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Aus Senfsamen lassen sich viele verschiedene Senfsorten herstellen. Foto: iStock
21.07.2023
Schule & Wissen

Weißer Senf: Die milde Komponente im mittelscharfen Senf

Überraschend vielseitige Nutzpflanze

Ja genau – Weißer Senf liefert die Hauptzutat für das beliebte Gewürz. Dessen gelblich bis hellbraune Samenkörner entwickeln nach dem Zerkleinern und Quellen den typischen Senfgeschmack. Die gelbblühende Pflanze wird gerne mit Raps verwechselt.

Wissenswert

Eigenen Speisesenf herzustellen, ist keine Hexerei: Man nehme Senfsamen, zerkleinere sie mit einem Mörser oder einer Küchenmaschine und lasse sie mit etwas Wasser quellen. Dazu kommt eine Mischung aus Essig, Zucker und Salz, die zum Lösen des Zuckers kurz erhitzt wird. Die abgekühlte Flüssigkeit wird dann unter das Senfmehl gerührt, bis eine homogene Masse entsteht. Fertig! Das Grundrezept bietet viele Variationsmöglichkeiten für individuelle Kreationen. Man kann körniges oder feines Mehl verwenden, mehr oder weniger Zucker einsetzen, speziellen Essig nehmen oder auch andere würzige Zutaten wie Knoblauch, Pfeffer, Rosmarin oder Meerrettich hinzugeben. Manche mischen sogar Feigen oder Birnen hinzu.

Die Samen des Weißen Senfs enthalten das Glykosid Sinalbin, das sich nach dem Zerkleinern der Körner bei Kontakt mit Flüssigkeit in geschmackgebendes Senföl umwandelt. Während Speisesenf aus Weißem Senf vergleichsweise mild oder würzig-süßlich schmeckt, ist der des Braunen und Schwarzen Senfs wesentlich schärfer. Werden beide Samen gemischt, lässt sich daraus der besonders beliebte mittelscharfe Senf herstellen.

Weil der Weiße Senf leuchtend gelb blüht, wird er auch als Gelbsenf bezeichnet. Seine pollenreichen Blüten ziehen unter anderem Wildbienenarten wie Schmal-, Furchen- oder Sandbienen an. Er wird leicht mit Raps verwechselt, dessen reife Samen aber schwarz sind. Die Pflanze erreicht 130 Zentimeter Wuchshöhe und mehr. Ihre Blätter weisen einen würzig-scharfen, leicht bitteren Geschmack auf. Sie können – gut dosiert – Eintöpfen, Eierspeisen, Kräuterquark oder Salaten eine spezielle Note verleihen. Der Weiße Senf ist darüber hinaus eine hervorragende Gründüngungspflanze für Acker und Garten. Er durchwurzelt den Boden intensiv. Damit hinterlässt er einen garen Boden und ist in der Lage, nicht von der Vorkultur verwerteten Bodenstickstoff aufzunehmen und dessen Auswaschung ins Grundwasser zu verhindern.

Unsere Vorfahren haben den Weißen Senf als Heilpflanze verwendet. Ihm wird eine verdauungsfördernde Wirkung zugeschrieben. Deshalb passt er gut zu fettigen Gerichten. Zudem sollen die vielfältigen sekundären Inhaltsstoffe entzündungs- und schmerzhemmend sowie krampflösend und durchblutungsfördernd wirken. Vorsicht ist bei regelmäßigen Anwendungen geboten, wenn Nierenerkrankungen oder Schilddrüsenfehlfunktionen vorliegen.

Herkunft und Ansprüche

Weißer Senf (Sinapsis alba) war ursprünglich wahrscheinlich von Vorderasien bis Indien beheimatet. Er ist mittlerweile als Kulturpflanze und Ackerbegleitkraut in vielen Ländern der Welt verbreitet. Ideal sind sonnige bis halbschattige Standorte mit humosen, kalkhaltigen sowie gut mit Wasser versorgten Böden.

Anbau

Hier muss man zwischen dem Anbau zum Zweck der Samengewinnung und zum Zweck der Gründüngung unterscheiden. Wer selbst Speisesenf herstellen möchte, sollte den frostempfindlichen Weißen Senf auf der Fensterbank vorziehen und ihn möglichst direkt nach den letzten Spätfrösten auspflanzen. Im Erwerbsanbau erfolgt die Saat von April und Mai. In den Sommermonaten blüht die Pflanze. Danach bilden sich die mit runden Samen gefüllten Schoten. Senf zum Zweck der Gründüngung kann auch bis Mitte September gesät werden. Dann werden die Samen nicht mehr reif. Das ist durchaus gewollt, um einer Verunkrautung der Folgekultur vorzubeugen.

Pflanzenschutz und Düngung

Weißer Senf lässt sich meist problemlos im eigenen Garten anbauen. Er ist genügsam, was den Nährstoffbedarf betrifft, und überwiegend robust gegenüber Schaderregern. Im Erwerbsanbau sollte aber auf Pilze wie Peronospora (Falscher Mehltau) oder Sclerotinia (Weißstängeligkeit) und Schädlinge wie Schnecken, Rapsglanzkäfer und Rübsenblattwespe geachtet werden. Ebenso auf Kohlhernie, wenn er als Mitglied der Pflanzenfamilie der Kreuzblütler in einem zeitlichen Abstand von weniger als vier Jahren zu anderen Familienmitgliedern wie Kohl, Rettich oder Radieschen angebaut wird.

Senf trägt selbst zu einer biologischen Bekämpfung von Rübenzystennematoden bei, die zu den wichtigsten Schädlingen im Zuckerrübenanbau zählen. Die Pflanze provoziert mit Lockstoffen den Schlupf der Nematodenlarven im Boden. Die Wurzeln resistenter Sorten bieten den Nematoden aber im Gegensatz zu Zuckerrüben keine Nahrung. Auf diesem Weg lässt sich durch den Anbau von Senf vor Zuckerrüben die Schaderregerpopulation deutlich verringern.

Ernte und Lagerung

Nach etwa vier Monaten Wachstumszeit sterben Blätter und Stängel ab. Die Schoten sind zur Reife gelbbraun. Beim Schütteln rasseln die knapp erbsengroßen Samenkörner in der Schote. Wartet man zu lange mit der Ernte, platzen die Schoten verbreitet auf. Im Erwerbsanbau erstreckt sich der Erntezeitraum je nach Saattermin und Witterung von August bis September. Landwirte nutzen dafür Mähdrescher. Trockene Samen lassen sich unter kühlen und trockenen Bedingungen über mehrere Jahre lagern. Selbst hergestellter Senf hält sich im Kühlschrank einen bis zwei Monate.

Zahlen

Laut Statistischem Bundesamt wurden 2022 in Deutschland rund 11 000 Hektar Senf, Mohn und Ölrettich zur Körnergewinnung angebaut. Die Erträge schwanken zwischen 1 und 2,5 Tonnen pro Hektar (Quellen: Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, landschafftleben.at, MDR). 2021 wurden in Deutschland 84 607 Tonnen Senf hergestellt (Quelle: statista.com). Vor dem Ukraine-Krieg stammte ein Großteil der erforderlichen Importe aus Russland und der Ukraine, Kanada liefert seitdem mehr Senfsaat. Der Pro-Kopf-Konsum an Speisesenf in Deutschland sank von 1,18 Kilogramm im Jahr 2010 auf 805 Gramm 2020 (Quelle: Kulinaria).

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