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Landwirte sind auch Wasserwirte. Foto: istock
07.01.2015
Umwelt & Verbraucher

Grundwasserneubildung – Landwirte sind auch Wasserwirte

Die wichtigste Grundlage der Nahrungsmittelproduktion ist das Wasser

Während in vielen anderen Weltgegenden das kostbarste Lebensmittel knapp zu werden droht, können deutsche Verbraucher beim Trinkwasser aus dem Vollen schöpfen, und dabei spielt die Landwirtschaft die entscheidende Rolle.

Ackerbau, Weidewirtschaft und Wald unterscheiden sich dadurch, dass sie unterschiedliche Wassermengen verbrauchen und damit auch unterschiedliche Mengen für die Grundwasserneubildung übrig lassen. Das ist für den Wasserverbrauch sehr wichtig, weil das Trinkwasser hauptsächlich aus dem Grundwasser kommt. Der Ackerbau spielt hier eine besondere Rolle.   

Es gibt unterschiedliche Formen der Verdunstung

Nach der Ernte und vor der Aussaat liegen die Böden brach. Dann achtet der Landwirt darauf, mit der Bodenbearbeitung das Unkraut möglichst kurz zu halten oder zu entfernen. Die Wasserableitung über die Wurzeln und die Pflanzen in die Atmosphäre fällt dann aus. In dieser Phase läuft die Verdunstung als „Evaporation“ allein über den durch Bodenbearbeitung krümelig gemachten, unbewachsenen Boden ab. Dabei wirkt der trockene Oberboden als Verdunstungssperre, und es bleiben über den Winter und das Frühjahr viele Wasserreserven im Boden.

Im Gegensatz zu landwirtschaftlichen Kulturen haben Bäume, und hier insbesondere die immergrünen Nadelbäume, eine sehr große Blattfläche, über die sie Wasser an die Atmosphäre abgeben. Das ist die „Transpiration“, bei der Wasservorräte auch aus tieferen Bodenschichten verdunsten können. Hinzu kommt, dass nach Niederschlägen Wasser auf den großen Blatt- oder Nadeloberflächen zurückgehalten wird und von dort aus verdunstet. Diese „Interzeption“ kann bei Nadelbäumen erheblich sein.

Ackerland liegt bei der Grundwasserneubildung vorn

Professor Dr. Hans-Georg Frede, emeritierter Lehrstuhlinhaber für den Landschafts-, Wasser- und Stoffhaushalt an der Justus-Liebig-Universität Gießen, misst der „Interzeption“ ganz entscheidende Bedeutung zu. Das auf den Blättern oder Nadeln zurückgehaltene Wasser fehlt letztlich bei der Grundwasserneubildung. Das erklärt auch die großen Unterschiede zwischen den Oberflächenarten, die bei Vergleichsuntersuchungen gefunden wurden. Im Standardwerk „Landschaftswasserhaushalt, Wasserkreislauf und Gewässer im ländlichen Raum“, von Botho Wohlrab, Verlag Paul Parey, 1992, ist zu lesen „…hat Nadelwald die geringste und Ackerland mit relativ hohem Schwarz- und Halbbracheanteil die höchste potenziell mögliche Grundwasserneubildung“.

Messungen bringen den Beweis

In der Nähe der Stadt Rheine im Münsterland wurden diese Unterschiede in der Grundwasserneubildung über einen Zeitraum von 30 Jahren präzise gemessen. Die Großlysimeter von St. Arnold (Lysimeter = ein Gerät zur Ermittlung der Versickerungsrate) bestimmten langfristig den Wasserhaushalt unter verschiedenen Kulturen. Ergebnis: Bei gleichen Niederschlägen von durchschnittlich 780 Millimeter im Jahr wurde unter Gras jährlich mit 425 Millimeter mehr als doppelt so viel Grundwasserneubildung gemessen wurde wie unter Fichte (186 Millimeter).

Auf den Getreideanbau übertragen fallen die Verhältnisse entsprechend deutlich aus. Hans-Georg Frede fasst zusammen: „Grundwasserneubildung ist ein Produkt der Landwirtschaft.“ Diese Leistung könnten sich die Landwirte ganz sicher als ihr Verdienst anrechnen. Wenn man sich die Landbewirtschaftung in Deutschland einmal wegdenkt, führt der Wissenschaftler den Gedanken weiter, „wären weit über 90 Prozent der Landesfläche von Wald bedeckt“. Diese natürliche Vegetation ließe den Wasserhaushalt gewiss ganz anders aussehen – nicht zuletzt zu Lasten der gesicherten Trinkwasserversorgung.

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