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Reis verfügt ebenso wie Sumpf- und Wasserpflanzen über ein spezielles Gewebe, das Sauerstoff aus den Blättern in die Wurzeln transportiert. Foto: Barbara 808 / Pixelio
28.01.2021
Schule & Wissen

Reis: Das Getreide mit dem Schnorchel

Viertgrößte Kultur weltweit

Reis gehört zu Asien wie die Kartoffel zu Mitteleuropa. Für insgesamt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung ist er das Grundnahrungsmittel schlechthin. Der Terrassenanbau auf den Philippinen wurde sogar in den Status eines Weltkulturerbes erhoben. Aus Umweltsicht hat die Kultur allerdings einige Schönheitsfehler.

Wissenswert

Wo Reis wächst, ist Wasser nicht weit weg. Der Nassreisanbau ist das traditionelle und weltweit vorherrschende Anbauverfahren. Dabei steht das Getreide nach der Pflanzung bis kurz vor der Ernte im Wasser und gedeiht prächtig. Das verwundert, weil einheimisches Getreide eine Überflutung nur wenige Tage aushält. Das Pflanzengewebe macht den Unterschied. Es funktioniert im Reis wie ein Schnorchel und transportiert Sauerstoff bis in die Wurzeln. Der Fachbegriff dafür lautet Aerenchymgewebe. Außer im Reis gibt es das auch in Sumpf- und Wasserpflanzen.

Um in hügeligen Regionen das Wasser für den Anbau aufzustauen, müssen Terrassen angelegt werden. Diese werden mit einem Wall umgeben und nach der Pflanzung geflutet. So entstehen zum Teil spektakuläre Landschaftsbilder. Die 2000 Jahre alten Terrassen von Banaue auf den Philippinen sind ein echter Touristenmagnet. Sie wurden 1995 von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt.

Doch Reisanbau ist nicht nur schön. Er hat mit 3000 bis 5000 Litern pro Kilogramm Ertrag einen sehr hohen Wasserbedarf (Weizen circa. 1100 Liter; Quelle: UNESCO-IHE). Das mag in tropischen Ländern mit reichlich Niederschlag keine Rolle spielen. In trockeneren Ländern aber sehr wohl. Ebenso ist die Stickstoffeffizienz bei der Düngung schlechter und die Methanentwicklung deutlich höher als bei unseren Getreidearten. Ein Ausweg kann der Trockenreisanbau ohne Flutung der Felder sein. Dieses Anbauverfahren benötigt weniger Wasser, verwertet den Stickstoffdünger besser und produziert weniger klimaschädliches Methan. Sein Nachteil ist jedoch der geringere Ertrag.

Reis weist wie kaum eine andere Kultur eine extreme Vielfalt an Sorten auf. Rund 8000 Sorten sind aktuell bekannt, davon haben zwölf bis 15 Sorten für uns eine größere Bedeutung. Man kann die Sorten in Langkorn-, Mittelkorn- und Rundkornreis einteilen. Der Langkornreis hat längliche Körner und bleibt nach dem Kochen körnig. Stäbchenesser stellt er vor größere Herausforderungen. Patna-Reis oder Basmatireis sind bekannte Vertreter. Mittelkornsorten kochen weicher. Sie werden körnig bis cremig und eignen sich zum Beispiel für das italienische Nationalgericht Risotto. Rundkornreis hat rundliche Körner und kocht weich. Die Sorten sind ideal für Aufläufe oder Süßspeisen wie Milchreis. Der nussig schmeckende Wildreis ist übrigens im strengen Sinne kein Reis. Es sind die Körner eines in Nordamerika wachsenden Wassergrases.

Die ernährungsphysiologische Beurteilung des Getreides fällt gut aus. Vorausgesetzt, die Verarbeitung und die Zubereitung stimmen. Im Vollkornreis sind Keimling und das Korn umgebende Silberhäutchen enthalten. Er ist deswegen reich an Vitamin B und besitzt viele Mineral- und Ballaststoffe. Der polierte weiße Reis besteht hingegen nur noch aus Stärke. Mit dem Parboiled-Verfahren vorbehandelter weißer Reis enthält aber rund 80 Prozent der ursprünglichen Vitamine und Mineralstoffe. Wichtig ist auch das richtige Kochen. Im Idealfall bleibt nach der Garzeit kein Wasser mehr übrig. Wenn noch Wasser abgeschüttet werden muss, gehen wertvolle Inhaltsstoffe verloren.

Herkunft und Ansprüche

Der Kulturreis (Oryza sativa) wird seit über 7000 Jahren in China angebaut. Von dort verbreitete er sich nach Südostasien und Indien. Als tropische Pflanze mag er Temperaturen um 30 Grad Celsius und benötigt zur Keimung mindestens 10 (subtropische Sorten) bis 18 Grad Celsius (tropische Sorten). Trockenreis braucht im Idealfall 1200 bis 1500 Liter Niederschlag pro Quadratmeter und Jahr. Der optimale pH-Bereich des Bodens liegt zwischen 6 und 7.

Anbau

Grundsätzlich ist zwischen Nass- und Trockenreisanbau zu unterscheiden. Beim Nassreisanbau wird der Reis in die bereits überfluteten Felder gepflanzt, im Trockenreisanbau mit einer Drillmaschine in den trockenen Boden gesät. Die große Sortenvielfalt ermöglicht den Anbau auf allen Kontinenten. Auch in Europa, vor allem in Norditalien, wird Reis angebaut und einmal im Jahr geerntet. In den Tropen sind bis zu drei Ernten möglich.

Pflanzenschutz und Düngung

Die Unkrautbekämpfung ist zumindest im Nassreisanbau unproblematisch. Das permanent vorhandene Wasser verhindert den Aufwuchs. Ansonsten gibt es aber eine Reihe Insekten wie Reisstängelbohrer oder Zikaden sowie Pilz- und Viruskrankheiten, die den Pflanzen schaden können.

Ernte

Reifer Reis ist bräunlich und hat harte Körner. Auf engen Terrassen erfolgt die Ernte oft noch per Hand, im Flachland jedoch überwiegend mit dem Mähdrescher. Mit einer Kornfeuchte von 14 Prozent ist er lagerfähig.

Zahlen

Die weltweit größten Reisproduzenten 2018 waren China (212 Miillionen Tonnen), Indien (173 Millionen Tonnen) und Indonesien (83 Millionen Tonnen; Zahlen: FAO). Italien als größter europäischer Produzent kam im gleichen Zeitraum auf etwa 1,5 Millionen Tonnen (Zahl: Ente Nazionale Risi). Reis wird in über 100 Ländern angebaut und ist nach Zuckerrohr, Mais und Weizen die mengenmäßig viertgrößte Kultur weltweit. Die Erträge schwanken zwischen 3 und 6 Tonnen pro Hektar. Bei günstigen Bedingungen können sie auf über 12 Tonnen steigen.

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