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Die Reblaus hätte fast den Weinbau in Europa unmöglich gemacht. Die Weine Europas verdanken wir der gelungenen Veredelung der Reben durch Pfropfung mit reblaus-resistenten Unterlagen. Quelle: Bayer CropScience
04.02.2010
Umwelt & Verbraucher

Tierische Schaderreger im Weinberg - Herausforderung für Winzer 2009

Vom Nützling zum Schädling – fragwürdige Karrieren im Insektenreich

Der Jahrgang 2009 ist von hoher Qualität. Die Erntemenge dagegen sank im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent. Verursacht haben die Rückgänge vor allem pilzliche und tierische Schaderreger, die den Weinstöcken zunehmend zu schaffen machten. Hinzu kam, dass einige Nützlinge neuerdings als Schädlinge auffällig geworden sind.

Alte Bekannte und Nützlinge, die sich in Schädlinge verwandeln

Die Reblaus bevölkert wieder alle 13 Anbaugebiete. „Zwar sei durch die Pfropfung mit resistenten und toleranten Unterlagen die Reblaus im Griff“, so Dr. Rudolf Eibach vom Rebenzüchtungsinstitut Geilweilerhof, „aber die meisten Reben sind eben nur tolerant und nicht resistent.“ Wird es dauerhaft wärmer, begünstigt das die Ausbreitung der Laus auf nichtresistenten Unterlagen. Im Rheingau stieg die Durchschnittstemperatur seit 1988 um ein Grad, weiß Büscher vom DWI.

Der Gemeine Ohrwurm: vom Nütz- zum Schädling

Höhere Temperaturen und das Fehlen längerer Frostphasen machen aus dem Gemeinen Ohrwurm (Forficula auricularia) einen Schädling. Ursprünglich als Nützling im Weinberg eingesetzt, treibt er nun in der Pfalz als Allesfresser sein Unwesen, berichtet Dr. Karl-Josef Schirra vom Dienstleistungszentrum Rheinpfalz (DLR). Der Ohrwurm verschanzt sich im dichten Traubengerüst, frisst geplatzte Beeren aus und überträgt, Krankheitserreger, wie die schädlichen Sporen der Botrytis. Dabei hat er sich so stark vermehrt, dass der Ex-Nützling neuerdings bekämpft werden muss. Gegen ihn stehen zugelassene Insektizide zur Verfügung.

Eingewandert: der Asiatische Marienkäfer

Nicht so im Falle des Asiatischen Marienkäfers (Harmonia axyridis). Wie der Ohrwurm ursprünglich als Nützling gegen Blattläuse im Einsatz, mutierte der Käfer im Freiland zum Schädling. Er dringt in verletzte Trauben ein, verursacht geschmackliche Fehltöne in der Mostbereitung und breitet sich unkontrolliert aus. Dabei vertilgt er wahllos andere Insekten, auch einheimische Nützlinge, wie den Siebenpunkt-Marienkäfer (Coccinella septempunctata). Gegen den invasiven Käfer ist derzeit kein Pflanzenschutzmittel zugelassen. Die Winzer müssen ihn von Hand aus ihren Trauben lesen.

Die wärmeliebende Winden-Glasflügelzikade (Hyalesthes obsoletus) überrägt die Schwarzholzkrankheit (Bois noir), Tendenz steigend. Roland Ipach vom DLR sieht vor allem Mosel, Pfalz und Württemberg gefährdet. Die Zikade überträgt das zellwandlose Bakterium Phytoplasma und mit ihm die Schwarzholzkrankheit. Blatt- und Bodenbehandlungen mit Antibiotika sind wirkungslos. Die Zikade lebt versteckt im Wurzelwerk ihrer Wirtspflanzen, unerreichbar für Insektizide - Bekämpfung also zwecklos. Die Herausforderungen im Weinbau wachsen. „Hier ist die Flexibilität des Winzers gefordert“, sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut (DWI).