nachwuchs_foto_matthias_wiedenau.jpg
Die Landwirtschaft bietet jungen Leuten große Chancen. Foto: Matthias Wiedenau
19.04.2012
Schule & Wissen

Landwirtschaft: Große Herausforderungen warten auf den Nachwuchs

Effiziente Landwirtschaft ist Schlüssel für die Zukunft – Forschungsallianz DAFA bündelt und stärkt Agrarforschung

„Wir brauchen jungen engagierten Nachwuchs und eine fächerübergreifende Agrarforschung, um die großen Herausforderungen der Zukunft zu meistern“, sagt Professor Dr. Hubert Wiggering, Sprecher der Deutschen Agrarforschungsallianz (DAFA). Dem im Januar 2011 gegründeten Netzwerk gehören 55 Forschungseinrichtungen an.  

Professor Wiggering, für Sie ist die Landwirtschaft eine Schlüsselbranche für unsere Zukunft obwohl die Zahl der Landwirte immer kleiner wird. Wie passt das zusammen?

Die Zahl der Landwirte sagt nichts über deren Bedeutung aus. Die Landwirtschaft und damit auch die Agrarforschung stehen vor riesigen Herausforderungen. Sie müssen immer mehr Menschen ernähren und zunehmend Energie sowie Rohstoffe für die Industrie produzieren. Und weil Land- und Forstwirtschaft in Deutschland rund 80 Prozent der Fläche nutzen, ist es ihre Aufgabe, die Natur zu pflegen, sowie Boden und Wasser zu schützen. Nur eine hocheffiziente und multifunktionale Landwirtschaft kann diese Anforderungen bewältigen.  

Was bedarf es, um diese Herkulesaufgabe zu stemmen?

Wir brauchen qualifizierten Nachwuchs, sowohl in der Praxis als auch in der Forschung. Jungen Leuten bieten sich weite Betätigungsmöglichkeiten. Da die vorhin beschriebenen Arbeitsgebiete immer stärker von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, wird – so hoffe ich – eine Sogwirkung einsetzen und das Interesse an Landwirtschaft und Agrarwissenschaft steigen. 

Was müssen Nachwuchskräfte mitbringen, um erfolgreich zu sein?

Neben der Liebe zum und Engagement im Beruf müssen sie vor allem technologieorientiert und bereit sein, komplex oder gar systemisch zu denken. Mit dem romantisierenden Bild des Landwirts, wie es in Bilderbüchern oder in der Werbung gepflegt wird, hat die Realität nichts mehr zu tun. Systemisch denken heißt beispielsweise nicht nur die Auswirkung einer Maßnahme auf den Ertrag zu beurteilen, sondern die Wechselwirkungen in die Bewertung einzubeziehen. Wenn wir Kohle-, Öl- oder Gasressourcen durch Energiepflanzenanbau schonen wollen, müssen wir ausgeklügelte Fruchtfolgen entwickeln, die nicht nur hohe Erträge bringen, sondern auch Boden und Wasser schonen und für die energetische Verwertung gut geeignet sind. Die Voraussetzung dafür ist aber, dass die verschiedenen Disziplinen der Agrarforschung fächerübergreifend zusammenarbeiten und optimale Lösungen entwickeln. 

Das ist ja auch der Ansatz der DAFA. Wie weit sind Sie im ersten Jahr Ihres Bestehens gekommen?

Ziel der DAFA ist es, die Fragmentierung in der Agrarforschung zu überwinden, indem wichtige Fragestellungen systemisch angegangen werden. Das machen wir nun bereits in zwei großen Themenbereichen. Dabei befassen wir uns mit dem Leguminosenanbau und der Nutztierhaltung. Wir gehen organisationsübergreifend an die Fragestellungen heran, sprechen uns also untereinander ab. Die Hochschulen oder Forschungseinrichtungen agieren gemeinsam, sie bündeln die Kräfte fachübergreifend, auch unter Einbeziehung etwa der Ernährungs-, Lebensmittel- und Umweltwissenschaften. Der wichtige Wettbewerb zwischen den Einrichtungen wird also kurz ausgeblendet, die Forschung aber insgesamt sehr viel effizienter. Ganz wichtig ist ein weiterer Aspekt: Das Wort der DAFA hat in der Öffentlichkeit und damit auch im politischen Bereich Gewicht. Bei uns sind immerhin 55 Forschungseinrichtungen organisiert.   

Stärkt die DAFA die deutsche Forschung auch im internationalen Maßstab?

Effizientere Strukturen sind auch im internationalen Wettbewerb von Vorteil. Sie sind der Motor für Innovationen. In einigen Bereichen sind wir bereits sehr weit, so in der Präzisionslandwirtschaft und der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung. Darin beschäftigen wir uns unter anderem damit, wie wir Pflanzenschutzmittel und Dünger möglichst bedarfsgerecht zuteilen können. Das ist ein Forschungsschwerpunkt am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V. in Müncheberg, dessen Direktor ich bin. Auch im Maschinenbau, in der Nano- und der Lebensmitteltechnologie hat unsere Forschung ein hohes Niveau. Andere Felder wie die Grünlandforschung liegen nahezu brach. Hier besteht Nachholbedarf, immerhin sind rund 30 Prozent unserer landwirtschaftlichen Nutzfläche Grünland. 

Weitere Beiträge: