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Feuchtwiese mit blühenden Herbstzeitlosen. Quelle: Klaus Bogan
28.08.2007
Umwelt & Verbraucher

Gefährliche Schönheit: Die Herbstzeitlose - Portrait eines Wiesenunkrauts

Wenn die Blüten der Herbstzeitlosen schon in der ersten Augusthälfte erscheinen, steht ein strenger Winter bevor, weiß der Volksmund.

Im Spätsommer entfaltet das giftige Wiesenunkraut seine blasslila bis rosa Blüten. Vergiftungen durch das Alkaloid Colchicin treten vor allem im Frühjahr auf, wenn Weidetiere die Blätter und Fruchtkapseln der Herbstzeitlosen fressen. Jungvieh ist dabei stärker gefährdet als ältere Tiere, die die frischen Pflanzen im Allgemeinen meiden. Nur Schafe und Ziegen scheinen die Blätter ohne Reue genießen zu können. Allerdings geht das Colchicin in die Milch über. Da die giftigen Eigenschaften beim Trocknen der Pflanze nicht verschwinden, können sie auch durch die Heufütterung beim Vieh Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Selbst Kinder sind gefährdet, wenn sie im Frühjahr mit den ausgereiften, braunen Fruchtkapseln der Pflanze spielen, in denen die kugeligen Samen so schön klappern.

Wenn sich die meisten Blüten auf den Wiesen verabschiedet haben, tauchen vor allem auf feuchten Standorten die Blüten der Herbstzeitlosen wie aus dem Nichts auf. Einzeln oder in kleinen Gruppen blühen sie von August bis Oktober. Ihre Kraft holen sie sich aus einer Knolle. Die Blüte erinnert zwar an die des früh im Jahr blühenden Krokus, verwandt sind die beiden Pflanzenarten jedoch nicht*. Die Herbstzeitlose kommt mit ihrer Blüte auf einer langen Röhre recht elegant daher. Diese Röhre entsteht aus den Blättern der Blütenhülle, die im unteren Teil verwachsen. Nach der Blütezeit zieht sich die Herbstzeitlose mindestens zehn Zentimeter tief in die Erde zurück, wo die Samenanlagen wie auch die Knollen vor dem Frost geschützt sind.

Die Blätter folgen im Frühjahr

Erst Im Frühjahr erscheinen die 30 Zentimeter langen, lanzettförmigen Blätter, meist zu dritt, mit den Fruchtkapseln. Der sehr verkürzte unterirdische Stängel schiebt sie über den Erdboden. Später schwillt er immer weiter an und bildet eine neue Knolle, die im Herbst die Blüte treibt. Die dreifächerigen Fruchtkapseln öffnen sich, wenn sie reif sind. Heraus fallen die braunen Samen. Mit einem weißen Anhang, der bei Befeuchtung klebrig wird, heften sie sich an die Hufe der Weidetiere, die sie weitertragen und so verbreiten. Es dauert vier Jahre bis sich aus dem Keim die erste Blüte entwickeln kann.

Gefährlich sind vor allem Blätter und Samen

Die Herbstzeitlose enthält in allen Pflanzenteilen das stark giftig wirkende Alkaloid Colchicin, das beim Menschen schon in geringen Mengen von 12 bis 20 Milligramm zum Tode führen kann. Gefahr droht vor allem von den Blättern und Samen. Es sind Fälle von Kräutersammlern aktenkundig, die die Blätter der Herbstzeitlosen für Bärlauchblätter gehalten haben. Ein tödlicher Irrtum: Sie starben nach dem Verzehr am Versagen mehrerer Organe. Bei Tieren führt das Colchicin unter anderem zu Blutharn und Atemlähmung. Pferde können an Koliken erkranken oder sogar sterben, wenn sie Heu fressen, in dem Stängel, Blätter und Kapseln mit Samen der Herbstzeitlose einen Anteil von 1,48 Prozent ausmachen. In der richtigen Dosis kann ein Gift aber auch Medizin sein: Colchicin findet in der Homöopathie Verwendung, in der Medizin wird es in der Akuttherapie gegen Gichtanfälle eingesetzt.

Bekämpfen

kann der Landwirt die Giftpflanze mit einer häufigeren Nutzung des Grünlands mit mehr Vieh sowie mit einer reichlichen Jauche- und Gülledüngung. Da die Herbstzeitlose sehr trittempfindlich ist, hilft es auch, mit einer schweren Walze über die befallenen Flächen zu fahren.

Die Heimat

der Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale) ist die weitere Umgebung des Mittelmeers. Von hier breitete sie sich zusammen mit den vom Menschen geschaffenen Kulturwiesen nach Norden aus. Das lateinische colchicum des Gattungsnamens bedeutet: von der Kolchis stammend, der lateinische Artname autumnale: herbstlich. Die Kolchis, in der griechischen Sage die Landschaft am Ostufer des Schwarzen Meeres, heißt heute Westgeorgien. Dort war die Heimat der zauberkundigen Tochter des Königs Aietes von Kolchis, Medea. Sie war eine der mächtigsten Zauberinnen und Giftmischerinnen der griechischen Mythologie. Ihr gelang es, durch ihren Zaubertrank einen alten Mann zu verjüngen. Dabei fielen einige Tropfen auf die Erde. Aus ihnen wuchs die Herbstzeitlose, heißt es.

* Der Krokus gehört zur Familie der Schwertlilien, die Herbstzeitlose zur Familie der Lilien. Die Familien unterscheiden sich allerdings nur in der Anordnung des Fruchtknotens und der Staubblätter.