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Imposante Erscheinung: Der Käfer wird bis zu 35 Millimeter groß, die Antennen können bei Männchen die 2,5 fache, bei Weibchen die 1,3 fache Körperlänge erreichen. Quelle: JKI
25.03.2010
Umwelt & Verbraucher

Jagd auf den Zitrusbockkäfer

Eine Ausbreitung des Quarantäneschädlings muss verhindert werden. Hinweise aus der Bevölkerung sind wichtig.

Im niederländischen Boskoop hat der Zitrusbockkäfer Anfang des Jahres den wichtigsten Wirtschaftszweig lahmgelegt: Rund 500 Baumschulbetriebe durften ihre Pflanzen nicht mehr verkaufen. Der Pflanzenschutzdienst hatte Ausfluglöcher sowie zwei lebende Larven des Quarantäneschädlings in zwei Ahornbäumen und einer Hainbuche entdeckt. Mittlerweile hat der niederländische Pflanzenschutzdienst Entwarnung für Boskoop gegeben, weil er auf keine weiteren Käfer gestoßen ist. Die Jagd nach dem Zitrusbockkäfer ist jedoch nicht beendet, denn noch weiß niemand, wie viele Käfer aus importierten Zierpflanzen ins Freie gelangt sind.

„Die EU schreibt bei solchen Funden strenge Bekämpfungsmaßnahmen vor“ erklärt Dr. Thomas Schröder, Experte für Schadorganismen im Forst beim Julius Kühn-Institut in Braunschweig, „Das ist notwendig, weil dem Schädling nur schwer beizukommen ist und weil er viele heimische Baumarten befällt“. Im Umkreis von 100 Metern um die Fundstelle mussten die Kontrolleure in den Niederlanden alle Wirtspflanzen zerstören. Außerdem müssen alle Baumschul- und Gärtnereibetriebe im Umkreis von zwei Kilometern, der so genannten Pufferzone, den Verkauf einstellen bis geklärt ist, dass ihre Pflanzen käferfrei sind.

Unsichtbarer Schädling

Die Kontrollen der Baumschulen in Boskoop seien sehr mühsam gewesen, berichtet Schröder. Die Kontrolleure mussten bei vielen Bäumen den Bewuchs an den Baumwurzeln entfernen, weil sich die verräterischen Ausfluglöcher und andere Symptome des Zitrusbockkäfers meistens an der Stammbasis befinden. Diese kreisrunden Bohrlöcher sind der Beweis, dass sich in dem Baum bereits Nachwuchs des Quarantäneschädlings entwickeln konnte.

Zwei Jahre Entwicklungszeit

Die ausgewachsenen weiblichen Käfer legen ihre reiskorngroßen Eier unter die Rinde gesunder Bäume. Die Larven können sich in über 100 verschiedenen Baumarten, darunter vielen hier heimischen, prächtig entwickeln. Aus den Eiern schlüpfen Larven, die sich zunächst zwischen Rinde und Holzkörper vom dortigen Gewebe ernähren. Sie wachsen schnell und beginnen dann, sich in tiefere Holzschichten hineinzubohren. Da sie den Saftstrom des Baumes nicht – wie Borkenkäfer – zerstören, nimmt der Baum in der zweijährigen Entwicklungszeit des Käfers keinen sichtbaren Schaden. Nach zwei Jahren frisst der Käfer ein kreisrundes Ausflugloch durch das Holz und verlässt den Baum zum Hochzeitsflug. Über dieses Loch dringen Fäulnispilze in den Stamm ein und zerstören den Baum.

Der Zitrusbockäfer ist auch in Deutschland entdeckt

Die Experten gehen davon aus, dass die meisten Zitrusbockkäfer mit Lieferungen von Fächerahorn (Acer palmatu) aus China nach Europa eingeschleppt wurden. Diese Pflanzen gelangten sehr preisgünstig und in riesigen Mengen über Baumärkte und den Lebensmitteleinzelhandel in die hiesigen Wohnzimmer und Gärten. „Der Fund in Boskoop war so spektakulär, weil dort besonders viele Baumschulen vom Handelsverbot und von den Kontrollen betroffen waren“, erklärt Dr. Reiner Schrage vom Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen in Bonn-Roleber. In Deutschland waren bislang noch nicht so viele Betriebe von den Schutzmaßnahmen betroffen. Vor zwei Jahren spürte der Pflanzenschutzdienst in Nordrhein-Westfalen die bislang größte Lieferung verseuchter Pflanzen aus China auf: In einem Betrieb entdeckten die Kontrolleure bei mehr als zehn Prozent der Bäumchen Larven des Schädlings. Die Folge: 30 000 Bäumchen mussten beschlagnahmt und vernichtet werden.

Aufwändige Kontrollen

Bei den Kontrollen importierter Pflanzen bleibt den Kontrolleuren nichts anderes übrig, als einen Teil der Pflanzen mit Hydraulikscheren in maximal drei Zentimeter kleine Stücke zu zerlegen. „Das Holz muss so klein zerschnitten werden, damit wir keine Larven übersehen“, erklärt Schrage, „Bei einem 30 Zentimeter großen Fächerahorn sind das mindestens zehn Schnitte durch das Stämmchen.“ Werden die typischen Ausfluglöcher des Zitrusbockkäfers im Außenbereich der Betriebe gefunden, müssen die Pflanzenschutzdienste alle Gartenbaubetriebe und Baumschulen im Umkreis von zwei Kilometern kontrollieren.

Schädlinge nicht aussetzen!

Bislang kamen die meisten Hinweise auf Eindringlinge aus der Bevölkerung. Aufmerksame Bürger bemerkten entweder die kreisrunden Löcher in den Stämmen oder die auffälligen Käfer auf den Pflanzen. „Wir sind natürlich froh, wenn sich die Bürger an uns wenden“, sagt Schrage. Leider wüssten manche Bürger nicht, wie gefährlich ein Quarantäneschädling für die hiesige Natur sein kann. „Die Vorstellung, dass die Natur alles von allein regelt, trifft leider beim Zitrusbockkäfer nicht zu.“ Seine Bitte an alle Finder: „Fangen Sie das Insekt ein, zum Beispiel in ein leeres Marmeladenglas, und bringen Sie es zum Pflanzenschutzdienst. Bitte setzen Sie das Insekt nicht aus – es schadet der Natur. Bei Fragen wenden Sie sich an Ihr zuständiges Pflanzenschutzamt.“ Die Adressen finden Sie hier.