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Süßkartoffeln sind weltweit "natürlich genmanipuliert". Foto: Uni Gent
08.03.2016
Forschung & Technik

Süßkartoffeln – „natürlich genmanipuliert“

Transgen ohne menschlichen Einfluss

Das Genom der Süßkartoffel enthält DNA mit exprimierten Genen aus Agrobakterien – und ist damit eine genetisch modifizierte Kulturpflanze, obwohl der Mensch niemals seine Hände im Spiel hatte. Ein Forscherteam aus Belgien publizierte jüngst diese Entdeckung einer „natürlich genmanipulierten Pflanze“. Die Entdeckung könnte das Paradigma der „Unnatürlichkeit von transgenen Kulturen“ verändern und die Sichtweise auf GVO-Pflanzen revolutionieren, so die Forscher.

Erbgutmanipulation ist keine Erfindung moderner Gentechnik, sondern kommt schon seit langer Zeit in der Natur vor. Nun fand ein Forscherteam der belgischen Universität Gent heraus, dass auch eine bei uns beliebte Nahrungspflanze „natürlich transgen“ ist. Das Forscherteam untersuchte insgesamt 291 Proben von kultivierten Süßkartoffeln (Ipomoea batatas) und alle enthielten eine oder mehrere Transfer-DNA-(T-DNA) Sequenzen. Die Wissenschaftler folgerten daraus, dass im Laufe der Evolution eine Infektion mit Agrobakterien stattgefunden hat. Bakterielle DNA ist offenbar in den Genomen aller Süßkartoffel-Kulturarten vorhanden, nicht aber bei den eng verwandten Wildformen, was darauf schließen lässt, dass die T-DNA ein Merkmal brachte, dass in der Domestikation wichtig war. Die fremden, durch die Bakterien eingeschleusten Gene brachten den „befallenen“ Kartoffeln offenbar einen evolutionären Vorteil, so der Schluss der Forscher. Vermutlich wurden diese Kartoffeln dann von den Menschen beim Anbau bevorzugt.

Wie kam es zu dieser Entwicklung? Agrobacterium rhizogenes und Agrobacterium tumefaciens sind pflanzenpathogene Bakterien. Sie übertragen DNA-Fragmente (Transfer-DNA oder T-DNA) mit funktionellen Genen in das Wirtspflanzengenom. Am Befallsort bekommen die Wirtspflanzen eine Wucherung, die Substanzen produziert, von denen sich die Bakterien wiederum ernähren. Diesen natürlich vorkommenden Mechanismus machen sich auch Pflanzenbiotechnologen zu Nutze, um gentechnisch veränderte Pflanzen zu entwickeln.

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