Eine Wissenschaftlergruppe der Universität Bonn hat untersucht, wo und in welchem Ausmaß abwechslungsreiche landwirtschaftliche Anbaupraktiken profitabel eingesetzt werden können. Das Ergebnis: Auf fast der Hälfte der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche können Produktion und Biodiversität gleichzeitig gesteigert werden.
Diverse, nachhaltige und wirtschaftliche Anbaumethoden
Landwirtschaft muss, wie andere Wirtschaftszweige auch, Ertrag erwirtschaften. Deshalb haben sich einfache Anbausysteme durchgesetzt. Allerdings hat sich herausgestellt, dass diese anfälliger für Krankheiten und Parasiten sind, die Ernteverluste bis hin zum Totalausfall verursachen können. Abwechslungsreiche Anbaupraktiken wie Mischkulturen oder Fruchtfolgen bieten eine nachhaltige Alternative. Es ist bereits wissenschaftlich belegt, dass sie auch rentabel sein können, wenn nicht sogar rentabler als Monokulturen. Aber in welchem Umfeld sind diese diversifizierten Anbaupraktiken profitabel? Und wie können sie dazu beitragen, die landwirtschaftlichen Systeme nachhaltig zu intensivieren?
Welche Regionen sind geeignet?
Ein Forschungsteam des Zentrums für Entwicklungsforschung der Universität Bonn hat zu diesen Fragen eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Studie angestellt. Um Vorhersagen darüber treffen zu können, welche Regionen für profitable und abwechslungsreiche Anbaupraktiken geeignet sind, wurde eine Methode aus der Ökologie zur Modellierung der Artenverteilung genutzt. Doktorandin und Hauptautorin Hannah Kamau – sie ist Mitglied der Arbeitsgruppe von Jun-Professor Dr. Lisa Biber-Freudenberger und im Transdisziplinären Forschungsbereich Sustainable Futures – wertete rund 2000 Standorte mit erfolgreichem diversifiziertem Anbau weltweit sowie sozio-ökonomischen Faktoren aus, von denen die Profitabilität abhängt: Bevölkerungsdichte, Zugang zu lokalen Märkten, Elektrizitätsversorgung, Bruttoinlandsprodukt und Regierungsführung.
Anschließend wurde untersucht, welche Regionen eben diese Faktoren aufweisen. Laut Kamau sind der globale Norden sowie Gebiete im globalen Süden, die in der Nähe von urbanen Zentren liegen, besonders geeignet für abwechslungsreiche Anbaupraktiken: „Eine entwickelte Infrastruktur spielte eine Schlüsselrolle bei der Vorhersage geeigneter Gebiete.“
Wie kann die Produktion gesteigert werden?
Weiterhin ermittelte die Wissenschaftlerin, wie die Produktion im jeweiligen Gebiet nachhaltig gesteigert werden kann: „Es gibt zwei Ansätze: Zum einen durch Extensivierung, sprich eine geringere Anbaudichte, aber eine Ausweitung von landwirtschaftlichen Flächen. Zum anderen durch Intensivierung, also eine höhere Anbaudichte. Je nach Region können abwechslungsreichere Anbaupraktiken zu höherer Nachhaltigkeit sowohl von Extensivierung als auch Intensivierung beitragen.“ Sie fügt an: „Jeder Ansatz birgt dabei seine Risiken.“
Welcher der erfolgversprechendere ist, hängt von der Region ab. Bereits intensiv genutzte landwirtschaftliche Flächen in Westeuropa, China, Teilen Indiens und Brasiliens sowie in Osteuropa könnten von Extensivierung – der Einbeziehung von Mischpflanzungen und einer geringeren Anbaudichte – profitieren. In Gebieten der Subsahara, in Teilen Brasiliens, Indiens und Tadschikistans sowie in Kanada und Australien hingegen gäbe es noch Potenzial für eine nachhaltige Intensivierung. Andere Gebiete wiederum könnten für beides geeignet sein, wie die meisten Teile Westafrikas.
Fast die Hälfte der Welt eignet sich für eine diversifizierte Landwirtschaft
Die nachhaltige Intensivierung, definiert als Steigerung der Produktion pro Einheit ohne Schädigung der Umwelt, hat das Potenzial, landwirtschaftliche Systeme zu verändern. Die Diversifizierung als ein Lösungsvorschlag hat an Bedeutung gewonnen. Die Modellierung des Wissenschaftlerteams ergab, dass etwa 47 Prozent der Welt für rentable diversifizierte Systeme geeignet sind.
Quelle: idw-online
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