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Beagledame Jolly – einer der drei ausgebildeten Spürhunde – bei der Arbeit Quelle: Dipl.-Biologin Ute Hoyer-Tomiczek, BFW-Wien
07.10.2010
Umwelt & Verbraucher

Spürhunde und Röntgenstrahlen fahnden nach Zitrusbockkäfer

Europa wehrt sich gegen Quarantäneschädling

Der Zitrusbockkäfer (Anoplophora chinensis) ist in China und anderen asiatischen Ländern beheimat und gilt dort als gefährlicher Schädling. Nach Europa gelangte der Quarantäneschädling mit exotischen Pflanzen wie zum Beispiel Bonsai und Fächerahorn. Europa wehrt sich mit Importverboten und strengen Einfuhrkontrollen gegen den Eindringling. Gängiges Verfahren ist die Sichtkontrolle. Bei der „zerstörenden Einfuhruntersuchung“ werden Pflanzen zerlegt, um Käfer und Larven zu entdecken. Das heißt, ein Teil der Ware muss der Sicherheit geopfert werden. Als erfolgversprechend erweisen sich neue„Detektionsmethoden“ wie der Einsatz von Spürhunden und Röntgen-Scannern.

Auf den Hund gekommen

Hunde können Leichen, Drogen, Sprengstoff und vieles mehr erschnüffeln. Warum nicht auch Schädlinge? Am Wiener Institut für Waldschutz des Bundesforschungs- und Ausbildungszentrums für Wald, Naturgefahren und Landschaft bilden die Biologinnen Ute Hoyer-Tomiczek und Gabriele Sauseng seit 2009 Spürhunde aus.

Ihre Aufgabe: den Zitrusbockkäfer und den Asiatischen Laubholzbockkäfer (Anoplophora glabripennis) erschnüffeln. Sie werden auf Geruchsmaterialien trainiert, die sich in allen Entwicklungsstadien der Schädlinge sowie in allen Holzzersetzungsprozessen finden. Ute Hoyer-Tomiczek: „Der Hundeführer muss seinen Hund lesen können“. Das heißt, er muss dessen individuelles Anzeigeverhalten richtig verstehen. Die Anoplophora-Spürhunde zeigen bis zu einer Baumhöhe von zweieinhalb Metern genau an. Knapp eineinhalb Jahre dauert eine Ausbildung. Um die Hunde an verschiedene Umwelteinflüsse zu gewöhnen, wird in unterschiedlichen Umgebungen trainiert. Besonders geeignet sind Jagdhunde. „Der Spürhund ist effektiver als der Mensch“, meint Ute Hoyer-Tomiczek, „denn er kontrolliert mehr in kürzerer Zeit“. Außerdem könne man einen Hund auf jedes organische Material trainieren, seien es Pilze oder andere Insekten. „Bisher gibt es drei ausgebildete Spürhunde. Die Beagledame Jolly und ihre männlichen Kollegen Jackson (Jagdhundmischling) und Andor (Brandlbracke) schnüffeln bei der Pflanzen- und Verpackungskontrolle sowie in Befallsgebieten.“

Röntgen-Scannen für den Durchblick

Auch Röntgen-Scanner eignen sich zur Ortung der Schädlinge. Das hat eine Studie des Universitäts- und Forschungszentrums Wageningen ergeben. Zitrusbockkäferlarven und deren Gänge mit einem Durchmesser von mindestens zwei Millimetern sind per Bildanalyse zu erkennen. „Im Prinzip funktioniert die Methode“, sagt Jochen Hemming, Fachmann für Computerbildanalyse und Mitherausgeber der Machbarkeitsstudie des niederländischen Forschungszentrums für Gewächshausgartenbau. „Ziel ist aber eine völlige Automatisierung ohne externen Bildbegutachter“, so Hemming. Beim Röntgen-Scannen werden die Hohlräume bei Pflanzen durch die unterschiedliche Dichte aufgespürt und farbig dargestellt. Bohrgänge und Larven werden so sichtbar. Die Dosiswerte der Strahlen sind für die Pflanzen unbedenklich, betont Schadorganismen-Experte Schröder.

 Zukunft der Bekämpfung

Thomas Schröder vom Julius Kühn Institut (JKI) und Wietse den Hartog vom niederländischen Pflanzenschutzdienst in Wageningen halten das Röntgen-Scannen für vergleichsweise kostengünstig, weil die technologische Basis bereits vorhanden ist. Schröder wie Hemming hoffen auf die Entwicklung moderner Geräte für den mobilen Einsatz. Ende 2010 wird das zweijährige europäische Forschungsprojekt „Euphresco“ aufgelegt. Getestet werden dann verschiedene Prüfverfahren für Pflanzen mit Befallsverdacht. Getestet werden akustische Fahndungsmethoden, Wärmebildkameras, Schall- und Computer-Tomographie, Ultraschall und elektrische Widerstands-Tomographie sowie die Spürhunde. Diese Verfahren sollen eine sichere Diagnose erlauben, ohne die Pflanzen zu zerstören. 

Quarantäneschädlinge sind meldepflichtig

Das alles aber ersetzt nicht die Aufmerksamkeit der Bevölkerung, so Schröder. Larven und Käfer – tot oder lebendig – müssen immer gemeldet und bei den Pflanzenschutzdiensten abgegeben werden. Einzelbefunde gab es in Frankreich, Deutschland und zuletzt im niederländischen Hoofdorp, ein großes Befallsgebiet befindet sich in Norditalien. Nur durch frühzeitiges Erkennen kann der Schädling erfolgreich bekämpft werden. Befallene Pflanzen müssen samt Wurzelsystem gehäckselt und verbrannt werden.

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