Pflanzenschutzmittel im Haus- und Kleingarten - nützlich und sicher | Die Position des Industrieverbands Agrar e. V.

Zusammenfassung

Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Pflanzenschutzrechts am 14. Februar 2012 wird seitens der Hersteller von Pflanzenschutzmitteln für den Haus- und Kleingartenbereich (HuK) eine unverhältnismäßige Verschärfung der Eignungskriterien für die betroffenen Produkte befürchtet. Politische Diskussionen fokussieren dabei sehr einseitig auf die Risiken des Pflanzenschutzes im privaten Bereich.

Mit dem vorliegenden Positionspapier möchte der Industrieverband Agrar e. V. (IVA) darlegen, dass die Risiken von Pflanzenschutzmitteln im HuK überschätzt werden, der Nutzen dagegen nur höchst unzureichend berücksichtigt wird.

In Deutschland gewährleisten strenge Zulassungsanforderungen, gesetzliche Vorgaben wie das Selbstbedienungsverbot und die Beratungspflicht sowie die innovativen Entwicklungen der Industrie, dass die Anwendung von Produkten für den Hobbygärtner einfach, effektiv und sicher ist. Statistiken belegen, dass die deutschen Hobbygärtner verantwortungsvoll und sorgsam mit den Produkten im Haus- und Kleingarten umgehen.

Die Möglichkeit des Einsatzes chemischer Mittel ist auch im Haus- und Kleingarten fester Bestandteil des Konzeptes zum integrierten Pflanzenschutz. Die speziell für diesen Einsatz entwickelten HuK-Produkte tragen dazu bei, dass die Hobbygärtner die vielfältigen positiven Effekte der Gartennutzung voll ausschöpfen können. Der Schutz und Erhalt seltener Nutz- und Zierpflanzen bei gleichzeitiger Schonung der Nichtzielorganismen kann außerdem einen Beitrag zur Förderung der Artenvielfalt leisten.

Der Verlust von wichtigen Produkten für den HuK hingegen würde letztlich zum Einsatz illegaler Alternativen und zur Verwendung von Mitteln mit unbekannter Wirkung und Effekt auf Umwelt und Anwender führen. Der IVA setzt sich deshalb nachdrücklich dafür ein, dass die bisherigen Beurteilungsgrundlagen für Pflanzenschutzmittel für den nicht-beruflichen Anwender auch unter Geltung des neuen EU-Rechts bestehen bleiben.

 

Zusammenfassung                                                                                                     

Die Position des Industrieverbands Agrar e. V.                                                        

1          Die Rolle des Gartens in der Gesellschaft                                                        

2          Chemischer Pflanzenschutz als Element des integrierten Pflanzenschutzes – auch im HuK         

3          HuK-Produkte genügen höchsten Sicherheitsanforderungen                      

4          Keine Selbstbedienung – kein Verkauf ohne Beratung!                                 

5          Produkte für den Hobbygärtner – bedarfsgerecht optimiert                         

6          Die deutschen Hobbygärtner – verantwortungsvoll und sorgsam             

7          Artenvielfalt – ein positiver Effekt der Gartennutzung                                 

8          Unabsehbare Folgen bei Verlust von wichtigen Produkten für den HuK

 

 

Die Position des Industrieverbands Agrar e. V.

Am 14. Februar 2012 ist das Gesetz zur Neuordnung des Pflanzenschutzrechtes in Kraft getreten. Auch für den Haus- und Gartenbereich haben sich dadurch Veränderungen ergeben. Neben einer neuen Definition für Pflanzenstärkungsmittel und der Unterscheidung in berufliche und nicht-berufliche Verwender, werden sich Änderungen hinsichtlich der Eignungskriterien für Produkte, die im Haus- und Kleingartenbereich (HuK) angewendet werden dürfen, ergeben.

Die aktuelle politische Diskussion ist sehr einseitig auf die Risiken des Pflanzenschutzes im privaten Bereich fokussiert. Der IVA befürchtet, dass der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund zu einer Verschärfung der Eignungskriterien für Haus- und Kleingartenprodukte neigen könnte, die im Ergebnis zu einem erheblichen Verlust von Pflanzenschutzlösungen im Haus- und Kleingarten führen könnten.Der IVA möchte daher mit diesem Positionspapier den Nutzen des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln im Haus und Garten darlegen, um einer unverhältnismäßigen Verschärfung der Kriterien für den Haus- und Kleingartenbereich entgegenzuwirken.

Die Kernpunkte unserer Position können wie folgt zusammengefasst werden:

  1. Der chemische Pflanzenschutz ist fester Bestandteil eines Gesamtkonzeptes zum integrierten Pflanzenschutz im Haus und Garten.
  2. HuK-Produkte, die gemäß den bisherigen deutschen Anforderungen von den Behörden als für den Laien geeignet und sicher zugelassen und im Verkauf reglementiert sind, sind sicher, effektiv und schützen die Pflanzen.
  3. Im internationalen Vergleich sind Zulassung und Verkauf von HuK-Produkten in Deutschland am strengsten reguliert. Die Industrie optimiert seit Jahren die Anwendbarkeit von HuK-Produkten, um die Anwendung für den Hobbygärtner so einfach und sicher wie möglich zu machen.  
  4. Die deutschen Hobbygärtner gehen in Haus und Garten verantwortungsvoll und sorgsam mit den Produkten um, wie z. B. die geringen Zahlen der Vergiftungsfälle, die regelmäßig vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) veröffentlicht werden, zeigen.
  5. Pflanzenschutzmittel im HuK tragen dazu bei, die positiven Effekte der Gartennutzung voll auszuschöpfen und die Artenvielfalt zu fördern.
  6. Der Verlust von Produkten für den HuK kann die Gefahr mit sich bringen, dass Hobbygärtner zu illegalen Mitteln greifen, deren Wirkung und Effekt auf Umwelt und Anwender unbekannt ist.

Der IVA setzt sich nachdrücklich dafür ein, dass die bisherigen Beurteilungsgrundlagen für solche Pflanzenschutzmittel, die dem privaten Verwender eine breite Auswahl an Produkten gegen Krankheiten, Schädlinge und Unkräuter im Haus- und Kleingarten geboten haben, auch unter Geltung des neuen EU-Rechts bestehen bleiben. Eine Verschärfung der Eignungskriterien für den nicht-beruflichen Anwender wäre unverhältnismäßig und würde die Verfügbarkeit von Produkten für den Haus- und Kleingartenbereich gefährden. Obwohl das Produktvolumen im Vergleich zur Landwirtschaft klein ist, wäre der gesamte Sektor der Hobbyanwendung, vom Produzenten über den Händler bis zum Einzelhandel bzw. Gartencenter, betroffen.

 

1  Die Rolle des Gartens in der Gesellschaft

Dass der Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel im Profibereich für eine nachhaltige, produktive Landwirtschaft notwendig ist, ist evident. Doch auch der Garten spielt in der Gesellschaft eine immer wichtigere Rolle, besonders angesichts einer zunehmend hektischen und technischen Arbeitswelt.

Es gibt in Deutschland über 17 Millionen Privatgärten. Rund eine Million davon sind Schrebergärten. Neben seiner gesellschaftlichen, integrativen und sozialen Funktion sowie seiner günstigen Wirkung auf das städtische Klima, wird der Garten als eine Erweiterung des Wohnzimmers oder auch als Naherholungsgebiet auf dem eigenen Grundstück gesehen. Er dient als Ausgleich zum täglichen Stress und ist für viele eine erholsame Freizeitbeschäftigung. Frisches Obst und Gemüse sowie Blumen werden dort selbst gezogen, und Kinder nutzen ihn zum Spielen.

Besteht keine Möglichkeit der Anlage eines Gartens, weicht man auf den Balkon mit Kübeln und Topfgärten aus. Dabei ist in allen Größenkategorien und Nutzungsarten von Gärten und Balkonendas Bewusstsein für Naturnähe und Nachhaltigkeit groß und liegt weiterhin im Trend.

Ungeachtet der konkreten Nutzungsart spielen bei der Vorstellung eines jeden Wunschgartens kräftige und gesunde Pflanzen eine zentrale Rolle. Auch der Immobilienwert wird durch einen gut gepflegten Garten signifikant gesteigert[1].

Passionierte Pflanzenliebhaber, -sammler und -züchter planen dabei auch für 2012 üppige Gärten mit vielen unterschiedlichen Pflanzen und Blumenarten. Die Erhaltung und Förderung der Artenvielfalt spielt hier eine nicht zu unterschätzende Rolle, denn Kleingärten sind Horte heimischer Raritäten, die ein breites Spektrum an Arten- und Sortenvielfalt bereit stellen.

 

2  Chemischer Pflanzenschutz als Element des integrierten Pflanzenschutzes – auch im HuK

Neben abiotischen Stressfaktoren, z. B. Nährstoffmangel, können eine Vielzahl von Unkräutern, Schadinsekten und -pilzen sowie andere Pflanzenkrankheiten auch im Haus- und Kleingartenbereich erheblichen Schaden an Nutz- und Zierpflanzen verursachen.

Vorbeugende Maßnahmen sind besonders im Hobbybereich die Basis für eine nachhaltige Pflanzenschutz-Strategie, wie auch die „JKI-Pyramide“ [2] zeigt (s. u.). Die nächste Stufe bilden physikalische, biologische und biotechnische Maßnahmen.

Doch oft reichen diese Maßnahmen nicht aus. Bei akutem Bedarf muss auch der Hobbygärtner problemlösungsorientiert zu Pflanzenschutzmitteln greifen, um seine Pflanzen vor Krankheiten oder Schädlingsbefall zu schützen. Der chemische Pflanzenschutz bildet daher den dritten Bereich der Strategie und ist somit als fester Bestandteil eines Gesamtkonzeptes zum integrierten Pflanzenschutz im HuK etabliert.

 

3  HuK-Produkte genügen höchsten Sicherheitsanforderungen

Nach geltendem nationalem Recht (§ 36 Abs. 1 und 2) entscheidet das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) als Zulassungsbehörde über die Eignung eines Pflanzenschutzmittels für die Anwendung durch nicht-berufliche Anwender im Haus- und Kleingartenbereich. Der festgelegte Sicherheitsstandard zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt ist dabei besonders hoch. Die Kriterien wurden kontinuierlich verfeinert und haben sich in der Praxis seit vielen Jahren bewährt.

Die Sicherheit von Mensch und Umwelt wird ferner gewährleistet durch spezifische Risikomanagementmaßnahmen, die dem Einsatzgebiet Haus- und Kleingarten angepasst sind. Diese können besondere Anforderungen an Gebrauchsanleitungen, Dosiersysteme, Handhabungen, Verpackungsarten und -größen einschließen. Weitere Sicherheit bringen zusätzliche Regelungen wie Verkäufersachkunde, Selbstbedienungsverbot und Beratungspflicht.

HuK-Produkte, die nach den bisherigen deutschen Anforderungen von den Behörden als für den Laien geeignet und sicher zugelassen wurden, sind somit sicher, effektiv und schützen die Pflanzen. Dabei schonen sie die Gartenumwelt und ermöglichen lohnendes Gärtnern durch maximalen Nutzen der angepflanzten/kultivierten Pflanzen.

 

4  Keine Selbstbedienung – kein Verkauf ohne Beratung!

Mit Blick auf die Anforderungen für die Distribution der Produkte macht Deutschland im internationalen Vergleich äußerst strenge Vorgaben. Dazu gehören insbesondere das Selbstbedienungsverbot und die Beratungspflicht.

In anderen Ländern (z. B. Niederlande, UK, Irland, Österreich, Spanien, Belgien) können Amateurprodukte in Selbstbedienung und sogar im Supermarkt aus offenen Regalen gekauft werden. In Polen und Dänemark ist nicht einmal eine spezifische Zulassung der Produkte erforderlich. Vielfach wird auch kein Training für Verkäufer (UK, Belgien, Irland, Spanien, Polen, Schweden und Dänemark) bzw. keine Zertifizierung/Sachkundenachweis des Verkäufers verlangt (Polen, Schweden und Dänemark).

Auch nach der Neuordnung des Pflanzenschutzrechtes besteht über § 23 (3) in Deutschland nach wie vor neben dem Profibereich auch im HuK die Beratungspflicht beim Verkauf von Pflanzenschutzmitteln durch den Abgebenden. In anderen Ländern ist dies nicht selbstverständlich.

Darüber hinaus müssen nach § 23 (4) dem Hobbygärtner durch den Abgebenden allgemeine Informationen über die Risiken der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln für Mensch, Tier und Naturhaushalt zur Verfügung gestellt werden.

Die im Industrieverband Agrar zusammengeschlossenen Hersteller sind sich ihrer Verantwortung bewusst und haben vor diesem Hintergrund einen Flyer und ein Poster („Pflanzenschutz richtig gemacht – 10 Gute Ratschläge für den Anwender im Haus- und Kleingarten“ [3]) entwickelt. Das Informationsmaterial wurde dem Handel zur Verfügung gestellt.

 

5  Produkte für den Hobbygärtner – bedarfsgerecht optimiert

Die Hersteller von Pflanzenschutzmitteln optimieren seit Jahren die Anwendbarkeit von HuK-Produkten, um die Anwendung für den Hobbygärtner so einfach und sicher wie möglich zu machen.

Der Anteil sogenannter Ready-to-use-Produkte, d. h. anwendungsfertiger Produkte, wie Aerosolsprays (moderne Aerosol-Dosen arbeiten mit Druckluft), Handsprühflaschen, Stäbchen oder Granulate, nimmt stetig zu. Oft sind auch die Produkte auf eine Konzentration eingestellt, die dem Verbraucher das richtige Dosieren erleichtert. Integrierte Dosiermechanismen, tropfsichere Sicherheitssprühventile, geprüfte, kindergesicherte Verschlüsse oder Rücklaufvorrichtungen sind nur einige von zahlreichen Sicher-heitsaspekten.

Mittlerweile werden überwiegend Spezial-Formulierungen für den HuK-Bereich bereitgestellt. Neben einer Reduktion der Wirkstoffkonzentrationen wird dabei auch auf anwenderfreundliche und umweltverträgliche Formulierungshilfsstoffe geachtet.

Für manche Produkte bieten die Hersteller eigene Webseiten an, über die Verbraucher Informationen über den richtigen Anwendungszeitpunkt, saisonale Tipps, Rechner zur Kalkulation der benötigten Menge und Verpackungsgröße, Anwendungsempfehlungen, FAQ’s, Video-Galerien, Informationen über Hotlines und Trainingsmaterial etc. erhalten können. Darüber hinaus geben die Firmen auch über den Handel und in Printmedien ausführliche Informationen zum Umgang und zum richtigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln für Verbraucher. Entsprechende Informationen und Schulungen werden auch für Verkaufspersonal angeboten. Für Handel und Endverbraucher gibt es bei Bedarf auch eine persönliche Beratung per Telefon oder E-Mail.

 

6  Die deutschen Hobbygärtner – verantwortungsvoll und sorgsam

Das Sicherheitsbewusstsein deutscher Verbraucher im Umgang mit Chemikalien ist ausgesprochen hoch. Laut einer Studie im Auftrag der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) [4] sind 93 Prozent der befragten Deutschen der Meinung, dass für den sicheren Umgang mit Pflanzenschutzmitteln die Gebrauchsanleitung wichtig ist. Entsprechend lesen und befolgen sie in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle die Anweisungen auf dem Etikett.

Dass Anwender in Deutschland verantwortungsvoll und sorgsam mit den Produkten für den HuK-Bereich umgehen, zeigt auch die regelmäßig veröffentlichte Statistik über Vergiftungsfälle des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). So wurden im Jahr 2010 insgesamt 3 939 Vergiftungsfälle gemeldet, davon 98 unter der Rubrik „Pestizide“ [5]. Dabei wird unterschieden zwischen Meldungen der Berufsgenossenschaft

(„BG-Meldungen“) und solchen aus Kliniken und Arztpraxen („Nicht-BG-Meldungen“).

Das Zahlenbild der „Pestizidmeldungen“ hält sich seit 2005 für die jährlichen BG-Meldungen auf niedrigem Niveau. Hier wird allerdings in erster Linie der Profibereich erfasst. Bei den „Nicht-BG-Meldungen“ zu Pestiziden, unter denen eventuelle Vorfälle mit HuK-Produkten zu finden wären, ist die Gesamtzahl deutlich niedriger als im BG-Bereich (18 Nicht-BG / 80 BG-Meldungen). Insgesamt hat sich hier in den letzten drei Jahren der Aufzeichnung sogar eine Halbierung des prozentualen Anteils auf das niedrige Niveau der BG-Meldungen ergeben.

 

Statistik der beim BfR gemeldeten Vergiftungsfälle [6]

 

Verbraucher wenden täglich Produkte an, die eine potenzielle Gefahr für Mensch und Umwelt mit sich bringen (Reinigungsmittel, Genussmittel, Kosmetika, Baustoffe, etc.). Im Vergleich dazu sind Pflanzenschutzmittel für private Anwender in Deutschland mit Abstand am stärksten geprüft und reguliert. Das tatsächliche Risiko bei der Anwendung wurde dadurch über die Jahre stetig reduziert. Dies erklärt auch, warum die Anzahl der Vorfälle mit Pflanzenschutzmitteln im Vergleich zu anderen Haushaltsprodukten sehr gering ist.

 

7  Artenvielfalt – ein positiver Effekt der Gartennutzung

Um die positiven Effekte der Gartennutzung voll auszuschöpfen, bedarf es hin und wieder auch des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln. 31 Prozent aller Gartenbesitzer geben an, 2011 und/oder 2010 ein Pflanzenschutzmittel eingesetzt zu haben.Denn wenn befallene Gartenpflanzen nicht oder nicht wirksam behandelt werden können, sinkt letztlich nicht nur der Erholungswert. Wenn empfindliche Pflanzenarten nicht mehr neu angepflanzt bzw. entfernt werden, geht damit eine Reduktion der Artenvielfalt einher. Ein Beispiel hierfür sind Obstgehölze. Ohne HuK-Produkte können Unkräuter, Insekten und Pilze/Bakterien die Vielfalt im Garten erheblich beeinträchtigen.

In jüngster Zeit sind Unkrautvernichtungsmittel zunehmend in die Kritik geraten. Dabei macht jedoch der HuK-Markt weniger als 1 Prozent der insgesamt verkauften Menge an Totalherbiziden aus. Auch das Ausmaß der in Privatgärten ausgebrachten Menge an Pflanzenschutzmitteln insgesamt beträgt laut einer Studie nur 1 Prozent der in Landwirtschaft und Gartenbau ausgebrachten Menge (von Alvensleben et al. 1991) [7]. Die Ausbringungsintensität entspricht dabei, bezogen auf die Fläche, einem Fünftel der Ausbringungsintensität im erwerbsmäßigen landwirtschaftlichen und gärtnerischen Anbau.

In einer Untersuchung unter realen Bedingungen zur Ermittlung des Oberflächenabflusses aus dem HuK-Bereich zeigte sich, dass bei Einsatz von 1 Liter oder 5 Liter anwendungsfertigem Totalherbizid (Round-up-Ready-to-use-Produkte) mit zugelassener Anwendung auf befestigter Oberfläche die Verluste aus dem Einzugsgebiet unter 1 Prozent der applizierten Menge lagen (FERA, 2010) [8]. Eine weitere Studie stellt fest, dass Hobbygärtner etwa 91 Prozent der Bekämpfungsmaßnahmen gegen Unkräuter, Moose und Algen mechanisch vornehmen (BMELV, 2002) [9].

 

8  Unabsehbare Folgen bei Verlust von wichtigen Produkten für den HuK

Viele der erwähnten „Regelungslücken“ in anderen Ländern zeigen auf der einen Seite, dass die Reglementierung der HuK-Produkte in Deutschland bereits zum jetzigen Zeitpunkt sehr konservativ ist. Auf der anderen Seite bringen sie aber auch die Gefahr mit sich, dass Hobbygärtner versuchen werden, Mittel im Ausland, z. B. über das Internet, zu kaufen, wenn ihnen der Handel keine geeigneten und zugelassenen Produkte mehr anbieten kann.

Ein anderer Weg in die Illegalität, in die der Hobbygärtner getrieben würde, wäre die Beschaffung von Profiprodukten vom benachbarten landwirtschaftlichen oder gärtnerischen Betrieb. Auch muss man in einer solchen Situation davon ausgehen, dass vermehrt zu „Hausmitteln“, d. h. nicht zugelassenen Produkten, gegriffen wird. Das Internet ist dabei eine schwer zu kontrollierende Informationsquelleohne jegliche fachliche Kontrolle. Zum Beispiel wird hier Essigessenz mit einem Säuregehalt von ca. 25 Pro­zent massiv beworben. Als Pflanzenschutzmittel müsste diese mit „ätzend“ gekennzeichnet sein und würde daher für den HuK gar nicht erst zugelassen. Auch der Einsatz von Kochsalz als Totalherbizid wird immer wieder empfohlen. Da Kochsalz als humantoxikologisch unbedenklich gilt, wird die Ausbringung auf Freilandflächen als unproblematisch gesehen. Dabei wird aber nicht berücksichtigt, dass der hohe Salzgehalt zu einer Sterilisation der oberen Bodenschichten führt und damit alles Leben auf diesen Flächen abtötet. Weitere Beispiele sind Tabakbrühe oder Mineralöle gegen Schädlinge. In solchen Fällen sind Wirkung und Effekte auf Umwelt und Anwender unbekannt und somit nicht abschätzbar.

 

April 2012

 

 

[1] Husqvarna/Gardena Gartenbericht, 2011, http://corporate.husqvarna.com/files/Global_Garden_Report_2011.pdf

[2] Vortrag Prof. Dr. G. F. Backhaus, 2011, http://www.dgg1822.de/images/stories/pdf_dateien/zukunftskonzepte_fr_den_pflanzenschutz_im_freizeitgarten.pdf, Seite 6.

[3] http://www.iva.de/sites/default/files/pdfs/10ratschlaege_poster.pdf; http://www.iva.de/sites/default/files/pdfs/10ratschlaege_flyer.pdf

[4] Special Eurobarometer 360 “Consumer understanding of labels and the safe use of chemicals”, 2011, http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/ebs/ebs_360_en.pdf

[5] http://www.bfr.bund.de/cm/350/aerztliche-mitteilungen-bei-vergiftungen-2010.pdf

[6] nach Daten aus Publikationen unter: http://www.bfr.bund.de/de/a-z_index/vergiftungen-4581.html#fragment-2

[7] Alvensleben, R. v. u. R. Brinkmann (1991): Erhebung über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Haus- und Kleingartenbereich. Münster Hiltrup: Landwirtschaftsverlag, Schriftenreihe des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Reihe A: Angewandte Wissenschaft, Heft 395.

[8] FERA (The Food and Environment Research Agency) Project S3WC (May 2010), Publikation in Vorbereitung

[9] Bundesweite Befragung zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Haus- und Kleingartenbereich. Im Auftrag des Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, durchgeführt durch die Humboldt-Universität zu Berlin - Institut für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus - Fachgebiet Ökonomik der Gärtnerischen Produktion, 2002. 

 

 

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