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In dem Hochleistungs-Analysengerät können pflanzliche Proben vollautomatisch untersucht und die Rückstände eindeutig identifiziert und mengenmäßig bestimmt werden. Quelle: Bayer CropScience AG
16.08.2005
Forschung & Technik

Den Molekülen auf der Spur

Für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln sind auch die Ergebnisse aufwändiger Rückstandsanalysen eine Voraussetzung.

Bevor ein Pflanzenschutzmittel zugelassen wird, muss der Hersteller umfangreiche Untersuchungen durchführen. Dazu zählen auch Rückstandsanalysen. Sie geben Aufschluss über den Weg des Wirkstoffs in der Pflanze, im Boden und in der Nahrungskette. Profil sprach mit Dr. Christine Anderson, Leiterin der Laborgruppe für Rückstandsanalytik Monheim bei Bayer CropScience.

Wie sieht die Rückstandsanalytik bei der Entwicklung eines Pflanzenschutzmittels aus?

Die Zulassung eines neuen Pflanzenschutzmittels wird einerseits nur in Betracht gezogen, wenn es erfolgreich gegen tierische Schädlinge, pilzliche Erkrankungen oder Unkräuter auf dem Acker wirkt. Andererseits nützt dies jedoch gar nichts ohne den Nachweis, dass das Mittel für Mensch, Tier und Natur unbedenklich ist. Geprüft wird dies in einer ganzen Reihe unterschiedlicher Untersuchungen.

Zunächst wird geklärt, mit welchen Methoden ein neues Pflanzenschutzmittel in Pflanzen, im Boden, Wasser und in der Luft gefunden werden kann. Im Mittelpunkt eines zweiten Untersuchungsblocks stehen die Rückstandsanalysen von Substanzen, mit denen Pflanzen behandelt wurden. Hierfür werden Rückstandsversuche in verschiedenen Klimazonen durchgeführt, um alle möglichen Einflüsse auf den Abbau der Pflanzenschutzmittel zu erfassen. Darüber hinaus werden auch die Pflanzen untersucht, die nach den behandelten Kulturen angebaut werden.
In einem weiteren Schritt gelten die Rückstandsanalysen den Pflanzenteilen, die zu Lebensmitteln verarbeitetet werden. Diese Pflanzenteile werden deshalb auch gekocht oder anders zubereitet analysiert. Schließlich verfüttert man behandeltes pflanzliches Futter an landwirtschaftliche Nutztiere und untersucht Milch, Eier, Fleisch und Innereien auf mögliche Rückstände. Selbst wenn in den Endprodukten Rückstände auftreten, ist sichergestellt, dass sie die Gesundheit des Verbrauchers nicht beeinträchtigen.

Mit welchen Verfahren werden heute Rückstände aufgespürt?

Heute überwiegen die chromatographischen Verfahren*, mit denen die verschiedenen Inhaltsstoffe einer Probe aufgetrennt werden können. Bei der Gaschromatographie wird die Probensubstanz verdampft und gasförmig in ihre einzelnen Bestandteile getrennt; bei der Flüssigkeitschromatographie löst man die Probe beispielsweise in Wasser und Alkohol und trennt die Komponenten in flüssiger Form. Das leistungsfähigste chromatographische Verfahren ist die sogenannte HPLC-MS/MS**-Technik. Sie hat einen großen Vorteil : Sie ist viel empfindlicher und kann die Substanzen unverwechselbar, getrennt nach den Eigenschaften ihrer Moleküle, nachweisen. Derzeit wird diese Technik hauptsächlich in der Pflanzenschutzindustrie eingesetzt. In den letzten Jahren hat sie auch Eingang in die behördliche Überwachung gefunden, wobei Deutschland übrigens weltweit eine führende Rolle spielt.

Wie viele Substanzen können heute mit einem Analysengang bestimmt werden?

Während mit nasschemischen Verfahren für jede Substanz eine separate Analyse notwendig ist, können mit den modernen Verfahren 300 oder mehr Pflanzenschutzmittel in einem Arbeitsgang nachgewiesen werden. Dies ist vor allem für die Untersuchungsbehörden nützlich. Sie wollen in einem Durchgang möglichst viele Pflanzenschutzmittel - von allen Herstellern – erkennen. Deshalb werden die Verfahren den amtlichen Untersuchungsbehörden zur Verfügung gestellt. Für den einzelnen Hersteller bedeuten diese Verfahren eine schnellere Rückstandsanalytik, mit der schon in einem frühen Entwicklungsstadium eines neuen Mittels unakzeptable Rückstände aufgedeckt werden können.

Was gehört zu einer Probenahme?

Die Genauigkeit, d.h. die Richtigkeit und Wiederholbarkeit der Ergebnisse steht im Mittelpunkt bei der Entwicklung von Analysenverfahren. Eine äußerst wichtige Rolle dabei spielt die richtige Probenahme. Eine Probe muss repräsentativ für die behandelte Parzelle sein. Bei den Rückstandsuntersuchungen im Rahmen des strengen Zulassungsverfahrens reicht es nicht, beispielsweise die Äpfel eines einzelnen behandelten Baums zu untersuchen. Analysiert werden Früchte vieler Bäume. Da sich ein Pflanzenschutzmittel nicht ganz gleichmäßig auf allen Teilen einer Pflanze verteilt, werden Äpfel aus der Krone, aus der Mitte und vom unteren Teil der Bäume untersucht. Aus dieser Feldprobe wird dann mit geeigneten Zerkleinerungsverfahren eine homogene Analysenprobe für die Untersuchung hergestellt.

Was kosten Rückstandsuntersuchungen im Vorfeld der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels?

Der Mindestbetrag dürfte etwa 1,5 Mio. Euro betragen. Insgesamt richtet sich die Summe danach, in wie vielen Kulturen und Ländern das Pflanzenschutzmittel zur Anwendung zugelassen werden soll. Da für jede Kultur eine komplette Versuchsreihe notwendig ist, können die Kosten für ein Mittel dementsprechend sehr viel höher ausfallen.

Wie sehen die heutigen Herausforderungen an die Rückstandsanalytik aus?

Dank der modernen Analysentechniken sind immer geringere Spuren von Rückständen nachweisbar. Die kritische Bewertung dieser Daten und ihrer Relevanz für die Verbrauchersicherheit stellen heute die größte Herausforderung für die Rückstandsanalytik dar. Die Pflanzenschutzindustrie entwickelt die modernen und zuverlässigen Analysenmethoden stetig weiter. So können beispielsweise neue Pflanzenschutzmittel mit immer niedrigeren Aufwandmengen zur Verfügung gestellt werden, neue Vorschriften schneller in die Praxis umgesetzt und den Behörden eine schnelle und verlässliche Überwachung der Lebensmittel ermöglicht werden.

* Das geschieht mit speziellen Trennsäulen, die die Moleküle nach ihrer Größe und Polarität auftrennen
** HPLC-MS/MS ist die Koppelung des Trennverfahrens Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie mit dem spezifischen
Nachweisverfahren Tandem-Massenspektrometrie. Letzteres weist Stoffe in Abhängigkeit von ihrem Molekulargewicht und Fragmentierungsverhalten hochspezifisch nach.