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Werden Kulturpflanzen gezielt und sachgerecht vor Schaderregern geschützt, bringen sie deutlich meher Ertrag. Foto: Bayer CropScience
10.01.2013
Forschung & Technik

Pflanzenschutz bleibt unverzichtbar

JKI-Studie belegt Nutzen und Notwendigkeit intensiver Pflanzenproduktion auch mit Blick auf globale Herausforderungen

Pflanzenschutz bleibt auch in Zukunft unverzichtbar für die Sicherung des Ertrags und der Qualität von Nahrungs- und Rohstoffpflanzen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie von Dr. Volkmar Gutsche vom Julius Kühn-Institut (JKI) in Kleinmachnow, über die er im Journal für Kulturpflanzen berichtet. Eine breite Wirkstoffpalette sei „unabdinglich für die Pflanzenproduktion in Deutschland“, besonders für Sonderkulturen wie Obst, Gemüse oder Wein. Das Risikopotenzial des chemischen Pflanzenschutzes sei in den letzten 20 Jahren stetig zurückgegangen.

Ein Ziel – zwei Wege: Ertragssteigerungen sind notwendig.

Das Wachstum der Weltbevölkerung, steigende Energiepreise, begrenzte landwirtschaftliche Nutzflächen, zunehmende Wasserknappheit, Klimaänderungen und Urbanisierung sind für Gutsche einige der aktuellen und kommenden Herausforderungen für die Landwirtschaft. In seiner Arbeit „Managementstrategien des Pflanzenschutzes der Zukunft im Focus von Umweltverträglichkeit und Effizienz“ kommt der Forscher zu dem Ergebnis, dass Ertragssteigerungen, also höhere Erntemengen pro Hektar dringend notwendig sind. Das geht nicht ohne sachgerechten und effizienten Pflanzenschutz. Denn Schaderreger vernichten nach Angaben des Bundesministeriums für Finanzen weltweit rund 42 Prozent der Erträge. Dass Kulturpflanzen Schutz brauchen, ist unstrittig. Diskussionsstoff ergibt sich aus den verschiedenen Strategien, die das Pflanzenschutzrecht der EU vorsieht: integrierter Pflanzenschutz und Pflanzenschutz im Ökoanbau.  

Pflanzenschutz sichert Erträge

Der Wissenschaftler vergleicht in seiner Arbeit beide Strategien. Beide setzen zunächst auf Vorbeugung. Sind jedoch weitere Maßnahmen nötig, beginnen die Unterschiede: Der integrierte Pflanzenschutz kann auf eine breite Palette an chemisch-synthetischen Mitteln zurückgreifen. Im Ökolandbau sind nur Präparate auf Naturstoffbasis erlaubt.

Außerdem verzichten Ökobauern auf Mineraldünger. Der Energieaufwand pro Hektar für Maschinen, Treibstoff, Pflanzenschutzmittel und Dünger ist im Ökolandbau ein gutes Drittel geringer. Der Preis: erheblich geringere Erntemengen in vielen Kulturen. So lagen die Weizenerträge laut Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Zeitraum zwischen 2005 und 2010 um 55 und die Kartoffelerträge um 45 Prozent unter denen des konventionellen Anbaus mit integriertem Pflanzenschutz. Gutsche stellt außerdem fest, dass In Fruchtfolgen mit integriertem Pflanzenschutz 40 Prozent mehr Energie gewonnen als aufgewendet wird.  

„Hohes Produktionsniveau im Einklang mit Umweltverträglichkeit“

Trotz leichter Zunahme des Mitteleinsatzes hat sich das Umwelt-Risikopotenzial des chemischen Pflanzenschutzes in den letzten 20 Jahren stetig verringert. Gutsche folgert: „Risikoreduzierung hat also nichts mit Mengenreduzierung zu tun.“ Den Trend belegt ein am JKI entwickeltes Bewertungsmodell, das ermittelt, wie stark Stellvertreterorganismen in der Natur unbeabsichtigt mit Pflanzenschutzmitteln in Berührung kommen und dies mit der Giftigkeit der Mittel ins Verhältnis setzt. Solche Verhältniszahlen, oder Risikoindices, existieren für jede Maßnahme oder Behandlungsfolge und für jeden Stellvertreterorganismus.

Gutsche kommt zu dem Schluss, dass ein hohes Produktionsniveau durchaus im Einklang mit Umweltverträglichkeit zu erreichen ist. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist beiden Pflanzenschutzstrategien gemeinsam: die Einhaltung des notwendigen Maßes. Es beschreibt die Intensität, also Behandlungshäufigkeit und ausgebrachte Menge. Der Blick in die Praxis zeigt, dass die Pflanzenschutzmaßnahmen auf den meisten Betrieben bereits nahe am notwendigen Maß liegen, nicht zuletzt auch aus Kostengründen.

Zusätzliches Einsparpotenzial sieht der Forscher nur noch in einer noch intensiveren Beratung der Anwender. Lediglich bei sogenannten Punkteinträgen von Pflanzenschutzmitteln in Oberflächengewässer sieht er deutliches Verbesserungspotenzial: Punkteinträge entstehen in der Regel bei unsachgemäßer Reinigung oder beim Befüllen der Ausbringungsgeräte. Deshalb werden Schulungen und Informationsmaterialien für Anwender angeboten.

Pflanzenschutzeinsatz wird stabil bleiben

Gutsche geht davon aus, dass es im Pflanzenschutz zukünftig „kaum zu einer merklichen Verringerung der Intensität kommen wird.“ Es sei denn, es würden neue Sorten gezüchtet, die widerstandsfähiger gegenüber Schaderregern sind und deshalb weniger Behandlungen brauchen. Dies werde aber durch Akzeptanzprobleme der grünen Gentechnik erschwert. Wenn der Klimawandel uns höhere Durchschnittstemperaturen, feuchtere Winter und trockenere Sommer beschert, ist mit einer Zunahme des Schaderregerdrucks und mit der Einwanderung neuer Schadorganismen zu rechnen. Gutsche rechnet mit mehr Insekten, Unkräutern, Nematoden und Viren, aber mit weniger Pilzen und Bakterien.

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