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Jahrespressekonferenz des Industrieverbands Agrar e. V. (IVA) am 3. Mai 2011 in Frankfurt/Main (v.r.n.l. Dr. Jachmann, V. Koch-Achelpöhler, Prof. Kuhlmann, M. May). Foto: IVA
Pressemitteilung
03.05.2011 - Frankfurt/Main

Jahrespressekonferenz 2011 / Nachfrage in der Agrochemie zieht wieder an

Pflanzenschutzmarkt stabil, Düngemittelmärkte wieder auf Wachstumskurs – Branche klagt über schleppende Umsetzung europäischer Regulierungen

Die deutschen Märkte für Pflanzenschutz und Düngemittel haben sich im zurückliegenden Jahr weiter stabilisiert. Im Pflanzenschutzbereich blieb der Nettoinlandsumsatz 2010 in Deutschland trotz schwieriger Witterungsbedingungen mit 1,255 Milliarden Euro (2009: 1,262 Mrd. Euro) nahezu unverändert; im Düngejahr 2009/2010 (Juli - Juni) stieg der Nährstoffabsatz teils deutlich an. Bei Stickstoff betrug der Zuwachs 1,2 Prozent (1,57 Mio. Tonnen), während der Phosphatabsatz um 34,9 Prozent auf 235.000 Tonnen und der Kaliabsatz nach zuvor dramatischen Einbrüchen um 102,5 Prozent auf 363.000 Tonnen wesentlich stärker zunahmen. Auch im laufenden Düngejahr 2010/11 kann von insgesamt weiter steigenden Absätzen ausgegangen werden. Diese Zahlen präsentierte der Industrieverband Agrar e. V. (IVA) heute auf seiner Jahrespressekonferenz. Der Wirtschaftsverband vertritt die Interessen der agrochemischen Industrie in Deutschland. 

„Das Agribusiness in Europa steht vor einer paradoxen Situation“, sagte IVA-Präsident Theo Jachmann: „Auf der einen Seite zeigen die Preissprünge für Agrarrohstoffe in den zurückliegenden Monaten, dass die Produktion von Nahrungsmitteln mit dem wieder stark steigenden Bedarf kaum noch Schritt hält. Das Resultat sind höhere Preise, die vor allem die ärmsten Regionen der Welt treffen. Auf der anderen Seite scheint dies Europa wenig zu bekümmern. Die Produktivität unserer Landwirtschaft wird im internationalen Vergleich immer mehr behindert, sodass wir inzwischen zum Nettoimporteur von Agrarrohstoffen geworden sind. Die jüngsten Vorschläge der Europäischen Kommission zur gemeinsamen Agrarpolitik lassen vermuten, dass auch weiterhin nicht die landwirtschaftliche Produktivität, sondern die Bürokratie hinzugewinnen wird.“ 

Der Pflanzenschutzmarkt 2010

Trotz ungünstiger Witterungsbedingungen mit kurzen Vegetationsperioden und dementsprechend knappen Anwendungszeiträumen schrumpfte der deutsche Pflanzenschutzmarkt 2010 im Jahresvergleich nur geringfügig um 0,6 Prozent, die Exporterlöse fielen um 4,7 Prozent auf 2,835 Milliarden Euro (2009: 2,975 Mrd. Euro). Der Gesamtumsatz der IVA-Mitgliedsunternehmen belief sich auf 4,09 Milliarden Euro, was einem Rückgang von 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht (2009: 4,237 Mrd. Euro). Im Jahr 2010 sind in Deutschland 97.636 Tonnen Pflanzenschutz-Wirkstoffe hergestellt und damit 2,3 Prozent mehr als im Vorjahr produziert worden (2009: 95.433 Tonnen). Der Wirkstoffexport ist um 4,8 Prozent auf 105.678 Tonnen angestiegen (2009: 100.843 Tonnen).

Auf dem deutschen Markt erzielten die IVA-Mitgliedsunternehmen mit Herbiziden (Unkrautmittel) einen Umsatz von 540 Millionen Euro (+0,4 Prozent), mit Fungiziden (Pilzbekämpfung) einen Umsatz von 506 Millionen Euro (-0,6 Prozent) und mit Insektiziden 138 Millionen Euro (-0,7 Prozent). Der Umsatz mit sonstigen Pflanzenschutzmitteln (z. B. Schneckenmittel oder Wachstumsregler) ging um 4,1 Prozent auf 71 Millionen Euro zurück. 

Für das laufende Jahr sieht Jachmann Anzeichen für gute Wachstumschancen im Pflanzenschutzgeschäft. „Nach dem Rekordjahr 2008 kam die Ernüchterung in den beiden Folgejahren, wobei die Ursachen vor allem in der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu suchen waren. Mit den stark anziehenden Preisen für Agrarrohstoffe haben sich die Perspektiven für die Landwirte und damit für das gesamte Agribusiness merklich verbessert. Noch sind wir früh in der Saison, aber die bisherigen Marktsignale geben Anlass zu Optimismus“, sagte Jachmann. 

EU-Pflanzenschutzpaket: weiterhin viele offene Fragen

Kritisch hingegen sieht Jachmann, dass die geplante Novelle des deutschen Pflanzenschutzgesetzes, mit der zentrale Teile des EU-Pflanzenschutzpakets umgesetzt werden sollen, sich weiter hinzieht. Zwar ist die EU-Verordnung 1107/2009 zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ab dem 14. Juni 2011 in allen Mitgliedstaaten geltendes Recht, die Organisation des Zulassungsverfahrens jedoch ist Sache des nationalen Gesetzgebers. Die EU-Rahmenrichtlinie zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, die zweite Säule des EU-Pflanzenschutzpakets, muss dagegen in nationales Recht umgesetzt werden. In Teilen wird dies auch im novellierten deutschen Pflanzenschutzgesetz erfolgen. 

In der Öffentlichkeit wurden zuletzt die Zuständigkeiten der an der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln beteiligten Behörden kontrovers diskutiert. Dazu stellt Jachmann klar: „Es ist allein an der Politik zu entscheiden, wer an welcher Stelle und mit welcher Kompetenz am Zulassungsverfahren mitwirkt. Wichtig für die deutsche Pflanzenschutz-Industrie ist, dass wir zu einem zügigen und effektiven Verfahren gelangen. Dieses muss einerseits dem hohen Schutzniveau für Verbraucher und Umwelt Rechnung tragen, andererseits aber auch dafür sorgen, dass unsere Landwirte rasch die Produkte erhalten, die sie benötigen, um ihre Ernten nachhaltig zu schützen.“ 

Der Düngemittelmarkt 2010/11

Der Verbrauch von Mineraldüngern nimmt weltweit wieder zu. Auch in Deutschland steigt der Absatz. Nach den bis einschließlich März vorliegenden Statistiken liegt der Inlandsabsatz an Stickstoffdüngern um rund sieben Prozent über dem Durchschnitt der zurückliegenden fünf Jahre. Hermann Kuhlmann, Vorsitzender des Fachbereichs Pflanzenernährung im IVA, geht davon aus, dass die starke Inlandsnachfrage bis zum Ende der Saison im Juni anhalten wird. Auch beim Kaliabsatz erwartet der Verband für die laufende Saison einen deutlichen Verbrauchszuwachs. Etwas verhaltener wird die Entwicklung des Phosphatabsatzes beurteilt. 

„Hauptursache für die wachsende Nachfrage nach Mineraldüngern sind die seit Mitte vergangenen Jahres stark gestiegenen landwirtschaftlichen Erzeugerpreise“, sagte Kuhlmann. Trotz der höheren Düngemittelpreise erzielen die Landwirte auch nach Abzug der Düngerkosten höhere Erlöse als noch vor einem Jahr. Die Düngerpreise sind daher in Relation zu den landwirtschaftlichen Erzeugerpreisen nach wie vor günstig. Das derzeitige Preisniveau wirkt sich nicht verbrauchsdämpfend aus. 

Entsprechend der Absatz- und Preisentwicklung haben sich auch die Umsätze der IVA-Mitgliedsunternehmen des Fachbereichs Pflanzenernährung positiv entwickelt und sich im Vergleich zum Vorjahr um 35 Prozent erhöht. Insbesondere der Inlandsumsatz profitierte von der wieder gestiegenen Nachfrage und legte um über 90 Prozent zu. Der Exportumsatz stieg im Vergleich zum Vorjahr um 9 Prozent. 

Klimaschutz durch Intensivierung der Landwirtschaft

Kuhlmann ging auch auf die Diskussion zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft ein. Er wies es als Irrglauben zurück, dass die landwirtschaftliche Produktion zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen extensiviert und insbesondere die heutige Stickstoffdüngung reduziert werden muss. Dies bestätigte zuletzt eine aktuelle Studie der Stanford University, die zu dem Schluss kam, dass ohne die Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion seit 1961 rund 500 Milliarden Tonnen Treibhausgase (THG) mehr freigesetzt worden wären – das entspricht der zehnfachen Menge aller globalen THG-Emissionen pro Jahr. 

„Frühere Berechnungen zur Weizenproduktion haben ergeben, dass bei einer Stickstoffdüngung in optimaler Höhe nach guter fachlicher Praxis weniger Treibhausgase je Tonne Weizen emittiert werden als bei reduzierter Stickstoffdüngung“, betonte Kuhlmann. Diese führe zwar zu weniger Emissionen pro Hektar Fläche, aber auch zu deutlich niedrigeren Erträgen. Um die gleiche Weizenmenge zu erzeugen, müssten bei reduzierter Düngung neue Ackerflächen in Kultur genommen werden, was zu einer zusätzlichen Freisetzung von Kohlendioxid führt. Die Forscher der Stanford University berechneten jetzt, dass ohne Intensivierung zusätzlich 1,76 Milliarden Hektar Ackerfläche in Kultur genommen werden müssten, um die derzeitige Weltbevölkerung mit ausreichend Nahrung zu versorgen. „Eine Extensivierung des Ackerbaus würde folglich zu einem Ansteigen der Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft führen und letztlich dem Klima stark schaden“, sagte Kuhlmann.

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