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Die Süßkartoffel ist in den westlichen Ländern inzwischen ein "schickes" Gemüse. Foto: agrar-press
03.03.2016
Umwelt & Verbraucher

Die Süßkartoffel: Wunderwaffe gegen den Hunger

Bataten, ein wichtiges Grundnahrungsmittel für die Armen, findet immer mehr Anhänger in der gehobenen Küche

Die Süßkartoffel (Ipomoea batatas), auch bekannt unter den Namen Batate, Weiße Kartoffel oder Knollenwinde, ist für viele Menschen ein Hauptnahrungsmittel. Da sie aber am besten in tropischen oder zumindest klimatisch sehr gemäßigten Regionen heranwächst, hörte man in unseren Breitengraden lange nichts von diesem gesunden Gemüse. Das hat sich inzwischen geändert – kaum ein Feinschmecker-Restaurant, das die nahrhafte Knolle heute nicht auf der Speisekarte hat. Ob es sich dabei nur um einen Trend handelt oder ob die Süßkartoffel langfristig bei uns Fuß fassen wird, bleibt abzuwarten.

Die Batate wurde schon in vorkolumbianischer Zeit von Peru aus von Seefahrern auf den pazifischen Inseln verbreitet. Freigelassene afrikanische Sklaven brachten die Süßkartoffel von Amerika nach Afrika. Heute wird sie in fast allen wärmeren Ländern der Tropen, Subtropen und gemäßigten Zonen der Erde angebaut. In Neuseeland und den anderen pazifischen Inseln sowie in Peru ist die Süßkartoffel als Kumara bekannt. Die Mãori hatten sie bei der Besiedlung Neuseelands im Gepäck. Mit „unserer“ Kartoffel ist sie aber trotz aller Ähnlichkeiten im Aussehen bezüglich der Verwendungsmöglichkeiten und ihrer Herkunft botanisch noch nicht einmal verwandt.

Bataten machen satt

Dank ihrer natürlichen Wachstumsbedingungen hat die Batate in asiatischen und afrikanischen Ländern eine bedeutende Rolle als Sattmacher eingenommen. Nach Kartoffeln und Maniok ist die Süßkartoffel bei Spross- und Wurzelknollen das drittwichtigste Grundnahrungsmittel der Erde. Weltweit wurden im Jahr 2013 über 100 Millionen Tonnen der vitaminreichen und stärkehaltigen Frucht geerntet. Optimale Wachstumsbedingungen herrschen bei einer Temperatur von 24 °C oder darüber, bei Temperaturen unter 10 °C ist das Wachstum stark eingeschränkt, bei Frost sterben die Pflanzen ab. Die Pflanzen gedeihen am besten auf Erdhügeln oder in Erdwällen. Der Boden speichert so besser das knappe Wasser und erwärmt sich schneller. In vielen Regionen sind solche Erdwälle auch das einzige Mittel, Erosionen auf den Feldern vorzubeugen. Nicht nur im Anbau und im Namen, auch in der Verwertung besitzen die Süßkartoffeln große Ähnlichkeit mit unserer Kartoffel. Sie lassen sich kochen oder zu Mehl, Stärke und alkoholischen Getränken verarbeiten. China produziert aus den Bataten Bioethanol. Selbst die Blätter finden, als Gemüse zubereitet und mit Spinat vergleichbar, den Weg auf die Teller der afrikanischen Bevölkerung. Knollen und Blätter dienen zudem als Futtermittel.

Züchtungsfortschritte

Die Pflanzenzüchtung arbeitet daran, die guten Eigenschaften der Knolle ständig zu verbessern. So ist es beispielsweise gelungen, eine orangefarbene Süßkartoffel mit erhöhtem Vitamin A-Gehalt zu entwickeln. Die Unterversorgung mit Vitamin A ist in armen Ländern ein großes Gesundheitsproblem. In Uganda leiden 28 Prozent der Kinder und 23 Prozent der Frauen an Vitamin A-Mangel. Traditionsgemäß werden dort weiße oder gelbe Süßkartoffeln angebaut. Den Landwirten dort und in Mozambique hat man Pflanzgut der gehaltvolleren Variante für den Anbau zur Verfügung gestellt. In beiden Ländern konnte die Mangelernährung dadurch gesenkt werden. Darüber hinaus besitzt die Knolle insgesamt einen hohen Nährwert. Im Vergleich zur Speisekartoffel ist sie reich an Ballaststoffen, β-Carotin, den Vitaminen E und C sowie an Eisen.

Krankheiten und Schädlinge

Gefahr droht dem Allround-Gemüse von Pilzen und Schädlingen, die an der Batate großen Gefallen finden. Die Stängelfäule beispielsweise oder andere Pilzinfektionen sind in der Lage, ganze Ernten zu vernichten. Betroffen sind Süßkartoffeln auf dem Feld während ihres Wachstums genauso wie gelagerte Knollen. Vor allem in trockeneren Regionen Südamerikas, der Karibik und im pazifischen Raum bevorzugen Insekten und deren Larven die Süßkartoffeln, um sich zu ernähren und zu vermehren. Die Knolle wehrt sich gegen diese Fraßfeinde, indem sie giftige Stoffe produziert. Für den Menschen wird sie dadurch ungenießbar. Die gefährlichsten Schädlinge sind die sogenannten Fadenwürmer (Nematoden). Auch gegen Virusbefall ist nahezu kein Kraut gewachsen.

Auf den Tellern der Welt zu Hause

Die rotfleischigen Knollen sind sowohl hinsichtlich der Kocheigenschaften als auch ihres Aromas am besten. Sie zeichnen sich durch einen süßlichen, nussigen Geschmack aus, der unter anderem auf den relativ hohen Zuckeranteil zurückzuführen ist. Die Knollen werden ähnlich wie Kartoffeln in gewaschenem und gegebenenfalls geschältem Zustand gekocht, gebacken, frittiert, überbacken oder gebraten. Die ungeschälte Zubereitung im Mikrowellenherd ist ebenso möglich. Der Geschmack bleibt dabei gut erhalten. Gebackene Süßkartoffeln gehören zum traditionellen Truthahn-Menü, das in den USA zu Thanksgiving gegessen wird. In der asiatischen, vor allem in der koreanischen Küche, sind Süßkartoffeln ebenso zu Hause. Aus ihnen werden Glasnudeln hergestellt, ein wichtiger Bestandteil des sehr beliebten Japchae. In Japan finden Süßkartoffeln vor allem für Süßspeisen wie den Yokan Verwendung. Wer mag, kann Süßkartoffeln auch im rohen Zustand verzehren. Man sollte dann aber darauf achten, eine blausäurearme Sorte vor sich zu haben. Ein typisches alkoholisches Getränk aus Süßkartoffeln ist Imojochu in Japan bzw. Soju in Korea.

Bataten aus Balkonien

Mittlerweile bieten viele Online-Portale oder Versandgärtnereien Süßkartoffeln an. Man sollte die Pflanzen jedoch erst nach den Eisheiligen pflanzen. Ein sonniger bis halbschattiger, nicht allzu feuchter Platz ist optimal und sorgt für bestes Wachstum. Spätestens Ende Oktober ist es auch schon wieder vorbei mit der leckeren Süßkartoffel, denn Frost bekommt ihr gar nicht. Die durch die Temperaturen vorgegebene kurze Wachstumsphase nutzt man besser, indem man auf vorgezogene Pflanzen zurückgreift. Die Aufzucht und Vermehrung ist einfach und unkompliziert. Bei optimalen Bedingungen (12 - 14 °C) lassen sich Süßkartoffeln einige Wochen lagern.

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