globodera_rostochiensis_foto_bayer_cropscience.jpg
Stecknadelkopfgroße Zysten des Gelben Kartoffelnematoden. Foto: Bayer CropScience
14.07.2011
Umwelt & Verbraucher

Steckbrieflich gesucht: Kartoffelnematoden

Direkte Bekämpfung nahezu unmöglich – Quarantäneschädling ist anzeigepflichtig

Kartoffelanbauer fürchten Kartoffelnematoden wie der Teufel das Weihwasser. Sind sie einmal im Bestand, kann die Existenz auf dem Spiel stehen, denn es gibt derzeit keine wirkungsvolle Möglichkeit sie direkt zu bekämpfen. Aus diesem Grund besteht Anzeigepflicht. Die Behörden ordnen teilweise drastische Maßnahmen an, um zu verhindern, dass sich der gefürchtete Quarantäneschädling weiter ausbreitet.

Neben Kartoffelkrebs, Bakterienringfäule und Schleimkrankheit zählen Kartoffelnematoden zu den Quarantäneschädlingen im Kartoffelanbau. Gelber und Weißer Kartoffelnematode (Globodera rostochiensis und Globodera pallida) verursachen besonders dort Ertragsausfälle, wo die Kultur in engen Fruchtfolgen ohne mehrjährige Unterbrechung angebaut wird. So wie im niedersächsischen Emsland, wo viele Betriebe sich auf den Anbau von Pflanz-, Speise- und Stärkekartoffeln spezialisiert haben. Bei starkem Befall sinken die Erträge um bis zu 70 Prozent. Momentan ist nur ein Nematizid zugelassen, das aber maximal einmal in vier Jahren angewendet werden darf und nur bedingt hilft. Nicht ganz so dramatisch ist die Lage bei den Speise- und Wirtschaftskartoffeln (vor allem Stärkekartoffeln). Hier gibt es bereits mehrere resistente und tolerante Sorten.  

Gut zu erkennen

Braune, gelbe beziehungsweise weiße jeweils stecknadelkopfgroße Zysten, die bis zu 300 Eier oder Larven des Kartoffelnematoden enthalten, können bis zu 30 Jahre im Boden überdauern. Bei Anbau einer Wirtspflanze wie der Kartoffel schlüpfen die Larven, durch Wurzelausscheidungen der Pflanze angeregt, aus den Zysten, wandern zu den Kartoffelpflanzen, dringen in diese ein und saugen an den Pflanzen. Dadurch stören sie deren gesamte Wasser- und Nährstoffversorgung. Die Larven entwickeln sich zu geschlechtsreifen Tieren. Die Weibchen schwellen kugelförmig an und platzen mit dem hinteren Körperabschnitt aus dem Wurzelgewebe. Die Männchen verlassen die Pflanze und befruchten die Weibchen. Die Eier verbleiben im Körper des Weibchens während dieses abstirbt. Die Außenhaut wird zu einer festen Schale (Zyste), die dann später von der Wurzel abfällt und im Boden überdauert.

Ein Nematodenbefall ist an einem lückigen Auflaufen der Kartoffeln und einer verstärkten Seitentriebbildung zu erkennen. Die Knollen der befallenen Pflanzen bleiben deutlich kleiner. Ihr Laub wächst nicht so üppig; es vergilbt und welkt vorzeitig. Typisch ist, dass das Schadbild nesterweise auftritt.  

Gesundheitszeugnis für den Acker

Die betroffenen Landwirte sind verpflichtet, den Befall der Landwirtschaftskammer oder dem Pflanzenschutzamt zu melden. Die Behörde ordnet dann entsprechende Gegenmaßnahmen an. Je nach Situation kann das den Anbau resistenter Sorten bedeuten oder ein bis zu zehnjähriges Anbauverbot. Weil sich Nematoden über das Pflanzgut verbreiten, gelten für Pflanzkartoffelbetriebe besondere Vorsichtsmaßnahmen. Vor dem Anbau ziehen speziell geschulte und vereidigte Personen Bodenproben, die im Labor auf Nematodenfreiheit untersucht werden. Selbst wenn diese Tests für den Landwirt positiv ausfallen, wird das Pflanzgut später sehr genau untersucht. Es darf nur nach erfolgreicher Zertifizierung in den Handel gebracht werden.  

Feldhygiene – was ist das?

Sind ihre Kartoffeln nicht zu vermarkten, sind vor allem spezialisierte Betriebe in ihrer Existenz gefährdet. Wenn Kartoffelbauern erst über Gegenmaßnahmen nachdenken, wenn ein Schaden aufgetreten ist, ist es für viele bereits zu spät. Die einfachste und gleichzeitig effektivste Vorsorge ist eine längere Pause bis zum nächsten Kartoffelanbau. Wachsen Kartoffeln nur jedes vierte Jahr auf der gleichen Fläche, gibt es kaum Probleme. In diesem Zeitraum stirbt ein Großteil der infektionsfähigen Zysten ab. Der Begriff „Feldhygiene“ umfasst weitere Maßnahmen. So die gründliche Beseitigung von Unkräutern wie Nachtschatten und Hirtentäschel sowie Durchwuchskartoffeln in den Folgekulturen. Denn sie dienen den Nematoden als Wirtspflanzen bis zum nächsten Kartoffelanbau. Peinliche Sauberkeit ist im Rahmen der Betriebshygiene bei Maschinen angesagt. Besonders bei Traktoren und Geräten, die von Acker zu Acker fahren. Denn mit anhaftender Erde und Pflanzenteilen werden die Schädlinge weiter verbreitet. Viele Betriebe bevorzugen deswegen eigene Maschinen und setzen keine Lohnunternehmer ein. 

Forschung kommt zu kurz

Um den Quarantäneschädling besser als bislang in den Griff zu bekommen, bedarf es intensiver Forschung. Doch die Mittel für Grundlagenforschung und Produktentwicklung fließen nur spärlich. Wahrscheinlich auch deshalb, weil Kartoffeln nur auf rund zwei Prozent des deutschen Ackerlandes wachsen. Praktiker hoffen, dass die Politik wieder mehr Gelder für die Grundlagenforschung bereitstellt. Der Problemfall Kartoffelnematode bleibt bis auf weiteres ungelöst.

Weitere Beiträge: