Besonders kräftige Pflanzen können bei dichter Aussaat ihre Nachbarn im Wachstum behindern und damit den Flächenertrag senken. Teamplayer sind gefragt! Aber wodurch zeichnen sie sich aus? Eine Studie hat nach Antworten für Weizen gesucht.
Züchtung auf Gemeinschaftssinn
Das von Charles Darwin „Survival of the fittest“, also das Überleben des Best-Angepassten getaufte Prinzip, gilt als eines der wesentlichen Muster der Evolution. Auch Pflanzen folgen ihm: Individuen, die sich besonders viele Ressourcen sichern können, haben meist einen größeren Fortpflanzungserfolg als jene, die mit weniger Licht, Wasser oder Nährstoffen auskommen müssen.
Doch was in der freien Natur gilt, lässt sich nicht vollständig auf den Acker übertragen. Hier gelten unter Umständen andere Regeln: „Rücksichtslose“ Einzelkämpfer sind nicht unbedingt die beste Wahl für einen optimalen Flächenertrag. Aber welche Merkmale tragen nur zur individuellen Fitness einer Pflanze bei und von welchen profitiert eher die gesamte Kulturpflanzengemeinschaft? Dieser Frage sind Forschende des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben (IPK) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg nachgegangen.
Dabei haben sie sich auf den Faktor Licht konzentriert, denn enge Saatabstände bewirken, dass um diese Ressource stark gekämpft wird. Für ihre Studie verglichen sie einen Durumweizen sowie Wilden Emmerweizen und daraus gezüchtete Kreuzungen mit Zuchtsorten miteinander; jeweils unter normalen und eingeschränkten Lichtverhältnissen.
Züchtung kann Fairplay stärken
Die Wissenschaftler wussten schon vor Beginn der Studie, dass es zwischen individueller Fitness und bestem Nutzen für die Gemeinschaft Zielkonflikte geben muss. Schon bisher hat die Züchtung einen Idealtyp einer „gemeinschaftsverträglichen“ Getreidepflanze unwissentlich favorisiert, indem auf hohe Flächenerträge bei dichter Aussaat selektiert wurde. Dabei trat als Zielkonflikt eine geringere Wuchshöhe auf, der daraus folgende Ertragsverlust wurde durch weitere Selektion auf hohen Flächenertrag wieder „weggezüchtet“.
In ihren Anbauversuchen fanden die Wissenschaftler nun sogenannte „egoistische“ Fitnessmerkmale – wie die Biomasse der Ähre des Haupthalms und die Anzahl der Bestockungstriebe während des Stängelwachstums – die auch unter Lichtmangel auf eine hohe individuelle Fitness hindeuten. Diese Merkmale steigern allerdings die Verschattung für benachbarte Pflanzen und beeinflussen die Gemeinschaft somit negativ.
„Kooperative“ Merkmale sind ihnen zufolge eine geringere Sprosslänge und das größere Verhältnis der Länge des Haupthalms zu seinem Gewicht - möglicherweise, weil dadurch weniger Ressourcen in kompetitive Strukturen wie Blätter und Stängel fließen. Als Schlussfolgerung aus den Untersuchungen schlagen sie vor, einzelne Pflanzen unter Verschattung zu untersuchen, um die genetische Basis von „egoistischen“ und „kooperativen“ Merkmale zu identifizieren. Gerade bei der Weizenzüchtung nehmen Züchter oft eine frühe Selektion in den Generationen F2 bis F4 vor. Hier könnte eine künstliche Verschattung dabei helfen, Pflanzen zu identifizieren, die im dichten Feldanbau aufgrund kooperativer Merkmale tatsächlich den höchsten Ertrag erzielen.
Quelle: pflanzenforschung.de
Weitere Beiträge
Hier finden Sie weitere interessante Inhalte.