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Erntereife Baumwolle. Die sichtbaren weißen Fasern sind die feinen Haare der schwarzen Samenkörner. Foto: iStock
08.08.2023
Schule & Wissen

Baumwolle: jetzt auf Platz zwei der Textilfasern

Griechenland weltweit neuntgrößter Produzent

Kleidung aus Baumwolle ist hautfreundlich, leicht, robust und luftdurchlässig. Kein Wunder, dass die Faserpflanze über einige Jahrhunderte der wichtigste Rohstoff für die Textil-Industrie war. Die Faserqualität hängt wesentlich vom richtigen Erntezeitpunkt ab. Baumwollkapselwurm und Baumwollkapselkäfer können ganze Ernten vernichten.

Wissenswert

Kleidung aus Baumwolle ist für uns eine Selbstverständlichkeit; sie war bis ins 17. Jahrhundert hinein aber ein Luxusgut. Erst mit dem intensiveren Handel wurde sie erschwinglicher. Das wurde nicht von allen gerne gesehen. So unterdrückte eine starke Lobby aus Wollproduzenten und Schafhaltern in England zeitweise die Einfuhr von Baumwolltuche aus britischen Kolonien. Nach und nach expandierte der Anbau. So auch ab Ende des 18. Jahrhunderts im sogenannten Cotton Belt der USA. Hunderttausende zuvor aus Afrika verschleppte Sklaven dienten als billige Arbeitskräfte. Leistungsfähige Spinn- und Entkörnungsmaschinen trugen dazu bei, dass sich Baumwolle gegenüber Schafwolle, Leinen und Hanf durchsetzen konnte.

Aus Baumwollfasern werden vor allem Bekleidung, aber auch Bettwäsche, Verbandsmaterial, Reinigungstextilien, Watte sowie Segeltuch und Taue hergestellt. Bekleidung aus Baumwolle hat viele Stärken: Sie kratzt nicht auf der Haut, sie ist leicht, robust, reißfest, saugfähig, gut anfärbbar und luftdurchlässig. Allerdings trocknet sie langsamer als Viskose, das sind Kunstfasern aus Zellulose, nimmt leicht Schmutz auf und ist weniger dehnfähig als Elasthan, einer aus Erdöl hergestellten Kunstfaser. Seit Anfang der 2000er Jahre hat Baumwolle ihren Spitzenplatz an Kunstfasern verloren. Im Textilbereich sind Mischgewebe üblich, um für das jeweilige Kleidungsstück den optimalen Tragekomfort und Pflegeeigenschaften zu erzielen.

Die Fasern der Baumwolle wachsen nicht an Bäumen, sondern an Sträuchern. Aus deren Blüten entstehen nach der Befruchtung Kapseln mit kleinen schwarzen Samen, die bis zu 4 Zentimeter lange, feine Haare aufweisen. Reife Kapseln reißen auf. Die leichten, wie Wattebäusche aussehenden Büschel aus Samen und Haaren werden über den Wind verbreitet.

Die Haar- beziehungsweise Faserlänge ist qualitätsbestimmend. Je länger sie ist, desto hochwertiger ist der Rohstoff. Doch auch die Samen lassen sich als Nebenprodukt verwerten. Aus ihnen wird Öl gepresst, das raffiniert als Speiseöl Margarinen beigemischt, als Brennstoff oder für kosmetische Produkte verwendet wird. Der eiweißreiche Presskuchen dient als Futter für Wiederkäuer.

Herkunft und Ansprüche

Die Baumwolle ist eine sehr alte Kulturpflanze. 8000 Jahre alte Funde belegen die frühe Nutzung der Baumwollfasern und -samen in Indien und Pakistan. Weitere Ursprungszentren liegen im südlichen Afrika und in Peru. Von dort dehnte sich der Anbau allmählich über viele tropische und subtropische Länder aus. Die wärmeliebende Pflanze ist frostempfindlich. Sie kommt grundsätzlich mit trockenem Klima zurecht, benötigt aber in der Jugendentwicklung ausreichend Wasser. Tiefgründiger Boden begünstigt die die Ausbildung der Pfahlwurzel.

Anbau

Zur Fasergewinnung dienen Sorten der Arten Gossypium hirsutum und Gossypium vitifolium. Sie sind mehrjährig, werden aber nur einjährig kultiviert, weil in den Folgejahren der Ertrag abfallen würde. Auf der Nordhalbkugel beginnt die Aussaat im Frühjahr. Die Saattiefe liegt bei 4 bis 5 Zentimetern, der Reihenabstand bei 90 Zentimetern. Bis zur Ernte vergehen fünf bis sechs Monate. Knapp die Hälfte der weltweiten Anbaufläche wird künstlich bewässert. In niederschlagsarmen Gebieten ist der Wasserverbrauch bei einem Bedarf von rund 750 Litern pro Quadratmeter (Quelle: Leibniz Institut für Agrartechnik und Bioökonomie) daher sehr groß. Der expandierende Baumwollanbau in der früheren Sowjetunion hat wesentlich dazu beigetragen, dass der Aralsee, zuvor flächenmäßig etwa so groß wie Bayern, mittlerweile auf ein Zehntel der ursprünglichen Größe (Quelle: statista.com) geschrumpft ist.

Pflanzenschutz und Düngung

Zwei bedeutende Schädlinge sind der Baumwollkapselwurm und der Baumwollkapselkäfer. Sie können bei massenhaftem Auftreten ganze Ernten vernichten, wenn sie nicht rechtzeitig bekämpft werden. Eine Möglichkeit besteht mit gentechnisch verändertem Saatgut, dessen Bacillus thuringiensis-Gen ein entsprechendes Toxin erzeugt. Die Raupen des Baumwollkapselwurms sind nicht auf Baumwolle angewiesen. Sie verursachen mittlerweile auch in Mitteleuropa Schäden an Tomaten, Mais oder Rosen. Um gute Erträge zu erzielen, muss das Unkraut bekämpft werden, weil es mit der Kulturpflanze um Wasser und Nährstoffe konkurriert.

Ernte und Lagerung

Die Bestimmung des richtigen Erntezeitpunkts ist besonders in Jahren mit einer langen Blütezeit schwierig. Denn dann reifen die Pflanzen unterschiedlich schnell ab. Bei einer maschinellen Einmalernte gibt es daher Qualitätseinbußen. In Ländern mit vielen sehr billigen Arbeitskräften sind mehrere Pflückdurchgänge üblich, um ausschließlich reife Baumwolle zu gewinnen. Nach der Ernte werden die Samen mit Entkörnungsmaschinen von den Fasern getrennt.

Zahlen

Die weltgrößten Faserproduzenten waren 2020 Indien, China und die USA mit 6,0, 4,9 und 4,3 Millionen Tonnen. An 9. Stelle stand Griechenland mit 0,4 Millionen Tonnen. Bei der Samenproduktion lag Indien vor China und Brasilien (11,6 beziehungsweise 9,9 und 4,5 Millionen Tonnen; Zahlen: FAO). Die Durchschnittserträge schwanken stark, in Kenia liegen sie bei 100, in Australien bei 2000 Kilogramm pro Hektar (Zahlen: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung).

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