Ein Forschungsteam der Universitäten Tübingen, Wageningen und des Sainsbury Laboratory in Norwich fand in wilden Kartoffelsorten einen Rezeptor, der für eine breite Resistenz gegen Knollenfäule verantwortlich ist.
Resistenz gegen Knollenfäule aus wilden Kartoffelsorten in Sicht
Die Bekämpfung der Kraut- und Knollenfäule bei Kartoffeln, verursacht durch Phytophthora infestans, erfordert in allen Anbauregionen den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Resistentere Pflanzen auf züchterischem Weg zu schaffen, wäre für die Landwirtschaft ein bedeutender Schritt in die Zukunft. Forschende der Universitäten Tübingen, Wageningen und des Sainsbury Laboratory in Norwich haben einen großen Beitrag dazu geleistet. Die Züchtungsforscherin Dr. Vivianne Vleeshouwers von der Universität Wageningen erklärt das Vorgehen: „Es gibt ein ständiges ‚Wettrüsten‘ zwischen der Kartoffelpflanze und Phytophthora“. Die Pflanze wehrt sich mit Händen und Füßen: Sobald der Pilz (eigentlich ein Eipilz oder Oomyzet) eindringt, leitet sie eine Reihe von Abwehrreaktionen ein, indem sie zum Beispiel ein Stück des Blatts kontrolliert absterben lässt, um das Vordringen des Erregers zu stoppen. Durch Mutationen schafft jener es jedoch immer wieder, diese Abwehrmechanismen zu umgehen.
Rezeptoren an verschiedenen Orten
Aber um sich überhaupt verteidigen zu können, erklärt Vleeshouwers weiter, muss die Pflanze den Erreger erst einmal erkennen: „Dafür hat sie Rezeptoren – so etwas wie Antennen. Diese binden kleine Stücke des Phytophthora-Proteins – das ist das Signal, dass etwas nicht stimmt. Hierdurch werden die Abwehrreaktionen ausgelöst. Es ist also wichtig, dass die Pflanze die Krankheit tatsächlich erkennt und über die richtigen Antennen (Rezeptoren) für Folgemaßnahmen verfügt."
Nun gibt es solche Rezeptoren sowohl im Inneren als auch an der Außenseite der Zelle. Die Rezeptoren innerhalb der Zelle werden von bestimmten R-Genen kodiert (R steht für Resistenz). Züchter nutzen sie bereits, um resistente Sorten zu entwickeln. Das Problem: dem Pilz gelingt es im Laufe des beschriebenen ‚Wettrüstens‘ immer wieder, diese Resistenz zu umgehen. Hoffnung bieten nun die Rezeptoren an der Außenseite der Zellen, erklärt Vleeshouwers: „Über diese sogenannten PRR-Rezeptoren ist viel weniger bekannt. Sie steuern allgemeinere Abwehrreaktionen“. Um sie zu untersuchen, ist Grundlagenforschung erforderlich. Genau das hat sich das internationale Forscherteam vorgenommen.
Der Rezeptor PERU
Vleeshouwers erklärt weiter: „Wir haben eine Art von PRR-Rezeptor namens PERU untersucht. Dieser bindet ein spezielles Stück Protein von Phytophthora, nämlich Pep-13, und veranlasst die Kartoffelpflanze so, die Krankheit zu erkennen“. Bei der Suche hilft den Wissenschaftlern ein Blick in die Vergangenheit der Kartoffel: „Mehrere wilde Sorten haben Variationen von PERU. Wir haben diese Pflanzen in unserer Sammlung und können nun sozusagen in der Zeit zurückblicken, wie die Evolution abgelaufen ist“. Ziel ist nun, die richtigen Rezeptoren zu selektieren, um widerstandsfähige Sorten erzeugen zu können.
Der Name des Rezeptors hat auch mit diesem Blick in die Vergangenheit zu tun, stammen doch die Wildformen, aus denen sie ihn selektiert haben, aus den Anden. So steht der Name PERU einerseits für Pep-13 Receptor Unit, verweist aber gleichzeitig auf das Herkunftsland der Kartoffelsorten und das Heimatland der Erstautorin der Studie, Doktorandin Yerisf Torres Ascurra.
Nachhaltiger Anbau in Sicht
Vleeshouwers ist sicher, dass die Forschung künftig zu Sorten führen wird, die Phytophthora mit weniger Pflanzenschutz-Einsatz widerstehen können: „Bisher lag der Schwerpunkt bei den Züchtern auf den R-Genen. Diese Resistenz wird jedoch immer wieder umgangen. Indem wir untersuchen, wie sich wilde Kartoffelsorten in einer Umgebung mit konstantem Druck durch Krankheitserreger behaupten, können wir herausfinden, welche Mechanismen sie nutzen. Diese können wir dann bei unseren Kartoffelsorten anwenden.“
Quelle: idw-online
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