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Sind Cercospora- oder Ramularia-Blattflecken auf den Zuckerrübenblättern? Eine DNA-Analyse gibt Aufschluss. Quelle: Matthias Wiedenau
29.05.2007
Forschung & Technik

DNA verrät jeden Schaderreger

Genetischer Fingerabdruck zum Schutz der Kulturpflanzen

Bei Vaterschaftstests, Dopingkontrollen und bei der Aufklärung von Verbrechen ist die DNA-Analyse gang und gäbe. Auch in der Pflanzenmedizin gehört sie heute zum Standard. Mit ihrer Hilfe sind Schaderreger eindeutig zu identifizieren und mengenmäßig zu bestimmen. Dies hilft Landwirten, Gärtnern und Züchtern kranke Pflanzen zielgerichtet zu behandeln. Denn ebenso wie in der Humanmedizin gilt der Grundsatz „Vor der Heilung steht die Diagnose“.

Pflanzenfreunde kennen das: Beim Betrachten ihrer Zierpflanzen oder des Gemüses im Garten entdecken sie plötzlich unbekannte Blattverfärbungen oder Krankheitssymptome. Was tun? Ist es ein Schädling, ein Pilz, ein Virus oder vielleicht nur Wetterstress? Wer den Dingen auf den Grund gehen will, sollte sich zunächst an das zuständige Pflanzenschutzamt wenden. Erfahrene Fachleute erkennen die Ursachen häufig schon auf den ersten Blick. Wissen die Experten aber keinen Rat, hilft eine DNA-Analyse weiter.



Bandenmuster identifizieren Organismus

Die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA)nutzt dafür seit 1988 das PCR-Verfahren, eine Variante der DNA-Analyse. Hier wird zunächst Erbsubstanz aus dem unbekannten Organismus herausgelöst, - Experten sagen extrahiert - dann vervielfältigt und abschließend mit Hilfe einer Gel-Elektrophorese analysiert. Dabei entstehen spezielle Bandenmuster, die mit dem Strichcode auf Milchtüten vergleichbar sind. Die Forscher stellen sie den Mustern von DNA-Sequenzen bereits bekannter Organismen gegenüber. Da die Muster unterschiedlicher Schaderreger so einzigartig wie menschliche Fingerabdrücke sind, können sie eindeutig zugeordnet werden.

Agrarwissenschaftler nutzen das Verfahren für verschiedene Fragestellungen. Pflanzenzüchter setzen den genetischen Fingerabdruck ein, um Merkmale von Zuchtlinien zu bestimmen und virusresistente Pflanzensorten zu züchten. Da das Erbgut von Sorte zu Sorte ein wenig voneinander abweicht, hilft die Technik außerdem, sortenreine Lieferungen, z.B. im Kartoffelhandel, zweifelsfrei nachzuweisen. Das kann Streitfälle schlichten, in denen es manchmal um sehr viel Geld geht. Ein weiteres Anwendungsgebiet hat sich durch den globalen Handel mit Pflanzen aufgetan. Pilze, Bakterien, Nematoden, Insekten und Viren werden oft unerkannt über Ländergrenzen hinweg eingeschleppt.



PCR unterstützt Verbraucherschutz

Um dies zu verhindern, setzen die Deutsche Sammlung für Mikroorganismen und Zellkulturen und die BBA auf die so genannte Real time-PCR. Selbst mit 10-10 Gramm äußerst geringe Mengen DNA reichen dabei aus, um genetische Fingerabdrücke anzufertigen. Mit Hilfe dieser Weiterentwicklung ist es möglich, den Handel mit virusinfizierten Saatgutpartien zu unterbinden. Ebenso wird Getreide, das mit Mykotoxin (Pilzgift) bildenden Pilzen kontaminiert ist, sicher und schnell erkannt. Die Analysegeräte bestimmen gleichzeitig die Mengen der Giftstoffe, so dass das Getreide gegebenenfalls aus dem Verkehr gezogen werden kann. PCR ist also auch ein Stück Verbraucherschutz.

Mittlerweile führt nicht nur die BBA PCR-Analysen durch, sondern auch Pflanzenschutzämter und zahlreiche private Untersuchungslabors. Der Aufwand dafür ist wesentlich geringer als noch vor einigen Jahren, da viele Arbeitsschritte automatisiert wurden. Routineanalysen kosten deutlich unter 50 Euro. Bei kniffligen Fragestellungen, die einen hohen Zeitaufwand erfordern, liegt der Preis auch darüber. Üblicherweise dauert es einige Tage, bis die Untersuchungsergebnisse vorliegen.



Nobelpreis für Erfinder

Die Amerikaner Karey Banks Mullis und Michael Smith haben das PCR-Verfahren 1983 entwickelt und sind dafür 1993 mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet worden. PCR war zunächst überwiegend in der Humanmedizin und in der Kriminalistik im Einsatz, fand dann aber auch schnell Eingang in andere Bereiche.

In den Agrarwissenschaften hat das PCR-Verfahren den bis dato üblichen Elisa-Test ergänzt und teilweise abgelöst. Es ist in speziellen Fällen genauer und vielseitiger, weil die Schaderreger anhand der DNA identifiziert werden. Beim Elisa-Test funktioniert die Erkennung von Viren oder Pilzen durch eine Antikörper-Antigenreaktion, wie sie aus der Immunabwehr bekannt ist. Erkennt das Immunsystem eine fremde Substanz, bildet es "Antikörper", die an das unbekannte Molekül andocken. Soll der Elisa-Test ein bestimmtes Protein nachweisen, müssen zuvor die dazu passenden Antikörper mit verschiedenen gentechnischen oder zellbiologischen Verfahren hergestellt werden.