Nationaler Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln / hier: Indikatoren zur Messung des Nutzens von Pflanzenschutzmitteln

 

 

Die Vorgaben der Richtlinie der EG 2009/128 über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden (Rahmenrichtlinie) machen die Überarbeitung des Nationalen Aktionsplans (NAP) in Deutschland notwendig.

Im derzeit vorliegenden Entwurf zum Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) ist bereits festgelegt, dass der Fortschritt des Nationalen Aktionsplans mit einem Satz von Indikatoren gemessen werden soll, der den einzelnen Zielen des Aktionsplans zugeordnet ist und Aussagen über die Umsetzung der Maßnahmen erlaubt.



Diese Forderung ergibt sich zum einen aus der Rahmenrichtlinie Artikel 4 (Nationale Aktionspläne). Dort ist festgelegt, dass die Mitgliedstaaten die gesundheitlichen, sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen der geplanten Maßnahmen berücksichtigen. Zum anderen werden in Artikel 7 der Rahmenrichtlinie (Information und Sensibilisierung) genaue und ausgewogene Informationen über Pestizide gefordert, also Informationen sowohl zu den Risiken als auch zum Nutzen. Im NAP sind deshalb diejenigen Schutzgüter bzw. Bereiche aufgelistet, für die entsprechende Zielstellungen formuliert werden, unter anderem auch das landwirtschaftliche Einkommen bzw. die landwirtschaftliche Produktion (Diskussionsentwurf NAP vom 30.11.2010). Während für diverse Bereiche bereits Einzelindikatoren beschrieben sind, fehlen noch solche, die den Nutzen von Pflanzenschutzmitteln kennzeichnen. Ohne deren Festlegung wird es jedoch nicht möglich sein, die Umsetzung der in der Rahmenrichtlinie und im NAP vorgegebenen Maßnahmen und Zielstellungen ausreichend zu beurteilen.



Deshalb scheint es dringend geboten, Vorschläge für Indikatoren zur Beschreibung des Nutzens von Pflanzenschutzmitteln zu erarbeiten und unter den am NAP beteiligten Gruppen abzustimmen.

Die nachfolgenden Indikatoren werden in Abstimmung verschiedener Gruppen (Universitäten, DPG, IVA, JKI, Handel, FNL) sowie Kollegen aus dem Bereich des Pflanzenschutzes (Dr. Bernhard Pallutt) unter Federführung des DLG-Ausschusses für Pflanzenschutz vorgeschlagen:

 

1. Ertragssicherung

Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verhindert Verluste in der landwirtschaftlichen und gärtnerischen Produktion und sichert den Ertrag pflanzlicher Erzeugnisse. Daraus ergibt sich nicht nur ein direkter Einfluss auf das landwirtschaftliche Einkommen bezogen auf den Einzelbetrieb bzw. die landwirtschaftliche/gärtnerische Produktion insgesamt, sondern auch auf die Versorgungssicherheit der Bevölkerung. Somit eignet sich der Indikator „Ertragssicherung“ direkt als Kennzahl für die Beschreibung des Nutzens von Pflanzenschutzmitteln.

Konkrete Werte sind bei verschiedenen Quellen vorhanden und können für die Ermittlung des Indikators herangezogen werden:

- Ergebnisse aus Pflanzenschutzversuchen, die jährlich in den Ländern angelegt werden

- Ergebnisse aus Dauerversuchen, die im Rahmen von Projekten des JKI laufen

- Ergebnisse aus Versuchen, die speziell dafür bei den im Rahmen des NAP eingerichteten Demonstrationsbetrieben angelegt werden

Um den Ertragsunterschied zwischen unbehandelt und einer dem Befallsdruck und der Region angepassten Pflanzenschutzvariante zu kennzeichnen, kann die Angabe entweder relativ in % oder absolut in dt/ha erfolgen.

Für eine betriebswirtschaftliche Bewertung bietet sich nach der Methodik der Kosten-Leistungs-Rechnung eine Teilkostenrechnung  an unter Einbeziehung der Ertragsdifferenz, der erhöhten Kosten für Maschinen und Arbeit (Arbeits- erledigungskosten) und der veränderten Direktkosten wie Pflanzenschutz und Düngung. Dieses Berechnungsverfahren der direktkostenfreien Leistung abzüglich der Arbeitserledigungskosten kann standardisiert auf Grundlage der Betriebszweig-abrechnung (Arbeiten der DLG/Band 197) sowohl für eine einzelne Fruchtart wie auch für eine Fruchtfolge durchgeführt werden. Der so ermittelte Wert kann sich entweder auf den einzelnen Hektar beziehen oder bei Bedarf mit den Daten aus der Anbau- und Erntestatistik auf die nationale Ebene hochgerechnet werden.

 

2. Qualitätssicherung

Die Qualität der erzeugten Produkte wird im Wesentlichen vom Schaderregerauftreten und somit vom Pflanzenschutzmitteleinsatz bestimmt. Nur gesunde Produkte sind die Basis für gesunde Lebensmittel und können entsprechend vermarktet werden. Damit ist auch hier ein direkter Einfluss auf die landwirtschaftliche und gärtnerische Produktion insgesamt und das landwirtschaftliche Einkommen sowohl betriebsspezifisch als auch gesamtwirtschaftlich gegeben.

Obwohl Qualitätseinstufungen oftmals einen subjektiven Charakter haben, kann als Kennzahl für Qualität z. B. der Anteil vermarktungsfähiger Ware herangezogen werden. Schadorganismen, deren Auftreten direkt den Anteil vermarktungsfähiger Ware an der Gesamtpartie bestimmen, sind z. B. das Auftreten von Rhizoctonia-Sklerotien an Kartoffeln, Schorfbefall an Äpfeln, Steinbrand in Weizen, Rapsglanzkäfer in Kohlarten und vieles mehr. Als weiteres Beispiel kann der Mykotoxingehalt in Getreide genannt werden, der wie auch die zuvor genannten Beispiele, dazu führen kann, dass komplette Partien nicht mehr vermarktet werden können.

Die Bewertung des Indikators „Qualität“ sollte in % oder bei Bedarf in dt/ha oder auch €/ha erfolgen [1]. Ebenso messbar und für eine Bewertung nutzbar sind die Gehalte an wertgebenden bzw. wertmindernden Inhaltsstoffen, die z. B. bei der Erzeugung von Brotgetreide, Braugerste und vieler anderer pflanzlicher Erzeugnisse vorgegeben sind. Weitere Möglichkeiten für eine Bewertung sind die Heranziehung von Qualitätsnormen, wie die Lagerbarkeit bestimmter pflanzlicher Erzeugnisse, der Anteil an unzulässigem Fremdbesatz oder der jeweilige Anteil an verschiedenen Handelsklassen z. B. bei Obst oder Gemüse.

Mit allen aufgeführten Beispielen ließe sich durch Hoch- bzw. Umrechnung auf die jeweilige Erntemenge auch ein gesamtwirtschaftlicher Bezug herstellen.

 

 3. Sicherung und Steigerung der Effizienz    

3.1. Energieeffizienz

In verschiedenen Arbeiten von Deike et al. (2010) wird deutlich, dass Ertragsverluste, die durch eine unterlassene Pflanzenschutzmaßnahme entstehen, negative Auswirkungen auf den Nettoenergieoutput haben.

Im Gegensatz dazu führt die Ausschaltung von Schaderreger-bedingten Ertragsverlusten zu einer deutlich höheren Netto-Energiebindung pro Fläche.

Die Ermittlung der Energieeffizienz erfolgt über die Indikatoren Energiegewinn (= Energieoutput minus Energieinput) und Energieintensität (=Energieinput je Getreideeinheit/GE) bezogen auf die Fläche (Deike et al., 2010).

Für die Bewertung des Indikators können Daten aus Dauerversuchen herangezogen werden, die über das Julius Kühn-Institut seit Jahren angelegt werden.

Ebenso können Ergebnisse aus Pflanzenschutzversuchen der Länder verwertet werden.

3.2. N-Effizienz

Eng mit dem Nettoenergieoutput ist die N-Effizienz verbunden, die ebenfalls durch eine unterlassene Pflanzenschutzmaßnahme negativ beeinflusst werden kann (Deike et al., 2010).

Die N-Effizienz kann relativ leicht über das Kriterium „N-Bilanz“ ermittelt werden. Dafür können Daten aus den bereits genannten Dauerversuchen des Julius Kühn-Instituts herangezogen werden. Ebenso können Ergebnisse aus Versuchen der Länder verwertet werden.

3.3. Effizienz der Flächen- und Wassernutzung

Ebenfalls denkbar ist die Möglichkeit der Nutzung der nur eingeschränkt verfügbaren Ressourcen „Fläche“ und „Wasser“ als Indikatoren für die Darstellung des Nutzens von Pflanzenschutzmitteln. Für deren Berechnung bieten sich ebenfalls die Daten aus Dauerversuchen, aber auch aus den Pflanzenschutzversuchen der Länder an.

3.4. Effizienz des Einsatzes menschlicher Arbeitskraft

Inwieweit über die vorgenannten „Effizienz“-Indikatoren hinaus die Effizienz des Einsatzes der menschlichen Arbeitskraft als Indikator für den Nutzen von Pflanzenschutzmitteln eventuell über die Ermittlung des AK-Einsatzes/ha verwendet werden kann, ist zu prüfen.

 

4. Produktionskosten von pflanzlichen Grundnahrungsmitteln

An der Möglichkeit, ausreichend preiswerte Nahrungsmittel für die Bevölkerung bereitzuhalten, hat der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln einen nicht unerheblichen Anteil.

Insofern können Produktionskosten, die bei verschiedenen Anbauverfahren (z. B. ökologisch – integriert) z. B. in Demonstrationsbetrieben ermittelt werden, als Indikator für den Nutzen von Pflanzenschutzmitteln dienen. Um diesen Indikator anschaulich zu gestalten, kann eine ökonomische Umrechnung auf einen exemplarisch zusammengestellten Warenkorb erfolgen.

 

22. September 2011

 

 

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[1] Grundlage sollte das jeweilige Preisniveau für Agrarprodukte und Pflanzenschutzmittel sein

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