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Wurzelbärtigkeit an Rüben. Quelle: BASF AgroSlide
13.11.2008
Forschung & Technik

Rüben mit Bart sind nicht erwünscht

Wissenschaftler sind neuen Virustypen auf der Spur, die Wurzelbärtigkeit bei Rüben auslösen

Die Wurzelbärtigkeit ist eine gefürchtete Krankheit der Zuckerrübe. Sie wird durch das Rhizomania-Virus verursacht. Sein Name BNYVV steht für Beet Necrotic Yellow Vein Virus, zu Deutsch Adernvergilbungsvirus. Züchtung und konsequenter Anbau resistenter Rübensorten sind derzeit die einzige Möglichkeit, die Krankheit zu kontrollieren und massive Ertragsverluste zu vermeiden.

„Viele Pflanzenviren können sich relativ schnell verändern, das heißt, sie sind genetisch sehr variabel. Nun wird untersucht, ob die aktuell resistenten Sorten dadurch gefährdet sind“, erklärt Dr. Thomas Kühne vom Julius Kühn-Institut (JKI), dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen. Es sei denkbar, dass die derzeit vorhandenen Resistenzen durch neue Virustypen überwunden werden könnten. Dadurch ergäben sich auch neue Aufgaben für die Resistenzzüchtung.

In England und in Sachsen-Anhalt sind bereits neue Formen des BNYVV aufgetreten. Dies berichteten Wissenschaftler aus dem JKI auf einem internationalen Symposium im September 2008 in Quedlinburg. Der Virustyp, der in Sachsen Anhalt nachgewiesen wurde, ähnelt einem Virus aus China.

Virus-Forschung setzt bei Genen an

Die Wissenschaftler wollen herausfinden, ob die neuen Virusformen (Fachleute sprechen von Isolaten) den derzeit verfügbaren resistenten Zuckerrübensorten gefährlich werden können. Sollte das der Fall sein, müssen die verantwortlichen Virusgene identifiziert werden. Denn nur wenn man weiß, mit welchem Virus man es zu tun hat, kann man die Pflanzen vor den Krankheitserregern schützen.

Klassische Kreuzungszüchtung dominiert

Die Züchtung resistenter Zuckerrübensorten ist bislang die einzige erfolgreiche Maßnahme im Kampf gegen die Wurzelbärtigkeit. Aber sie ist aufwändig. Kreuzungen mit unempfindlichen Wildformen der Zuckerrübe und etliche Rückkreuzungsschritte sind notwendig, bis sich bestimmte Gene erfolgreich auf die Nutzpflanzen übertragen lassen. Gegen die bekannten Typen des Adernvergilbungsvirus gibt es mittlerweile zahlreiche resistente Sorten. Neue Virustypen könnten jedoch auch diese Sorten schädigen und so den Züchtungserfolg zunichte machen.

Unten Bart, oben Welke

Gegen die Wurzelbärtigkeit ist bislang kein Kraut gewachsen. Das Virus lebt in einem Bodenpilz, der praktisch überall vorkommt. Nur mit seiner Hilfe kann das Virus in die Zuckerrübe eindringen. Dort vermehrt es sich in der Hauptwurzel und zerstört diese. Die Pflanze versucht, die gestörte Nährstoffversorgung auszugleichen und entwickelt viele feine Seitenwurzeln. Sie geben der Rübe das bärtige Aussehen.

Kranke Rüben bleiben klein, ihre Leitungsbahnen verholzen und die Blätter welken trotz ausreichender Bodenfeuchte. Oft weisen ganze Nester mit hellgrünen und später gelben Blättern auf den unterirdischen Bartwuchs hin.

Pilz kann nicht bekämpft werden

Ohne den Bodenpilz Polymyxa betae kann das Adernvergilbungsvirus nicht in die Rübe gelangen. Im Pilz ist das Virus jedoch bestens aufgehoben: Bis zu 15 Jahre kann es in dessen Sporen überleben. Über Maschinen, Tiere, Menschen, aber auch mit Wind und Wasser werden Bodenteilchen mit dem infizierten Pilz von Feld zu Feld übertragen. Ab Bodentemperaturen von 15 Grad Celsius kann der Pilz die Rüben befallen; bei 25 Grad und ausreichend Feuchtigkeit entwickelt er sich optimal. Erste Welkeerscheinungen treten daher bereits im Juni und Juli auf. Mittlerweile ist das Virus in nahezu allen wichtigen europäischen Rübenanbaugebieten nachgewiesen. Eine direkte Bekämpfung des Bodenpilzes ist nicht möglich.