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In Neuseeland entstand eine Apfelsorte deren Früchte auch innen rot sind. Quelle: HortResearch, Neuseeland
03.04.2008
Forschung & Technik

Smart-Breeding – ein neues Züchtungsverfahren zwischen Gentechnik und klassischen Methoden

Mit Smart Breeding kann die Züchtung von Pflanzen mit verbesserten Eigenschaften beschleunigt werden

Aus Tausenden von Pflanzen müssen bei der herkömmlichen Züchtung diejenigen Exemplare selektiert werden, die über bestimmte Eigenschaften verfügen, die sie weitervererben sollen. Oft ähnelt dies der Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen. Zehn bis 15 Jahre kann es dauern, bis die gewünschten Pflanzen für die weitere Vermehrung zur Verfügung stehen. Ein neues Verfahren kann den Züchtungsprozess erheblich verkürzen: Das Zauberwort heißt Smart Breeding. Mit dieser Präzisionsmethode ist es möglich, bereits vor dem Kreuzen gezielt die Pflanzen mit den gesuchten genetischen Eigenschaften zu identifizieren. Nach dem Kreuzen kann man schnell feststellen, welche Nachkommen diese geerbt haben. Smart breeding kombiniert klassische und gentechnische Züchtungsmethoden. Auf diese Weise wurden zum Beispiel süße Tomaten, rotfleischige Äpfel und trockenresistenter Reis herangezogen.

Wofür steht Smart Breeding oder Präzisionszüchtung?

Smart ist zusammengesetzt aus Selection with Markers and Advanced Reproductive Technologies. Mit dieser „Marker gestützten Selektion“ wird im Erbgut von Pflanzen vor dem Kreuzen nach den gewünschten Merkmalen gefahndet. Das geschieht mit molekularen Markern - das sind künstlich hergestellte DNA-Schnipsel - die sich an spezifische Genabschnitte heften. So können die Wissenschaftler schnell erkennen, ob eine Pflanze über die gewünschten Gene verfügt. Erwünschte Eigenschaften sind etwa Krankheitsresistenz, Fruchtfarbe oder Zuckergehalt. Die gezielte Auswahl der zu kreuzenden Pflanzen kann schon bei jungen Keimlingen erfolgen. Mit der Präzisionszüchtung könnten auch Gene für unerwünschte oder gefährliche Stoffe wie Allergene oder Giftstoffe gezielt ausgeschaltet werden. Andersherum betrachtet ist es möglich, Erbinformationen aus Wildpflanzen, die im Laufe jahrzehntelanger Züchtung verloren gegangen sind, wieder in die heutigen Kulturpflanzen einzukreuzen.

Neue Züchtungen

2006 wurde in Neuseeland eine neue Apfelsorte gezüchtet: Äpfel mit roten Schalen und rotem Fruchtfleisch. Die neue Sorte ist per Smart Breeding aus einer Kreuzung zwischen rotfleischigen Wildäpfeln und süßen Kultursorten hervorgegangen. Forscher der Hebräischen Universität von Jerusalem kreuzten eine wilde Tomatenart aus Peru mit Kulturtomaten. Mit Genmarkern konnten die Wildpflanzen selektiert werden, die ein Gen enthalten, das die Zuckerproduktion in den Tomaten steigert. Die Tomaten der schon 2004 präsentierten Sorte bilden 40 Prozent mehr Zucker als herkömmliche. Der Vorteil dieser Tomaten ist, dass die Ketchupherstellung mit weniger Kristallzucker auskommt. In den USA wird die neue Sorte schon großflächig angebaut.
Die Firma Monsanto hat eine Soja-Variante (Visitive) gezüchtet, die statt acht Prozent Linolensäure weniger als drei Prozent produziert. Dadurch wird das Fett nicht so schnell ranzig, und bei der Verarbeitung bilden sich weniger Transfette, die als gesundheitsschädlich gelten.

Wird die Grüne Gentechnik künftig überflüssig?

Dies sieht Bernd Müller-Röber, Professor für Pflanzenphysiologie an der Uni Potsdam, nicht so schnell kommen. „Smart Breeding funktioniert ja nur dann, wenn die gesuchten Gene für eine Kulturpflanze auch tatsächlich in einer Wildpflanze vorhanden sind.“ Das sei aber nicht immer der Fall, wenn Pflanzen gezüchtet werden sollen, die zum Beispiel interessante Inhaltsstoffe für die chemische Industrie liefern sollen. „Die Zukunft liegt wahrscheinlich in einer Kombination beider Technologien“, also dem Smart Breeding und der Gentechnik. Auch von Monsanto heißt es beispielsweise, dass bis 2012 Soja-Sorten auf den Markt kommen sollen, deren Öl Omega-3-Fettsäuren enthält. Da dieses Fett vor allem in Fischen und anderen Meeresorganismen (aber auch im Raps) vorkommt, sollen Gene aus Meeresalgen in die Soja-Pflanzen übertragen werden.

Ein Interview mit Prof. Dr. Bernd Müller-Röber rund um Smart Breeding mit dem Titel Ich plädiere dafür, die Eigenschaften einer neuen Pflanze in den Vordergrund zu stellen, ist hier nachzulesen.