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In der EFSA arbeiten fest angestellte Mitarbeiter und zahlreiche renommierte ehrenamtlich tätige Wissenschaftler zusammen. Foto: EFSA
21.07.2011
Umwelt & Verbraucher

EFSA: Lebensmittelsicherheit auf europäischer Ebene

Renommierte Wissenschaftler arbeiten ehrenamtlich für die EFSA – unabhängige Beratung für politische Entscheidungsträger

Wer ist überhaupt für unsere Lebensmittelsicherheit zuständig? In Deutschland sind das Landwirte, Lebensmittelhersteller, Handel, Kontrolleure, das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und viele weitere staatliche und privatwirtschaftliche Einrichtungen. Für Europa gibt es seit 2003 die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die sich in Abstimmung mit den EU-Mitgliedstaaten und der EU-Kommission um übernationale Fragestellungen kümmert. Professor Dr. Klaus-Dieter Jany ist Vorsitzender eines wissenschaftlichen Ausschusses und erläutert die Arbeitsschwerpunkte der EFSA.

Wer ist die EFSA und was macht sie?

Die EFSA ist eine europäische Behörde, die aus dem EU-Haushalt finanziert wird, aber unabhängig von der Politik und nicht weisungsgebunden durch die EU-Kommission arbeitet. Sie hat die Aufgabe, Gefahren zu erkennen und Risiken entlang der Lebensmittelkette vom Acker bis auf den Tisch zu bewerten. Pro Jahr verfasst die EFSA 600 bis 800 wissenschaftliche Stellungnahmen zu den Bereichen Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Ernährung, Tiergesundheit und Tierschutz sowie Pflanzenschutz und Pflanzengesundheit. Diese Ausarbeitungen sollen der EU-Kommission und Politikern als Entscheidungsgrundlage dienen. 

Wie sind Sie zur EFSA gekommen?

Seit 2008 bin ich für die EFSA tätig und leite momentan den Ausschuss für Lebensmittelkontaktstoffe, Enzyme und Aromen. Zuvor forschte und lehrte ich als Hochschullehrer für Biochemie in Stuttgart und Darmstadt. Anschließend habe ich das Molekularbiologische Zentrum an der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel in Karlsruhe geleitet. Zusammen mit mir arbeiten rund 200 Wissenschaftler der unterschiedlichsten Disziplinen aus den verschiedenen Mitgliedstaaten in den Ausschüssen. Daneben bringen sicherlich nochmals die gleiche Anzahl weiterer Wissenschaftler ihre Expertise in Arbeitsgruppen und sonstigen Ausschüssen in die Arbeit der EFSA ein. Das besondere daran ist, dass wir das alle ehrenamtlich machen. Nur in der Geschäftsführung und in den uns zuarbeitenden Einheiten gibt es festangestellte Mitarbeiter. 

Wie profitieren die Bürger in Europa konkret von der EFSA?

Die Bürger profitieren indirekt von unserer Arbeit, weil es immer die Politik ist, die unsere Empfehlungen, die auf wissenschaftlichen Daten und Fakten basieren, in Entscheidungen umsetzt. Wir konzentrieren uns auf Fragestellungen, die über nationale Grenzen hinaus relevant sind. So beispielsweise auf die Verwendung des Weichmachers Bisphenol A, der seit dem 1.6.2011 in der EU verboten ist. Auch für die Bewertung von Pflanzenschutzmitteln gibt es einen Ausschuss.  

Wo liegen die Stärken der EFSA und wo kann sie sich noch verbessern?

Die junge Einrichtung verfügt über ganz viel Know how. Die Zusammenarbeit innerhalb „meines“ Ausschusses funktioniert und die Stellungnahmen werden in der Regel einvernehmlich nach einer intensiven und oft auch kontroversen wissenschaftlichen Diskussion verabschiedet. Die EFSA stimmt sich gut mit den nationalen Behörden wie dem deutschen BfR ab, so dass es keine Doppelarbeit beziehungsweise Überschneidungen gibt. Was dann nachher in politische Entscheidungen umgesetzt wird, liegt nicht mehr in unserer Hand.  

Nachholbedarf hat die EFSA nach meiner Auffassung in ihrer Kommunikation nach außen. Die Stellungnahmen der EFSA werden von Wissenschaftlern für Wissenschaftler verfasst. Unsere Arbeit muss noch transparenter und verständlicher für Politik und Öffentlichkeit werden. Zu diesem Zweck gibt es auch eine Abteilung für die Risikokommunikation, in der Kommunikationswissenschaftler und auch Journalisten arbeiten. Die Arbeit der EFSA ist europa- und weltweit anerkannt. Sie stellt eine bedeutende Einrichtung für die Risiko- und Sicherheitsbewertung dar. Aber sie ist eben nur in den Fachkreisen wirklich bekannt. Wenn die EFSA ihre unabhängige Arbeit Politik und Öffentlichkeit noch deutlicher und verständlicher vor Augen führt, wird sie bekannter und auch eine größere Bedeutung erlangen.   

Lebensmittelsicherheit ist in Deutschland ein heiß diskutiertes Thema. Was sagen Ihre Kollegen aus anderen EU-Ländern dazu?

Hier gibt es grundlegende Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Bei neuen Pflanzenschutzmitteln oder Lebensmitteln fragen wir in Deutschland zunächst einmal, welche Risiken damit verbunden sind. Die Deutschen wollen die hundertprozentige Sicherheit, die es aber niemals geben kann. In anderen Ländern steht zunächst einmal der Nutzen im Vordergrund. Ein Beispiel ist Rohmilchkäse, der in Deutschland wegen möglicherweise erhöhter Keimzahlen verboten ist. Die Verbraucher in Frankreich lieben hingegen diesen Käse, und ein Verbot wäre undenkbar. Insgesamt beobachten wir, dass die Lebensmittelsicherheit in Europa ein nie da gewesenes Niveau erreicht hat und die Unterschiede zwischen den Staaten geringer geworden sind.

Hier finden Sie weitere Informationen zur EFSA.

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