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60 Rebstöcke wurden versuchsweise angepflanzt. Foto: Wiltrud Wolters
05.02.2013
Forschung & Technik

Versuchsanbau: Wein auf dem Kalimandscharo

Wissenschaftler untersuchen Möglichkeiten der Haldenbegrünung

Niedersachsen gehört gewiss nicht zu den klassischen Weinanbauregionen. Doch am Kalimandscharo, wie die gewaltige Rückstandshalde der K+S KALI GmbH in Wunstorf bei Hannover genannt wird, wachsen Trauben. Es geht jedoch nicht darum, ein neues Weinanbaugebiet zu erschließen oder eine neue Rebsorte zu entdecken. Die Wissenschaftler suchen vielmehr nach geeigneten Pflanzen für die Haldenbegrünung.

Die riesige Halde in Bokeloh ist beeindruckend. Rund 100 Meter ragt der weiß-graue Berg in die Höhe. Es sind Steinsalze, circa 40 Millionen Tonnen, die da auf einer Fläche von rund 40 Hektar liegen. Restprodukte, die bei der Düngerproduktion übrig bleiben. K+S baut etliche hundert Meter unter der Erde Salze ab, die vor vielen Millionen Jahren durch die Verdunstung von Meerwasser entstanden sind. Diese kalium- und magnesiumhaltigen Rohsalze werden zu Mineraldüngern und Industrieprodukten verarbeitet. Das Rohsalz enthält aber auch Steinsalz, das nicht verwertet wird. Teilweise wird es unter der Erde in den Stollen gelagert, ein Teil bleibt jedoch oberirdisch auf der sogenannten Rückstandshalde. 

An der Oberfläche kommt das Steinsalz zwangsläufig mit Niederschlagswasser in Verbindung. Anders als ein normaler Boden kann das Steinsalz das Wasser nicht komplett aufnehmen. Es laugt die Salze aus und fließt oberflächlich ab. Dadurch entstehen am Fuß des riesigen Berges Salzlösungen. Diese salzhaltigen Abwässer werden in einem Graben aufgefangen und müssen entsorgt werden. Unter Einhaltung der Grenzwerte werden die Salzwässer in tiefere Gesteinsschichten versenkt oder in Fließgewässer geleitet.

Die Halde bekommt einen Mantel

Diese Wassermengen sollen reduziert werden. Damit das Wasser nicht abfließt, sondern im Boden gespeichert werden kann, wird der Halde ein Mantel umgelegt. Auf dem sollen später auch Pflanzen gedeihen. Er ist zum Teil mehrere Meter dick und besteht aus einem Substrat aus der Aufbereitung von Salzschlacken der Sekundäraluminiumindustrie. Da auch dieses Substrat noch salzhaltig ist, suchen Wissenschaftler nach Pflanzen, die unter diesen Bedingungen wachsen. Sie sollen möglichst viel Wasser über ihre Wurzeln aufnehmen und über ihre Blätter wieder verdunsten, damit unten am Berg weniger salzhaltiges Wasser gesammelt werden muss. 

Gräser zur Begrünung geeignet

Eine Arbeitsgruppe der Universität Kassel unter der Leitung von Professor Dr. Helge Schmeisky testete in einem langjährigen Projekt verschiedene Pflanzen. Als besonders geeignet erwiesen sich vor allem Weidelgras sowie Rotschwingel und zwei andere Gräser. Innerhalb weniger Jahre breiteten sich durch natürliche Entwicklung bereits weit über 100 Pflanzenarten aus.

Wein im Testanbau

Mittlerweile wagen sich die Forscher auch an die größeren Pflanzen. Im Rahmen eines wissenschaftlichen Begleitprogramms unter Mitwirkung verschiedener Hochschulen und Behörden untersuchen sie das Verhalten verschiedenster Sträucher und Bäume unter diesen besonderen Bedingungen. Dazu gehören auch die 60 Rebstöcke, die 2010 versuchsweise angepflanzt wurden. Der Wein interessiert die Forscher in besonderer Weise, weil sich seine Wurzeln ihren Weg tief in die Erde bahnen und die vergleichweise großen Blätter besonders viel Wasser verdunsten können. Ein neues Weinanbaugebiet haben die Wissenschaftler aber nicht im Visier. 

30 Millionen Tonnen Salz

K+S gehört weltweit zur Spitzengruppe der Anbieter von Standard- und Spezialdüngemitteln. In sechs Bergwerken in Deutschland werden Kalium- und Magnesiumrohsalze für eine jährliche Produktionsleistung von bis zu 7,5 Millionen Tonnen Produkt gewonnen. Weltweit produziert das Unternehmen rund 30 Mio. Tonnen Salz.

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