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Hektisches Treiben in der Großmarkthalle München. Quelle: Großmarkthalle München
28.06.2006
Umwelt & Verbraucher

„Rückstandsanalysen ohne Ende“

Obst und Gemüse sind in Deutschland so sicher wie nie zuvor – entgegen mancher Unkenrufe

Auf dem Obst- und Gemüsegroßmarkt Maxdorf-Lambsheim werden jährlich rund 11 Mio. Kilogramm Gemüse und eine halbe Million Kilogramm Obst aus der nördlichen Vorderpfalz und Rheinhessen umgesetzt. Das Gros der frisch geernteten Ware wird direkt ab den Markthallen verkauft. Noch nie hat es dabei so viele Kontrollen und so wirksame Qualitätssicherungssysteme gegeben wie heute. Die Abnehmer der Erzeugnisse sind Großhändler, die den Lebensmitteleinzelhandel beliefern und die Gastronomie. Profil sprach mit Friedhelm Wagner, dem Geschäftsführer des Großmarkts, über die Maßnahmen, mit der die Qualität der Erzeugnisse gewährleistet werden kann.

Bestimmte Umweltorganisationen kritisieren immer wieder mal Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Obst und Gemüse. Wie sehen Sie das?

Ich würde mir etwas mehr Objektivität wünschen. Die Verbraucher werden regelrecht irregeführt, denn oft beruhen angebliche Skandale nur auf gezielt gezogenen Einzelproben von ausgewählten Handelsunternehmen. Demgegenüber stehen heute so viele Kontrollen von unabhängigen Instanzen wie Zulassungsbehörden oder Verbraucherverbänden und so wirksame Qualitätssicherungssysteme wie nie zuvor.

Wie wird denn der Verbraucher vor möglichen Rückständen beim Obst und Gemüse geschützt?

Heute gibt es Rückstandsanalysen ohne Ende. Und die Vorsorge beginnt schon auf dem Acker. Die 232 landwirtschaftlichen Betriebe, die unseren Großmarkt beliefern, sind alle nach dem deutschen Qualitätssicherungssystem QS und dem international anerkannten Standard EUREPGAP zertifiziert. Das bedeutet, dass der Anbau von der Düngung bis hin zum Pflanzenschutz aktuellen Standards entspricht, und dass alle Maßnahmen bis ins Detail dokumentiert werden.

Damit wird die Erzeugung eines Salatkopfs transparent und nachvollziehbar. Der Landwirt kann anhand dieser Dokumentation beweisen, dass seine Produkte die erforderlichen Qualitätsansprüche erfüllen. Unsere Genossenschaft, wie andere auch, lässt dann eigene Kontrollen durchführen und zwar ausschließlich Vorerntekontrollen. Das heißt, bereits auf dem Feld werden vor der Ernte Proben genommen und auf Rückstände untersucht. Sollten unerwünschte Rückstände oder andere Qualitätsmängel festgestellt werden, bleiben die Salatköpfe auf dem Acker. Unsere Kunden, der Großhandel und dessen Kunden, die Lebensmittelketten, lassen darüber hinaus auch noch Analysen der Ware durchführen. Nicht zu vergessen die amtlichen Lebensmittelkontrolleure, die überall Proben ziehen: Auf den Großmärkten, in der Gastronomie und im Lebensmittelgeschäft.

Nach welchen Kriterien werden die Vorernteuntersuchungen des Marktes durchgeführt?

Unser Markt ist nach der zweiten Stufe von QS und nach dem internationalen Qualitätsstandard IFS (International Food Standard) zertifiziert. Das beinhaltet unter anderem, dass ein unabhängiges, ebenfalls zertifiziertes Unternehmen mit der Probenahme beauftragt wird. Unsere Vorerntekontrollen werden von der Firma BOLAP aus Speyer durchgeführt. Damit wird gewährleistet, dass wir keinen Einfluss auf den Zeitpunkt, die Kultur oder den landwirtschaftlichen Betrieb nehmen können, auf dem kontrolliert wird. Die Proben werden vom ebenfalls zertifizierten Labor der LUFA Speyer analysiert. Und das mit modernsten Analysemethoden. Heute können Spuren von mehr als 400 Wirkstoffen identifiziert werden. Innerhalb von 48 Stunden bekommen wir dann die Ergebnisse – so lange bleiben die geprüften Gemüse- und Obstsorten auf dem Acker bzw. an den Bäumen.

Was ergaben Ihre Kontrollen im letzen Jahr?

Letztes Jahr wurden insgesamt 1 800 Vorernteproben untersucht. Dabei wurden bei 3 Prozent zu hohe Rückstände von Pflanzenschutzmitteln festgestellt. Bei etwa 1,5 Prozent konnten diese durch einen etwas späteren Erntetermin abgebaut werden. Bei den anderen 1,5 Prozent wurden Spritzfehler festgestellt. In keinem Fall sind Produkte mit zu hohen Rückständen in den Handel gelangt. Die landwirtschaftlichen Betriebe, von denen die beanstandeten Proben stammen, werden übrigens auf unsere Kosten beraten, um künftig Fehler zu vermeiden.

Welches Fazit ziehen Sie aus den Untersuchungsergebnissen?

In Deutschland werden vom Gesetzgeber nur kleinste und gesundheitlich unbedenkliche Rückstandsmengen von Pflanzenschutzmitteln toleriert. Nicht immer lassen sich Rückstände im Pflanzenschutz vermeiden, zumal mit den modernen Analysemethoden auch kleinste Spuren festgestellt werden können. Dennoch fordern Umweltverbände eine Null-Lösung und einige Lebensmittelketten von den Lieferanten eigene Standards, die weit unter den gesetzlichen Werten liegen. Dabei wird nicht bedacht, dass ohne Pflanzenschutz die gewünschten Qualitäten nicht erzeugt werden können. Abgesehen davon bewahrt Pflanzenschutz auch den Verbraucher vor den giftigen Stoffwechselprodukten von schädlichen Pilzen. Für nachvollziehbare und einheitliche Qualitäten von Obst und Gemüse in Europa wäre es allerdings sehr wichtig, dass innerhalb der EU die gesetzlich festgelegten Grenzwerte für Pflanzenschutzmittelrückstände endlich harmonisiert werden, d. h. für alle EU-Länder gelten.