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Der Eichenprachtkäfer entwickelt sich besonders gut in geschwächten Bäumen Quelle: Dr. M. Niesar
12.03.2009
Umwelt & Verbraucher

Buche und Fichte erholen sich, die Eichen stehen unter Stress

Von Waldsterben keine Rede - Waldzustandsbericht zeigt unterschiedliche Entwicklungen

Die deutschen Wälder haben sich in den vergangenen zwei Jahren erholt. Weniger Hitze und mehr Regen im Sommer stärkten Laub- und Nadelbäume. Auch der befürchtete großflächige Ansturm der Borkenkäfer blieb aus. Jetzt schwächelt ausgerechnet die deutsche Eiche. Bei der so genannten Eichenkomplexkrankheit spielen Schadinsekten eine wichtige Rolle.

Lichte Kronen sind für die Forstexperten ein Anzeichen für kranke und schwache Bäume. Bei Buche und Fichte ging der Anteil in den letzten Jahren zurück, nur bei den Eichen nahm er zu. Diesen bescherte der feuchte Sommer 2008 sogar ein weiteres Problem: den Eichenmehltau. Dieser Schadpilz dringt in junge Blätter ein, die noch wenig Widerstandskraft haben und überzieht sie mit dem typischen mehlig-weißen Belag. Die Blätter können nicht mehr assimilieren und verkümmern.

Mehltau profitierte vom nassen Sommer

„Die Keimbedingungen für den Eichenmehltau waren im Sommer 2008 ideal“, sagt Dr. Mathias Niesar, vom Landesbetrieb Wald und Forst in Nordrhein-Westfalen. Die Blätter des Johannistriebs im Juni hatten keinen Schutzmechanismus, um sich gegen den Pilz zur Wehr zu setzen. Der Eichenmehltau (Microsphaera alphitoides) sei allerdings nur einer von vielen Faktoren, die den Eichen zusetzten: Stürme rütteln an den Bäumen und schädigen so das Wurzelwerk. Saure Böden, Nährstoffmangel und Schadpilze schwächen und schädigen sie. Zusätzlich spielen Insekten Schlüsselrollen als Auslöser und beim Verlauf der Erkrankung.

Gefahr durch die Eichenfraßgesellschaft

Rund 190 verschiedene blattfressende Insekten bilden die so genannte Fraßgesellschaft bei Eichen. Eichenwickler (Tortrix viridana) und Kleiner Frostspanner (Operophthera brumata) sind die bedeutendsten. „2008 gab es zwar nur wenig Kahlfraß“, sagt Niesar, „aber bei stark geschwächten Bäumen ist schon der Verlust eines Teils der Blätter problematisch.“ Die Schmetterlingsraupen bereiten darüber hinaus einem weiteren Schädling ideale Entwicklungsmöglichkeiten: dem Eichenprachtkäfer.

Prachtkäfer liebt lichte Kronen

Insgesamt gibt es 23 Prachtkäferarten in Europa, die Eichen befallen. An Stil- und Traubeneiche ist der Zweipunktige Eichenprachtkäfer (Agrillus biguttatus) am häufigsten anzutreffen. Ähnlich wie bei den Borkenkäfern entwickeln sich seine Larven unter der Rinde. Je nach Befall wird dadurch der Saftstrom der Eichen gestört oder unterbrochen. Typische Befallssymptome sind absterbende Äste und Kronenteile, Ausbohrlöcher der Käfer, Spechtabschläge und dunkler Schleimfluss an der Eichenrinde. Der Prachtkäfer liebt die Wärme und entwickelt sich besonders gut in geschwächten Bäumen, weil durch deren lichte Kronen viel Sonnenlicht auf die Rinde fällt. Er gilt daher als ein typischer Folgeschädling der Eichenfraßgesellschaft.

„Der Eichenprachtkäfer schwächt die Bäume auf zweierlei Weise“, erklärt Niesar, „Zum einen wird der Saftstrom der Bäume unterbrochen. Zum anderen bilden befallene Eichen Phenolglycoside, was den Baum viel Kraft kostet.“ Diese Substanzen gehören zu den Abwehrreaktionen der Eichen bei Stress. Sie schmälern aber die Energiereserven der Bäume, ohne gegen den Käfer zu helfen. Prachtkäfer können jüngere Bäume innerhalb eines Jahres zum Absterben bringen. Bei älteren Bäumen kann sich das Sterben über drei bis vier Jahre hinziehen. Forstexperten empfehlen, die vom Prachtkäfer befallenen Bäume zu schlagen und das Holz abzufahren.

Eichenprozessionsspinner breitet sich weiter aus

Auch der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea) breitet sich weiter aus. Er ist nicht nur für die Bäume, sondern auch für Spaziergänger und Forstpersonal eine Gefahr. Wenn er massenhaft auftritt, müssen ganze Waldgebiete gesperrt oder die Gespinste aufwändig entfernt werden.

Infokasten:

Deutschlandweit sind 49 Prozent aller Eichenkronen geschädigt. Laut Waldzustandserhebung 2007 ist der Anteil kranker Eichen in Berlin mit 69 Prozent, in Baden-Württemberg mit 68 Prozent und in Thüringen mit 60 Prozent am höchsten. In Nordrhein-Westfalen lag der Anteil 2007 bei 43 Prozent, allerdings nahm er 2008 um weitere acht Prozent zu.