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Die aus Schnecklingen isolierte Oxocrotonatfettsäure wurde auf Kartoffelblätter aufgesprüht (rechts), welche anschließend mit Sporen des Erregers der Kraut- und Knollenfäule infiziert wurden. Unbehandelte Kartoffelblätter zeigen nach der Infektion deutliche Krankheitszeichen (links), während die behandelten gesund erscheinen. Quelle: IPB
20.04.2010
Forschung & Technik

Phytophthora infestans: Lösung in Sicht

Aus Schnecklingen isolierte Oxocrotonatfettsäuren hemmen Sporenkeimung und Myzelwachstum der Kraut- und Knollenfäule

Die Schnecklinge (Hygrophorus), das sind Pilze, die in heimischen Wäldern vorkommen, könnten möglicherweise helfen, eine der wichtigsten Krankheiten im Kartoffelanbau zu bekämpfen: die Kraut- und Knollenfäule (Phytophthora infestans).

Am Leibniz-Institut für Biochemie in Halle (Saale) entdeckten Wissenschaftler in den Schnecklingen einen Wirkstoff, der bereits in sehr niedrigen Konzentrationen den Erreger der Kraut- und Knollenfäule abtötet. Von diesem Wirkstoff, der zur Gruppe der Oxocrotonatfettsäuren gehört, erhoffen sich die Wissenschaftler neue Erkenntnisse bei der Entwicklung von Pflanzenschutzmitteln gegen die bedeutende Kartoffelkrankheit. Traurige Berühmtheit erlangte die Fäule unter anderem durch eine folgenschwere Hungersnot, die sie Mitte des 19. Jahrhunderts in Irland auslöste. Auch heute fürchten die Kartoffelbauern in aller Welt Phytophthora infestans: Zwar kann man sie mit Fungiziden bekämpfen, trotzdem kann es vor allem in feucht-warmen Sommern zu Ernteverlusten von bis zu 20 Prozent kommen.

Dr. Norbert Arnold, der Leiter der AG Naturstoffe am Leibniz-Institut für Biochemie (IPB), hatte bereits vor mehr als zehn Jahren den richtigen Riecher. Bei seinen Pilzexkursionen registrierte er, dass die Schnecklinge fast nie von Krankheitserregern oder Parasiten zersetzt wurden. In der Folge begann er mit seinen Kollegen bereits damals, deren Inhaltsstoffe zu analysieren. Ergebnis: Schnecklinge produzieren eine Vielzahl von antibiotischen Substanzen, die gegen Bakterien und parasitische Pilze aktiv sind.

Wie das IPB berichtet, gehören die nun isolierten Naturstoffe zur Gruppe der Oxocrotonatfettsäuren. Sie wirken gegen Oomyceten, zu denen auch Phytophthora gehört. Oomyceten sind eine Übergangsform zwischen Braunalgen und Pilzen, jedoch näher mit den Braunalgen verwandt, was ihre Bekämpfung so schwer macht. Gegen Braunalgen können Fungizide wenig ausrichten, da sie auf pilzliche Erreger zielen. So kann der Erreger immer wieder Resistenzen bilden. Mit Hilfe der Oxocrotonatfettsäuren scheint nun eine Lösung in Sicht. Sie hemmen sowohl die Sporenkeimung als auch das Myzelwachstum des Erregers. Dies zeigte sich nicht nur bei Versuchen im Reagenzglas, sondern auch an den Pflanzen. Mit Oxocrotonatfettsäuren gespritzte und anschließend mit Sporen von Phytophthora infizierte Pflanzen, wiesen keine Anzeichen für die Kraut- und Knollenfäule auf. Die Natur verfügt über ein beeindruckendes Potenzial an pflanzenmedizinisch wirksamen Substanzen. Es bedarf jedoch der intensiven Zusammenarbeit von Naturwissenschaftlern vieler Disziplinen, um diese Wirkstoffe finden und nutzbar machen zu können.