Pressemitteilung
05.05.2009

Pflanzenschutz im Aufwind

Dr. Hans Theo Jachmann
Präsident des Industrieverbands Agrar e. V.

Geschäftsführer, Syngenta Agro GmbH, Maintal

Vier Themen haben die landwirtschaftliche Diskussion im vergangenen Jahr geprägt: Die Globalisierung der Agrarmärkte, eine hohe Volatilität der Erzeugerpreise, hohe Intensitäten und eine knappe Warenversorgung. Der Anstieg der Erzeugerpreise führte in wichtigen Regionen – insbesondere in Osteuropa, Südamerika und Asien – zu einem starken Intensitätsschub in der Landwirtschaft. Wie das US-Landwirtschaftsministerium ermittelt hat, sind die Erntemengen deutlich stärker gestiegen als die Anbauflächen.

Die höhere Intensität führte auf dem Weltpflanzenschutzmarkt im vergangenen Jahr zu einem Wachstum um über 25 Prozent auf 41,7 Milliarden Dollar.

Auch in Deutschland sind die Umsätze mit Pflanzenschutzmitteln kräftig gestiegen. Mit 1,38 Milliarden Euro liegen die Verkäufe der IVA-Mitgliedsfirmen an den Großhandel fast 12 Prozent über dem Niveau des Vorjahres. Die abgesetzte Wirkstoffmenge blieb dagegen zwei Prozent unter dem Vorjahreswert.

Dabei wurde 2008 wegen des Ausstiegs aus der Flächenstilllegung sogar mehr Fläche behandelt als im Vorjahr. Das Auseinanderdriften hat im Wesentlichen zwei Ursachen.

Die weltweit kräftig gestiegene Nachfrage nach Pflanzenschutzmitteln hatte auch in Deutschland zu - meist moderaten - Preissteigerungen geführt. Außerdem wurden verstärkt innovative und damit teurere Mittel nachgefragt, die in geringerer Aufwandmenge ausgebracht werden.

Die Exporterlöse der IVA-Mitglieder haben sich ebenfalls kräftig erhöht und liegen mit rund drei Milliarden Euro 13 Prozent höher als im Vorjahr

Landwirtschaft – stabiler Faktor in der Krise

Während die Finanzkrise Leit-Industrien wie Stahl, Automobil und Chemie auf Talfahrt schickt, konzentrieren sich die Empfehlungen führender Investoren ausgerechnet auf den lange Zeit vernachlässigten Agrarsektor. Schon in zehn Jahren werden rund acht Milliarden Menschen die Erde bevölkern. Sie brauchen Nahrungsmittel und Rohstoffe, und der wachsende Wohlstand in den Schwellenländern wird dazu führen, dass sie sich besser ernähren wollen als bisher.

Die Nachfrage nach Getreide wird nach Schätzungen des US-Landwirtschaftsministeriums um zwei Prozent jährlich steigen. Die Preise für wichtige Agrarprodukte wie Weizen, Mais und Ölsaaten werden sich um 40 bis 60 Prozent über den Durchschnittspreisen der letzten zehn Jahre einpendeln, sagen OECD und FAO voraus.

Insgesamt wird die Agrarproduktion 2020 mit sechs Milliarden Tonnen Getreideeinheiten 50 Prozent höher sein als 2004. Schwerpunkte des Wachstums liegen in den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China). Wichtiger noch: Die Fläche zur Erzeugung dieser Mengen lässt sich höchstens noch um fünf Prozent ausdehnen.

Begrenzte Fläche erfordert Intensivierung

Das Ackerland macht mit 1,5 Milliarden Hektar etwa drei Prozent der Fläche unseres Globus‘ aus. Ohne Pflanzenschutz- und Düngemittel bräuchten wir zweieinhalb Mal so viel Fläche, um die Menschen heute zu ernähren; im Jahr 2050 mit einer Bevölkerung von über neun Milliarden müsste es sogar das Fünffache sein. Deshalb ist es auch in Zukunft unverzichtbar, die modernen Betriebsmittel in optimaler Intensität einzusetzen. Deutschland und mit ihm Europa werden wegen ihrer vorteilhaften Produktionsbedingungen eine wichtige Rolle auf den Agrarmärkten spielen. Sie gehören zu den Regionen mit der höchsten Flächenproduktivität – dank günstiger Boden- und Klimabedingungen, dank der hervorragenden Infrastruktur und nicht zuletzt dank des großen Know-hows ihrer Landwirte.

Pflanzenschutz-Politik: Innovationsblockaden abbauen

Europa ist das globale Kompetenzzentrum für den chemischen Pflanzenschutz. Die drei forschenden Unternehmen, die ihre Zentralen in Deutschland und in der Schweiz haben, tätigen etwa 60 Prozent der weltweiten Investitionen in Forschung und Entwicklung für den Pflanzenschutz. Zwei Drittel der heute verwendeten Wirkstoffe stammen aus ihren Laboren. Von den Ergebnissen profitieren die Landwirte weltweit. Der Innovationsmotor könnte allerdings ins Stottern geraten, wenn die Politik Forschung und Entwicklung weiter erschwert.

Die Politik will einen noch besseren, noch sichereren Pflanzenschutz. Das ist gleichermaßen das Ziel der Industrie. Sie forscht und entwickelt seit langem im Rahmen der weltweit strengsten Pflanzenschutz-Gesetzgebung. Ihre Innovationen kommen aber erst zum Tragen, wenn sie das umfassende behördliche Zulassungsverfahren durchlaufen haben. Wenn also die Politik Innovationen will, muss sie für dessen reibungslosen Ablauf sorgen.

Derzeit verzögern sich viele Zulassungen. Die Zulassungsbehörden (BfR, JKI, UBA, BVL) werden von einer Flut neuer Regelwerke überrollt, der Chemikalienverordnung REACH, der Biozid-Richtlinie und jetzt der neuen Pflanzenschutzverordnung. Die personelle und technische Ausstattung der Behörden muss dringend dem erweiterten Aufgabenkatalog angepasst werden. Und die Behörden müssen durch ausreichende finanzielle Ressourcen im Wettbewerb um qualifizierte Wissenschaftler gestärkt werden.

Entscheidungsprozesse entideologisieren

Ein zweiter Appell an die Politik: Sie muss Entscheidungsprozesse auf fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse stützen und auch ihren eigens dafür eingerichteten Behörden wie BfR und EFSA ausreichend Rückendeckung geben. Die nächste Nagelprobe dafür wird die Gestaltung der Ausführungsbestimmungen zur Zulassungsverordnung sein.

Bei der Umsetzung der Richtlinie für einen nachhaltigen Pflanzenschutz fordert die Industrie eine praktikable Umsetzung der Rahmenrichtlinie in einen nationalen Aktionsplan und das Festhalten am bewährten Verfahren der Risikominimierung anstelle der Einführung simpler Mengenreduktionsprogramme.

Dringend notwendig ist in diesem Zusammenhang, dass die Politik von sich aus den Nutzen des modernen Pflanzenschutzes - für die Landwirtschaft, die Umwelt, aber vor allem für den Verbraucher - weit stärker herausstellt als bisher.

Berechenbares politisches Handeln ist die Voraussetzung für die gesellschaftliche Akzeptanz von Technologien. Ein Beispiel dafür liefert aktuell das Themenfeld der Grünen Gentechnik. Die Stärkung der Behörden und die Orientierung von Entscheidungen an wissenschaftlichen Erkenntnissen sind wichtige politische Aufgaben.

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