weinberg_foto_matthias_wiedenau.jpg
Gesunde Weinreben – Kupferpräparate schützen vor Pilzkrankheiten. Foto: Matthias Wiedenau
21.09.2011
Forschung & Technik

Kupfer unter Beobachtung

Umweltwirkungen werden diskutiert – Ökolandbau auf Kupfer als Pflanzenschutzmittel angewiesen

Seit 150 Jahren verwenden Landwirte sowie Obst- und Weinbauern Kupfer, um ihre Pflanzen vor Pilzkrankheiten zu schützen. Jetzt steht das Schwermetall wegen möglicher Auswirkungen auf die Umwelt in der Kritik. Die EU-Kommission erlaubt die Anwendung nur mit Auflagen zunächst bis 2016. Das Julius Kühn-Institut (JKI) macht den aktuellen Wissensstand zu Kupfer in der Landwirtschaft auf einem Themenportal zugänglich. Dr. Stefan Kühne vom JKI in Kleinmachnow erläutert die Hintergründe.

Dr. Kühne, wieso ist der Kupfereinsatz in der Landwirtschaft so in die öffentliche Diskussion geraten?

Kupfer ist ein Schwermetall – es zersetzt sich nicht im Boden, sondern reichert sich dort an. Sehr hohe Gehalte können Bodenorganismen wie den Regenwurm schädigen. Kupfer dient besonders im Obst-, Wein- und Hopfenanbau als Pflanzenschutzmittel gegen Pilzkrankheiten. In den 1960er Jahren wurden bis zu 60 Kilogramm Kupfer pro Hektar und Jahr im Hopfenbau gegen den Falschen Mehltau angewendet. In solchen Böden können wir heute höhere Bodengehalte finden, auch wenn die Aufwandmengen in der jüngeren Vergangenheit bis auf die aktuell üblichen vier Kilogramm pro Hektar und Jahr gesenkt wurden. Deshalb beschäftigen sich Wissenschaft und Politik in den letzten Jahren verstärkt mit dem Thema. Die EU-Kommission hat 2009 kupferhaltige Pflanzenschutzmittel zunächst bis 2016 erlaubt, wenn gleichzeitig weitere Reduzierungsmaßnahmen ergriffen werden.  

Wie ist die tatsächliche Situation in Deutschland?

In den Jahren 2009 und 2010 hat das JKI zahlreiche Bodenproben in deutschen Wein- und Hopfenanbaugebieten analysiert. Die Gehalte sind überwiegend im „grünen Bereich“, denn 80 Prozent der Analysen liegen unter 150 Milligramm pro Kilogramm Boden. Wir untersuchen momentan die Wirkungen höherer Kupferkonzentrationen auf Bodenorganismen, um Grenzwerte bestimmen zu können. Für unsere Gesundheit sind die Bodengehalte an Kupfer ohne Bedeutung. Denn die Pflanzen nehmen nur so viel Kupfer als Nährstoff auf, wie sie benötigen. 

Wieso schwanken die festgestellten Bodengehalte über einen weiten Bereich?

Bereits seit 150 Jahren gibt es Pflanzenschutzmittel auf Kupferbasis. Die Gehalte auf den untersuchten Flächen spiegeln die zum Teil lange Anwendungsdauer wider. In den letzten zwei Jahrzehnten sind die eingesetzten Kupfermengen deutlich zurückgegangen, zum Teil auf weniger als ein Zehntel. Da konventionell wirtschaftende Betriebe auch synthetische Präparate einsetzen dürfen, ist der Rückgang hier stärker als bei den Ökobetrieben. Im konventionellen Kernobst sind es im Mittel der Betriebe noch 1,3 Kilogramm pro Jahr, im ökologischen Anbau 2,5 bis drei Kilogramm. Aktuell finden wir noch keine signifikanten Unterschiede bei den Bodengehalten zwischen den verschiedenen Bewirtschaftungsformen.   

Wieso braucht die Landwirtschaft Kupfer?

Kupferpräparate sind hervorragend geeignet, Obst, Wein und Hopfen unter anderem vor Falschem Mehltau und Kartoffeln vor Kraut- und Knollenfäule zu schützen. Sie führen zu einem „Multifunktionsversagen“ in den Pilzzellen, weil sie an vielen Stellen im Stoffwechsel ansetzen. Resistenzen sind daher nahezu ausgeschlossen. Der Ökologische Landbau ist auf die Mittel angewiesen, weil dort keine synthetischen Mittel verwendet werden dürfen. Ein Verzicht auf Kupferpräparate würde Ertrag und Qualität drastisch senken. Im konventionellen Anbau ergänzen Kupferpräparate die aktuellen synthetischen Mittel. Sie tragen dazu bei, Resistenzen vorzubeugen.  

Wie wichtig ist Kupfer als Pflanzennährstoff?

Kupfer zählt zu den Mikronährstoffen. Das heißt, Pflanzen brauchen nur kleine Mengen, aber ganz ohne geht es nicht. Weinreben entziehen dem Boden beispielsweise rund sieben Gramm pro Hektar und Jahr, Zuckerrüben 140 Gramm. Wirtschaftsdünger wie Gülle oder Stallmist führen dem Boden im bundesweiten Mittel zwischen 150 und 300 Gramm pro Hektar und Jahr zu. Mineralische Dünger enthalten zum Teil Kupferbeimischungen und tragen weitere 15 bis 30 Gramm ein.   

Wie können zu hohe Kupferkonzentrationen im Boden vermieden werden?

Landwirte, Winzer und Gärtner müssen die Präparate in den betreffenden Kulturen sehr gezielt einsetzen. Sie benötigen dafür großes Fachwissen, um den richtigen Zeitpunkt und die richtige Dosierung wählen zu können. Computergestützte Prognosemodelle können sie unterstützen. Zum anderen ist die Pflanzenschutztechnik gefordert. So genannte Tunnelspritzgeräte fangen die nicht an Obstbaum oder Weinrebe verbliebene Spritzbrühe wieder auf. Mit dieser Technik können die Anwender im Vergleich zu herkömmlichen Sprühgeräten die Abdrift deutlich mindern und durchschnittlich bis zu 50 Prozent Mittelmengen einsparen. Darüber hinaus werden Spritzgeräte entwickelt, die Lücken zwischen den Reben und Bäumen erkennen und die Düsen sensorgesteuert aus- und einschalten. Damit lassen sich Mittelmengen zukünftig weiter reduzieren. Das JKI beschäftigt sich seit 1998 mit der Fragestellung, wie der Kupfereintrag verringert werden kann. Über das breit angelegte Monitoring, ökotoxikologische Studien, Gesprächskreise und Veröffentlichungen tragen wir dazu bei, die Kenntnisse zu bündeln und zu verbreiten. Der aktuelle Wissensstand ist auf unserem neuen Themenportal Kupfer online gestellt.

Weitere Beiträge: