nesselwanze_twa-188l1.jpg
Die gepunktete Nesselwanze (Licoris tripustulatus) befällt nunmehr auch Erdbeeren. Foto: Kirstin Meyer
13.01.2015
Forschung & Technik

Überraschender Wirtswechsel: Brennnesselwanze treibt auch im Erdbeerfeld ihr Unwesen

Schweizer Wissenschaftler erforschen Biologie und Bekämpfung der Brennnesselwanze

Immer mehr Pflanzenfressende Wanzen stellen den Pflanzenschutz in Europa vor neue Herausforderungen. Seit ein paar Jahren verbreitet sich die gepunktete Brennnesselwanze (Liocoris tripustulatus), die wie der Name nahelegt, eigentlich Brennnesseln bevorzugt, auch auf Erdbeerpflanzen in Gewächshäusern. Dort verursacht sie große wirtschaftliche Schäden. Wissenschaftler von Agroscope, dem schweizerischen Zentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung, führen derzeit Versuche zur Bekämpfung der Wanze durch.

Eine harmlose Wanze wird zum gefürchteten Schädling

Bisher harmlose einheimische Wanzen können sich zu gefürchteten Schädlingen entwickeln, wenn sie plötzlich ihren Wirt wechseln, wie die Brennnesselwanze, die immer häufiger auf Erdbeeren zu finden ist. Zur Überraschung einiger Anbauer im Gebiet des Genfer Sees. Diese entdeckten Veränderungen auf ihren Pflanzen. Durch Einstiche der Wanze auf den unreifen Erdbeeren, die sich bei den reifen Früchten zu eindrucksvollen Verformungen verwachsen, waren dort schwere Schäden entstanden. Warum die Wanze den Wirt gewechselt hat, ist bisher unklar. Möglicherweise spielen Veränderungen der Umweltbedingungen, der Anbautechniken und des Anbaukalenders eine Rolle.

Bekämpfung mit „Fangpflanzen“ im Test

Über die Brennnesselwanze gibt es bisher kaum wissenschaftliche Erkenntnisse, da sie auf Brennnesseln niemanden störte. Seit 2013 befasst sich Agroscope mit dem Schädling. Die Forscher untersuchen seine Biologie und wirksame Bekämpfungsmaßnahmen. Die Ergebnisse werden Ende 2014 erwartet. In den Gewächshäusern leben auch Nützlinge wie Bienen und Hummeln, dort dürfen keine Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Daher testen die Forscher in einer Erdbeeranlage das Prinzip der „Fangpflanzen“. Sie locken die Wanzen auf Pflanzen, die diese besonders schmackhaft finden, und behandeln sie dort mit Insektiziden. Die Fangpflanzen wurden zwischen den Gewächshäusern angepflanzt. Bei der Brennnesselwanze dienen die Große Brennnessel sowie die Luzerne als „Wanzenköder“. So bleiben die Schädlinge draußen und die Erdbeeren gesund.

Der Umzug der Wanze – geänderte Lebensweise

Die erwachsenen Brennnesselwanzen überwintern am Wurzelstock der Großen Brennnessel. Im Frühling vermehren sie sich auf der Pflanze. Aus ihren Eiern werden Larven, die sich über fünf Stadien zu bis zu fünf Millimeter großen Insekten entwickeln. Sie ernähren sich hauptsächlich von Pflanzengewebe, teilweise verspeisen sie aber auch kleinere Insekten und sogar ihre Artgenossen. Einige der ausgewachsenen Wanzen fliegen davon und lassen sich auf Erdbeerkulturen nieder, in denen die nächste Generation entsteht. Wenn der Sommer zu Ende geht, verlassen die Wanzen die Erdbeerpflanzen, es sei denn, sie finden in Unkrautpflanzen in der Erdbeerkultur ausreichend geschützte Winterquartiere. Dann macht sich im nächsten Frühling die neue Wanzengeneration ohne Umweg über die jungen Erdbeerpflanzen her. Wirtschaftliche Schäden und Pflanzenschutzprobleme sind vorprogrammiert.

Weitere Beiträge und Informationen: