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Dr. Klaus Münzing von der Bundesanstalt für Ernährung und Lebensmittel (BFEL) am Standort Detmold. Quelle: BFEL, Detmold
10.05.2005
Umwelt & Verbraucher

Beste Noten für heimisches Getreide

Keine erkennbaren Unterschiede zwischen Getreideerzeugnissen aus konventionellem- und Ökoanbau

In Deutschland werden jedes Jahr mehr als 40 000 000 Tonnen Getreide geerntet. Das entspricht etwa 1 330 000 LKW-Ladungen. Über die neuesten Erkenntnisse zur Qualität des Getreides sprach Profil mit Dr. Klaus Münzing von der Bundesanstalt für Ernährung und Lebensmittel (BFEL) am Standort Detmold. Er gehört zu den Wissenschaftlern, die den Senatsbericht 2003 zum Thema „Bewertung von Lebensmitteln verschiedener Produktionsverfahren“ verfasst haben.

Herr Dr. Münzing, in dem Senatsbericht 2003 wird der Qualität von Getreide – egal ob aus Bio-Anbau oder konventioneller Erzeugung – ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt. Was wurde da bewertet?

Bei dieser Untersuchung standen die innere Qualität des Getreides und die Anbauverfahren auf dem Prüfstand. Bei der Qualität ging es insbesondere um den Nähr-, Genuss- und Eignungswert, bei den Anbauverfahren um die Wirkung auf die Umwelt und den Ressourceneinsatz. Ganz allgemein lässt sich zur Qualität sagen, dass Getreide - unabhängig von der Anbauform - einen großen Anteil lebenswichtiger Nährstoffe in günstiger Zusammensetzung für die Ernährung enthält. Das sind z. B. Kohlenhydrate, wobei die Stärke beispielsweise als idealer Energiespender gilt, ergänzt durch Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe und wenig Fett. Aus diesem Grund empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) Vollkornprodukte für eine ausgewogene und gesunde Ernährung.

Wie sieht es denn mit der Belastung von Getreide mit Rückständen aus?

Schwermetalle wie Blei, Quecksilber und Cadmium konnten in den vergangenen 30 Jahren dank umweltfördernder Maßnahmen in der Industrie nachweislich minimiert werden. Auch die Rückstände von Pflanzenschutzmitteln sind auf geringe Werte zurückgegangen. In einem gesundheitlich bedenklichen Bereich haben diese Stoffe allerdings nie gelegen. Zurzeit halten wir die Belastung von Getreide mit Mykotoxinen, das heißt mit Pilzgiften, für die gefährlichsten Kontaminanten. Besonders problematisch werden die Gifte der Fusarienpilze bewertet, die zuletzt im Erntejahr 2002 in größeren Anteilen vorkamen. Einen gesicherten Einfluss der Anbaumaßnahmen auf die Art und Menge von Kontaminanten im Getreide gibt es nicht.

Und wie werden die Verwendungsmöglichkeiten von Getreide bewertet?

Die Eignung des Getreides für die Herstellung von Lebensmitteln hängt in erster Linie von der Menge und Qualität der Inhaltsstoffe ab. Qualitätsweizen, beispielsweise für hefegelockertes Brot und Gebäck, sollte einen Eiweißgehalt von mehr als 12,5 Prozent haben. Für die Herstellung von Keksen und Getreideflocken ist der Eiweißgehalt nicht so entscheidend. Er wird von der Sorte und den Anbaubedingungen beeinflusst. Beim Eiweißgehalt schneidet konventionell erzeugter Weizen besser ab, da die Pflanzen bedarfsgerecht mit mineralischem Stickstoff versorgt werden und folglich mehr Eiweiß bilden können. Bei Bio-Weizen liegt der Eiweißgehalt meist zwischen 9,5 und 11,5 Prozent, bei konventionellem Weizen im Schnitt zwischen 12 und 14,5 Prozent. Bei guter Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit entstehen in der Regel größere und gut ausgebildete Getreidekörner, die einen höheren Ausmahlungsgrad erlauben, das heißt, die Mehlausbeute ist größer. Ökologische Anbauformen liefern durch die frühere und schnellere Abreife oft Getreide mit einem höheren Schalenanteil und einer geringeren Ausbeute bei der Herstellung heller Mehle. Ein weiterer Nachteil ist, dass dieses Getreide häufiger mit Schwärzepilzen befallen werden kann.

Was sind Schwärzepilze? Sind sie giftig?

Unter Bedingungen der Ökolandwirtschaft werden häufiger Septoriabefall und Rostkrankheiten festgestellt als bei konventionell erzeugtem Getreide. Diese Schwächung der Pflanzen fördert den Befall durch Schwärzepilze. Einige von ihnen, z.B. der Gattung Alternaria, können auch Mykotoxine bilden. Die Pilze entwickeln sich vorzugsweise auf nicht mehr grünen Pflanzenteilen, die dem Regen ausgesetzt sind. Je länger druschreifes Getreide auf dem Feld steht, desto besser können sich diese Pilze vermehren. Die meisten Arten sind ungefährlich, wobei die Verfärbung natürlich auch Probleme bei der Herstellung der Mahlerzeugnisse verursacht. Der Eignungswert des Mehls für die Lebensmittelverarbeitung wird gemindert.

Wie sicher ist denn dann Getreide?

Die langjährigen Untersuchungen von Getreideproben belegen, dass die vom Lebensmittelgesetz vorgegebenen Qualitätsstandards gut eingehalten werden. Die Sicherheit nimmt sogar zu, weil immer mehr zertifizierte Qualitätssysteme vom Landwirt bis zur Ladentheke installiert werden. Im konventionellen Anbau übt auch der starke Wettbewerb eine Schutzfunktion aus: Große, einheitliche Chargen erleichtern die Kontrolle und wer schlechte Qualität liefert, wird von seinen Mitbewerbern rechts überholt.

Wie kann man die Ergebnisse des Senatsberichts zum Thema Getreidequalität zusammenfassen?

Die Qualität unseres Getreides ist ausgezeichnet. Bei Guter fachlicher Praxis wird der Verbraucher allgemein keine Unterschiede in der Qualität, im Geschmack und im Gesundheitswert sowie in der hygienischen Qualität zwischen konventionell erzeugtem Getreide und Getreide aus dem Öko-Anbau feststellen.