hafer_foto_matthias_wiedenau.jpg
Haferkörner sind von Spelzen umgeben. Sie wachsen an Rispen und nicht wie andere Getreidearten in Ähren. Foto Matthias Wiedenau
20.08.2020
Schule & Wissen

Wenn der Hafer sticht ....

Nahrungs- und Heilmittel

Wenn jemanden der Hafer sticht, dann verhält er sich übermutig oder ist besonders tatendurstig. Die umgangssprachliche Redewendung stammt eigentlich aus der Pferdehaltung: Reichlich mit Hafer gefütterte Pferde sprühen nur so vor Energie. Doch auch in der menschlichen Ernährung hat Hafer einen bedeutenden Platz.

Ein Müsli mit Haferflocken, Obst und Nüssen ist für viele der ideale Start in den Tag. Es verspricht eine langanhaltende Sättigung, viele Spurenelemente und Vitamine. Das liegt unter anderem daran, dass die Kohlenhydrate des Haferkorns nach und nach im Darm resorbiert werden und den Blutzuckerspiegel nur langsam erhöhen. Dadurch sind Haferprodukte wie Hafermilch oder Kekse auch für Diabetiker geeignet.

Überhaupt hat Hafer eine besondere Bedeutung für unsere Gesundheit. So wurde Hafer im Jahr 2017 zur „Arzneipflanze des Jahres“ gekürt. Der Genuss der Körner beeinflusst Cholesterinstoffwechsel, Verdauung, Nierenbeschwerden und Rheuma positiv. Die grüne Pflanze ist reich an entzündungshemmenden und immunregulierenden Stoffen und das Stroh hilft bei Hautkrankheiten und Juckreiz.

Hafer gilt als das beste Kraftfutter für Pferde. Im Gegensatz zu Gerste oder Weizen können die Tiere seine Kohlenhydrate gut aufschließen. Gleichzeitig sorgt der hohe Spelzenanteil am Korn dafür, dass die Vierbeiner das Getreide intensiv einspeicheln und gründlich kauen. Die Hafermenge muss natürlich auf den Bedarf abgestimmt werden. Sonst kann es passieren, dass Pferde nicht nur lauffreudig, sondern tatsächlich wild werden. Hafer ist ein besonderer Leckerbissen für die Tiere. Deswegen nutzen Pferdehalter das Getreide gerne, um etwas Mineralfutter oder, wenn erforderlich, ein Medikament beizumischen. In vielen Reitställen wird den Tieren ein Hafermüsli in Kombination mit Raufutter wie Heu oder Stroh verabreicht. Darin sind die wichtigen Inhaltsstoffe in einem bedarfsgerechten Verhältnis vorhanden.

Herkunft und Ansprüche

Der Hafer (Avena sativa) kam vermutlich aus Südwestasien nach Mitteleuropa. Hier wird er etwa seit der Bronzezeit vor etwa 5000 Jahren für Nahrungszwecke angebaut. Er stammt sehr wahrscheinlich vom Flughafer ab, der heute noch als Ungras im Getreide wächst. Hafer hat keine besonderen Standortansprüche, allerdings muss eine gute Wasserversorgung gesichert sein.

Anbau

Beim Hafer dominiert die Sommerform, die möglichst früh im März mit 300 bis 350 Körnern pro Quadratmeter ausgesät werden sollte. Es gibt auch Sorten mit einem höheren Ertragspotenzial für die Herbstaussaat. Diese haben aber das Risiko, dass sie starke Winterfröste nicht überstehen. Hafer kann sehr gut von anderen Getreidearten unterschieden werden. Er bildet im Gegensatz zu Weizen, Gerste oder Roggen keine Ähren, sondern verzweigte Rispen. In Europa ist er besonders auf feuchtkühlen Standorten Großbritanniens, Südschwedens, Nordfrankreichs und Deutschlands anzutreffen.

Pflanzenschutz und Düngung

Die Larven der Fritfliege sind für junge Pflanzen eine Gefahr. Bei ungebremstem Fraß sterben einzelne Triebe oder ganze Pflanzen ab. Ein weiterer typischer Schädling ist das Getreidezystenälchen, das besonders bei nur kurzen Pausen zwischen aufeinander folgenden Haferkulturen auftritt. Flugbrand wird mit Beizmitteln bekämpft. Mit der Stickstoffdüngung und deren Aufteilung auf verschiedene Gaben kann der Landwirt das Wachstum gezielt steuern.

Ernte

Haferbestände reifen ungleichmäßig ab. Außerdem sitzen reife Körner sehr locker an der Rispe. Der optimale Erntetermin ist ein Kompromiss: Es gilt, möglichst viele trockene Körner zu ernten und gleichzeitig die Verluste reifer Körner zu begrenzen. Um Hafer lagerfähig zu machen, ist immer eine Trocknung erforderlich. Die Körner sind von Spelzen umgeben, die etwa 25 bis 30 Prozent des Ertrags ausmachen. Sie werden in einem zweiten Arbeitsschritt in der Getreidemühle entfernt.

Zahlen

Der Hafer-Anbau hat in den letzten 50 Jahren in Deutschland massiv an Bedeutung verloren. Im Jahr 2020 ist der Anbau wieder etwas angestiegen und liegt bei etwa 162 000 Hektar (Quelle: Verband der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft). Die Erträge betrugen 2017 bis 2019 im Mittel 4,2 Tonnen pro Hektar. Zum Vergleich dazu lag die Weizen-Anbaufläche bei 2,840 Millionen Hektar und die mittleren Erträge bei 7,2 Tonnen pro Hektar (Zahlen: Statistisches Bundesamt). Deutschland ist auf Importe angewiesen, die vor allem aus Skandinavien kommen. Die mit Abstand größten Hafer-Produzenten weltweit sind Russland und Kanada.

Weitere Beiträge

Hier finden Sie weitere interessante Inhalte.
schwarzer_emmer_foto_loggawiggler-pixabay.jpg
Magazin
Schule & Wissen
28.07.2020
Emmer: Kommt der "Weizen von Rom" wieder?
durum_00006360_agrarpress.jpg
Magazin
Schule & Wissen
14.07.2016
Durum – der Pastaweizen
buchweizen_bluehend_164679551_adobestock.jpeg
Magazin
Umwelt & Verbraucher
04.10.2018
Buchweizen: Vom Heidenkorn zum Trendlebensmittel
aehre_foto_zg_raiffeisen.jpg
Magazin
Schule & Wissen
16.07.2015
Dinkel für Seelen und Bier
amaranth_115928095m_istock.jpg
Magazin
Umwelt & Verbraucher
02.07.2020
Wunderkorn Amarant
quinoakoerner_163274414_adobestock.jpeg
Magazin
Schule & Wissen
27.09.2018
Quinoa aus Deutschland
vollreife-haferaehren.jpg
Magazin
Umwelt & Verbraucher
13.12.2007
Verpilzter Futterhafer gefährdet die Gesundheit von Pferden