Schon lange ist bekannt, dass bestimmte Pflanzenarten schwermetallbelastete Böden sanieren helfen. Nun forschen Wissenschaftler an Wegen, wie die in den Pflanzen gespeicherten Stoffe „geerntet“ und industriell weiterverwertet werden können.
Phytomining: Pflanzen als Bergarbeiter
Da Metalle nicht so einfach wieder aus Böden entfernt werden können, wird auf belasteten Flächen, zum Beispiel ehemaligen Rieselflächen, seit Jahrzehnten die Fähigkeit von Pflanzen genutzt, Metalle aus dem Boden aufzunehmen und zu speichern. Nun können diese „Metallophyten“ aber nicht nur den Boden säubern, sie können auch seltene Erden speichern, die anschließend aus den Pflanzen extrahiert werden könnten, sind doch Schwermetalle ein wichtiger Bestandteil industrieller Prozesse.
Metallverträglichkeit als Standortvorteil
Pflanzen können Nährstoffe leichter aus dem Boden aufnehmen, wenn sie ihn ansäuern. Dafür scheiden die Wurzeln organische Säuren aus, es kommt zu einem Anstieg der Protonenkonzentration (H+-Ionen) und der pH-Wert sinkt. Auch die meisten im Boden vorkommenden Metallionen gehen bei niedrigem pH-Wert in die Bodenlösung über. Daraufhin werden sie von den Pflanzenwurzeln aufgenommen. Metallionen, die für den Organismus giftig sind, werden von den Pflanzen „unschädlich“ gemacht, indem sie als Chelate gebunden, in der Vakuole gelagert oder gleich wieder hinausbefördert werden. Manche Pflanzenarten können das besonders gut und nutzen diese Techniken als Standortvorteil – etwa das Blaue Galmei-Veilchen, das zusammen mit anderen hoch spezialisierten Pflanzenarten als sogenannte Galmeivegetation auf schwermetallhaltigen Böden vorkommt.
Helfer bei belasteten Böden
Solche Metallophyten werden aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten seit längerer Zeit untersucht. Steigende Bedeutung erlangen sie bereits für die oben erwähnte Phytosanierung, mit der Schwermetalle, Halbmetalle (Arsen), Pflanzenschutzmittel, Sprengstoffe, Lösungsmittel, Salze oder Öle von belasteten Flächen entfernt werden. Hier kommen besonders Pflanzenarten infrage, die –vermutlich zum Schutz gegen Fressfeinde – Metalle in ihrem Gewebe speichern können.
Bekannt sind mehr als 700 solcher Pflanzen, die vorwiegend der Familie der Kreuzblütler und der tropischen Familie der Phyllanthaceae angehören. Sie können ein weites Spektrum an Metallen speichern, darunter Nickel, Arsen, Selen, Thallium und Kupfer, aber auch Seltene Erden wie Lanthan, Neodym oder Cer. Die südafrikanische Berkheya, ein Korbblütler, wurde in einer Studie bereits erfolgreich zur Sanierung von mit Kobalt und Nickel belasteten Böden verwendet. Auch mit Odontarrhena chalcidica, einem Kreuzblütler, konnten pro Jahr etwa 100 Kilogramm Nickel pro Hektar aus dem Boden entfernt werden.
Pflanzen im Bergbau
Besonderes Interesse an Metallophyten gibt es im „Phytomining“: Hier werden die Pflanzen nach der Ernte verbrannt und das aufgenommene Metall gewonnen. Gerade für Metalle wie die Seltenen Erden, die für neue Technologien dringend benötigt werden, sind bislang nur begrenzte Vorkommen in wenigen Ländern bekannt. Mit Pflanzen können Metalle auch noch aus dem Abraum solcher Bergwerke gewonnen werden, wie beispielsweise in China, wo der Farn Dicranopteris linearis seltene Erden wie Lanthan, Cer und Neodym in kommerziell nutzbaren Mengen aufnimmt. Zudem erspart das Phytomining die oftmals gravierenden Umweltbelastungen beim herkömmlichen Abbau der Metalle. Metallophyten könnten in Zukunft auch als Zeigerpflanzen auf Metall-Vorkommen im Boden hinweisen und so helfen, bisher nicht abbauwürdige Vorkommen kommerziell nutzbar zu machen.
Dream-Team Pflanze-Mikrobe
Kommt die Pflanzenwelt allein nicht weiter, kann die Mikrobiologie helfen. Das ist insbesondere bei organischen Schadstoffen der Fall. Zwar können Pflanzen auch hier den Boden entgiften, aber sie können diese Verbindungen nicht abbauen. Sie werden eingelagert, insbesondere in ligninhaltigem Gewebe. Hier können nun Bakterienenzyme helfen, die Stoffe vollständig zu entfernen, besitzen doch Mikroorganismen die verschiedensten Enzyme zum Abbau organischer Substanzen. In einer Studie konnte ein genetisch veränderter Reis erzeugt werden, der sehr effektiv Thiocyanat aus Bergbaurückständen abbaut. Auf US-Truppenübungsplätzen konnte der hochexplosive und stark giftige Sprengstoff Hexogen durch eine Rutenhirse mit einem eingebauten mikrobiellen Cytochrom unschädlich gemacht werden.
Noch viel Forschung nötig
Das Problem: hyperakkumulierende Pflanzen wachsen oftmals nicht so üppig. Das wäre aber hilfreich, um größere Flächen in überschaubarer Zeit zu dekontaminieren. Mittels Genome Editing könnten zum Beispiel die Eigenschaften zur Schadstoffaufnahme auch in schnell wachsenden Pflanzen wie Weide oder Pappel hochreguliert werden. Eine weitere Möglichkeit wäre, ein metallbindendes Protein aus einem Mikroorganismus in Pflanzen einzubauen. Die Ideen gehen bis zur Schaffung eines künstlichen Stoffwechselweges für die Speicherung von Metallen und die Zersetzung von giftigen organischen Schadstoffen.
Ähnliche Möglichkeiten gibt es auch direkt im Boden, wo hinzugefügte Cyanobakterien im Wurzelraum genutzt werden könnten, um Metalle in Lösung zu bringen. Wissenschaftler haben auch schon zahlreiche weitere Ansätze entwickelt.
Quelle: pflanzenforschung.de
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