfungstermin im Herbst muss der Boden feucht genug sein, weil die Wirkstoffe dieser Mittel über die Wurzel aufgenommen werden. Wenn Ackerfuchsschwanz trotzdem überlebt und im Frühjahr wieder wächst, setzen wir ein zweites Mittel ein. Gerne in Kombination mit einer Ammoniumnitrat-Harnstoff-Lösung, einem flüssigen Stickstoffdünger. Das kann zwar das Weizenwachstum vorübergehend bremsen, wirkt aber stärker auf den Ackerfuchsschwanz. 

Wer kann sonst noch helfen, die Herausforderung Ackerfuchsschwanz zu bestehen?

Hier können Landwirte, Beratung, Forschung, Politik und Behörden etwas beitragen. Jeder einzelne Landwirt muss vorbeugen, damit das Problem nicht noch größer wird. Resistente Ackerfuchsschwanzsamen können sich nämlich auch über von Feld zu Feld fahrende Mähdrescher oder Strohpressen ausbreiten. Das sollte man vermeiden, indem man bei jedem Standortwechsel die Maschinen reinigt. Dann brauchen wir eine gute Beratung. Direkt hier in der Nähe gibt es ein Versuchsfeld der Landwirtschaftskammer, wo wir immer interessante Anregungen erhalten. Von den Forschern erhoffen wir uns bald neue leistungsstarke Wirkstoffe, um die derzeit noch verfügbaren zu entlasten. Schließlich sind Politik und Behörden gefordert: Die Zulassungsverfahren für neue Wirkstoffe sind so aufwändig und teuer, dass nur noch wenige neue Produkte entwickelt werden. Wir brauchen aber eine ausreichend große Auswahl an Mitteln mit verschiedenen Wirkstoffen, um die Resistenz-Entwicklungen im Griff zu behalten.

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