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Frau Professor Dorothea Bartels, Botanisches Institut der Uni Bonn. Quelle: westpool
17.06.2008
Forschung & Technik

Züchtung für den Klimawandel

Trockenresistenz wird immer wichtiger

Wenn der Regen während der Wachstumsphase ausbleibt, fällt die Ernte deutlich kleiner aus. Wassermangel ist nicht nur ein Problem der ariden* Klimazonen: Auch in Mitteleuropa ist es zeitweise zu trocken. Deshalb wird es auch für die Landwirtschaft in den gemäßigten Breiten immer wichtiger, dass Nutzpflanzen die verfügbaren Wasserressourcen optimal nutzen. Der Schlüssel zur Trockenresistenz der Pflanzen liegt im Erbgut. Wissenschaftler haben mittlerweile Gene entdeckt, die Pflanzen widerstandsfähiger gegen „Trockenstress“ machen. Genetisch veränderte Nutzpflanzen mit „Dürre-Genen“ gibt es allerdings noch nicht. In der Pflanzenzüchtung setzt man nach wie vor auf die klassische Selektion und auf Hybridzüchtung.

„Dürre-Gene“ schützen vor dem Trockentod

Pflanzen sind unterschiedlich gut an Wassermangelsituationen angepasst. Ein Meister der Anpassung ist die Wiederauferstehungspflanze (Craterostigma plantagineum). In ihrer südafrikanischen Heimat übersteht sie Wochen und Monate der Dürre. Bleiben Niederschläge aus, verkümmert sie und liegt scheinbar vertrocknet am Boden. Regnet es, richtet sie sich wieder auf, wächst und gedeiht. Professor Dorothea Bartels vom Botanischen Institut der Universität Bonn hat das Erbgut der Wiederauferstehungspflanze untersucht. „Wir beobachten, welche Erbanlagen hauptsächlich bei Trockenheit aktiv sind. So können wir Rückschlüsse ziehen, welche molekularen Vorgänge die Pflanze gegen Wassermangel unempfindlich machen“, erklärt die Forscherin. Sie entdeckte ein „Dürre-Gen“, das bei Wassermangel besonders aktiv wird. Dabei handelt es sich um ein Gen, das den Bauplan für das Enzym Aldehyddehydrogenase ALDH enthält. Dieses Enzym baut Giftstoffe ab, die bei Trockenstress entstehen.

„Trockenresistenz ist ein sehr komplexer Vorgang“

Die Bonner Forscher übertrugen das „Dürre-Gen“ aus Craterostigma plantagineum auf die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana), eine beliebte Laborpflanze. Tatsächlich konnten die gentechnisch veränderten Pflanzen Trockenheit deutlich besser verkraften als die Wildform. Letztendlich bestimmt jedoch eine Vielzahl von Genen mit unterschiedlichen Wirkungen darüber, wie gut eine Pflanze Wassermangel verträgt. „Trockenresistenz ist ein sehr komplexer Vorgang“ resümiert Professor Bartels. So wissen die Forscher noch nicht, warum sich die Sorten innerhalb einer Pflanzenart so stark unterscheiden. „Möglicherweise wurde bei der Züchtung auf Ertrag unbewusst auf Kosten anderer Eigenschaften selektiert“, vermutet Professor Bartels, „dabei könnten Gene, die Schutzproteine bilden oder die Öffnung der Spaltöffnungen regulieren, zurückgedrängt worden sein“. Schutzproteine übernähmen bisher noch unbekannte biochemische Funktionen, so die Forscherin. Bekannt sei, dass sie hydrophil sind und Wasser ersetzen können. Zudem könnten sie freie Radikale binden, die bei Sonneneinstrahlung in den Pflanzenzellen entstehen.

Trockenheit meistern im Getreideanbau

Beim Getreideanbau ist Wassermangel insbesondere im Mai und Juni problematisch. In dieser Phase lagern die Getreidepflanzen Stärke in die Körner ein. Fehlt Wasser, bleiben die Körner klein. Groß fällt dagegen bei der Ernte der Anteil von so genanntem Kümmerkorn aus. In Gegenden, in denen der Frühsommer vergleichsweise trocken ist, haben sich Wintersorten und frühreife Sorten bewährt. Sie sind in ihrer Entwicklung dem Sommergetreide und späten Sorten voraus und verkraften deshalb einen trockenen Juni besser.

In der klassischen Getreidezüchtung ist Trockenresistenz mittlerweile eines der wichtigsten Zuchtziele. Im Vordergrund steht dabei die Hybridzüchtung. Hybridsorten entstehen durch die Kreuzung von zwei unterschiedlichen Zuchtlinien. Sie sind ihren Herkunftslinien deutlich überlegen, was auf den so genannten Heterosiseffekt** zurückzuführen ist. Heterosis bedeutet, diese Hybridsorten verfügen über einen besonders aktiven Stoffwechsel, sie wachsen schneller und entwickeln ein kräftigeres Wurzelwerk als ihre „Elternpflanzen“. Dies ermöglicht ihnen, knappe Wasserressourcen optimal zu nutzen. Da Hybridsorten ihre Eigenschaften nicht reinerbig weitergeben, eignen sich ihre Körner jedoch nicht als Saatgut.

Trockenresistenz – auch ein Thema im Weinbau

Auch im Weinbau spielt die Trockenresistenz eine wichtige Rolle. Fehlt den Reben Wasser, schränken sie die Fotosynthese ein. Das wirkt sich nachteilig auf den Zuckergehalt im Most aus, der ein wesentliches Qualitätsmerkmal darstellt. Auch Farbe und Aroma des Weins leiden, wenn es vor der Reifung der Trauben zu trocken ist. Das liegt daran, dass in dieser Phase Wasser durch die Beerenhaut verdunstet. Die Weinrebe schützt sich vor Wassermangel, indem sie die Transpiration über die Spaltöffnungen verringert. Aber auch hier gibt es große Sortenunterschiede: Während Riesling-Reben Trockenheit gut verkraften und auch knappe Wassermengen optimal nutzen, verträgt die Müller-Thurgau-Rebe einen Wassermangel schlecht. Bei dieser Rebsorte treten auch Hitzeschäden an den Beeren, wie das so genannte Sonnenbrand-Syndrom, häufiger auf.