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Der Kiefernholznematode benötigt Bockkäfer der Gattung Monochamus als Vektoren, um neue Bäume zu besiedeln. Quelle: Schröder, JKI
07.01.2010
Umwelt & Verbraucher

Kiefernholznematoden: Blinde Passagiere im Holz

Fadenwürmer breiten sich über verseuchte Holzverpackungen aus.

Kisten, Paletten und andere hölzerne Verpackungsmaterialien stehen im Visier der Pflanzenschutzdienste. Strenge Kontrollen sollen die Einschleppung der Kiefernholznematoden verhindern, die zu den weltweit gefährlichsten Pflanzenschädlingen zählen. Der ursprünglich aus Nordamerika stammende Fadenwurm gelangte vor gut 100 Jahren nach Japan. Von dort eroberte er das asiatische Festland. Vor zehn Jahren erreichte er Portugal, wo er in kürzester Zeit ganze Kiefernwälder zum Absterben brachte. Die Sorge, dass sich der Schädling nach Deutschland ausbreiten könnte, ist groß.

„Sehr hohes Risiko“

„Ganz Portugal ist mittlerweile von Kiefernholznematoden befallen“, schildert Dr. Gerlinde Nachtigall vom Julius Kühn-Institut die Situation in Europa. „Das Risiko, dass der Schädling nach Deutschland eingeschleppt wird, ist sehr hoch“. Neben der Seestrandkiefer (Pinus pinaster), die in Portugal besonders häufig vorkommt, befällt der Schädling auch die Waldkiefer (Pinus sylvestris), die in Deutschland weit verbreitet ist und die Schwarzkiefer (Pinus nigra). Besonders gefürchtet ist der Fadenwurm in Wäldern mit hohem Kiefernanteil und in Regionen mit warmen Sommern. Wenn die Temperaturen im Juli und August den Tagesmittelwert von 20 Grad Celsius übersteigen, vermehren sich die Würmer so schnell, dass die Nadeln innerhalb weniger Wochen vergilben und die Bäume absterben.

Strenge Auflagen

Weltweit werden die Kiefernholznematoden als Quarantäneschädlinge eingestuft. Strenge Bestimmungen der Länder regeln die Kontrollen. Nach Portugal gelangte der Schädling Bursaphelenchus xylophilus vermutlich mit Verpackungsmaterialien aus Asien. Verpackungen aus Nadelholz aus den USA, Kanada, China, Korea, Taiwan und Japan dürfen nur in die EU eingeführt werden, wenn sie im Ursprungsland gemäß dem international anerkannten Standard ISPM Nr. 15 entrindet sowie mit Hitze oder mit dem Gas Methylbromid behandelt wurden. Auch für das Quarantänegebiet Portugal gelten strenge Auflagen: Koniferenholz darf nur dann die Grenzen passieren, wenn Nematoden und ihre Überträger, Bockkäfer der Gattung Monochamus, abgetötet sind. Betroffen sind alle Holzprodukte wie Verpackungsholz, Schnittholz, Rinde und Rundhölzer. Alle EU-Staaten müssen jährlich der Kommission einen Bericht zu den Überwachungs- und Bekämpfungsmaßnahmen der Kiefernholznematoden vorlegen; in Deutschland wird dieser vom Julius Kühn-Institut verfasst.

Nematodenbefall führt zum Vertrocknen des Baumes

Die Kiefernholznematoden sind winzige Fadenwürmer, nur einen Millimeter lang und mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen. Die Nematoden leben vor allem im Splintholz, das an die Wachstumsschicht des Baumes mit seinen Leitungsbahnen angrenzt. Wenn sich die Fadenwürmer stark vermehren, kommt es durch physiologische Prozesse im Baum zu einem Verschluss der Leitungsbahnen. Dadurch wird der Saftstrom unterbrochen und bei starkem Befall kann es zum Absterben des Baumes innerhalb weniger Wochen kommen. Von Baum zu Baum gelangen die Würmer mit der Hilfe von Käfern.

Bockkäfer als Taxi

Bockkäfer der Monochamus-Arten leben mit den Kiefernholznematoden in Symbiose. Die Käfer legen ihre Eier unter die Rinde von Kiefern, die bereits von den Nematoden geschwächt sind. Befallene Kiefern können typischerweise kein Harz mehr bilden, was es den Käfern erleichtert, die Rinde anzubohren. Die Käferlarven verströmen chemische Stoffe und locken damit die im Holz befindlichen Nematoden an. Die Fadenwürmer sammeln sich um die Larven und Käferpuppen und kriechen den Käfern beim Schlupf unter die Flügel. Mit den „Käfer-Taxis“ gelangen die Nematoden auf gesunde Bäume, wo sich die Insekten bis zu ihrem Hochzeitsflug satt fressen. Dabei fügen sie der zarten Rinde an den jungen Ästen Wunden zu, die den Nematoden als Eintrittspforten in die Bäume dienen. Die durch die Nematoden geschädigten Bäume dienen der nächsten Käfergeneration wiederum als Brutbäume.

Wachsamkeit zählt

Bäume, die von Kiefernholznematoden infiziert sind, sind nicht zu retten, da die Schädlinge gut geschützt unter der Rinde sitzen. Wenn Forstexperten einen befallenen Baum entdecken, helfen nur das Fällen und die Vernichtung von Nematoden und Käfern. Wird das Holz nicht behandelt oder vernichtet, können die infizierten Käfer weitere Bäume anstecken. In ganz Deutschland, aber besonders in gefährdeten Waldgebieten wie z.B. in Baden-Württemberg (Rheintal, Forstamt Weinheim – Käfertaler Wald) und im südlichen Brandenburg führen die Pflanzenschutzdienste gemeinsam mit der Forstverwaltung regelmäßige Untersuchungen durch, bei denen das Holz kranker Kiefern und die Bockkäfer auf Nematoden untersucht werden. Noch haben die Experten nichts gefunden, aber eine Entwarnung wird es nicht geben. „Mit den steigenden Durchschnittstemperaturen steigt die Anfälligkeit der Bäume“, sagt Dr. Gerlinde Nachtigall vom JKI. Zudem können angesichts der riesigen Mengen an Verpackungsmaterialien nur Bruchteile kontrolliert werden. In Schweden entdeckte der Pflanzenschutzdienst im vergangenen Jahr den gefährlichen Fadenwurm in acht Holzverpackungen aus Portugal - trotz der strengen Auflagen.